Unsere Berliner Punk-Veteranen mit dem schönen amerikanischen Seriennamen entdecken das Weihnachtsfest und besonders dessen musikalische Umrahmung für sich. Die WALTONS aus Berlin – seit Ewigkeiten (sprich seit 1983 und damit 42 Jahre) – schon im Geschäft, hauen nach dieser herrlichen Reifezeit einfach mit „It's Christmas Time“ eine flockige Cow-Punk-Weihnachtsplatte raus, die noch dazu jeden Freund dieser musikalischen Ausrichtung bestens auf das (von vielen durchaus verhasste, weil immer mehr profitorientierte Geschenk-Orgien hervorrufende) Fest einstimmt. Hier gibt's kein Einkaufszentrum-, Super- oder Weihnachtsmarkt-Gedudel, sondern die durchaus ironische und zugleich ernsthafte Auseinandersetzung mit Weihnachten. Schwarzer Humor hinter roter Kutte und weißem Rauschebart. Dazu neben den Klassikern auch eigene Texte, die sicher nicht das Zeug zum Weihnachtsklassiker, dafür aber zum Xmas-(Cow/Country-)Punk-Kult haben:

Hierzu werden bereits auf dem LP-Cover von einem weihnachtlich boshaft gestimmten und eine fette Tüte inhalierenden Grinch die Knarren gezückt und offensichtlich aus vollen Rohren gefeuert, sodass auf dem nicht etwa rabenschwarzen, sondern Weihnachtsmannmantel-roten Vinyl sofort über den „Walton's Mountain“ laut die „Jingle Bells“ scheppern, während das wohl vom Whiskey her rotnasige Rentier Rudolph in seinem Schlitten den guten Santa Claus durch die Weltgeschichte zieht, der sein „Merry Christmas Everyone“ lautstark verkündet.

„It's Christmastime!“ wird so zur wahren Messe, die nicht wirklich ernst gemeint, aber mit viel musikalischem Ernst umgesetzt ist und mit einem großartig von John-Boy Walton gespieltem traurigen Klavier-Stück, das einen irgendwie an Mozarts „Für Elise“ erinnert, völlig überraschend endet.

Mit dem dagegen extrem lustvoll country-punkig interpretierten Weihnachtsklassiker „Let It Snow“, das im völligen Gegensatz zu dem traurigen Klavierstück am Ende steht, starten die WALTONS ihr „It's Christmastime!“-Konzeptalbum ordentlich durch und zaubern einem schon nach der guten Minute Laufzeit ein erstes vorweihnachtlich schelmisches Lächeln aufs Gesicht und ein paar flotte Rhythmen unter die Füße.
„Let It Snow“ im punkigen Tempo-Modus. So kann's gerne weitergehen – und so geht es weiter, wobei sich die drei Cow-Punk-Buben dann in puncto Hochgeschwindigkeit auf der LP-B-Seite mit dem Opener „Christmas Time On Walton's Mountain – 2025 Version“ noch übertreffen.

Hier ergreifen die zartbesaiteten Weihnachtsengelchen glattweg die Flucht. Und werden wieder zu dem, wie man sie in finsteren DDR-Zeiten doch tatsächlich, um die Distanz zu Kirche zu wahren, bezeichnete: 'Jahresendfigur mit Flügeln' (Kein Scheiß!). Da lachen heutzutage sogar die Mohrenköpfe und verteilen Negerküsse. Oder war da was? Ach so, diese kranke Sprachpolizei ist ja wieder zurück und beschert uns neuerdings von Poller verbarrikadierte Genussmärkte mit grünen Spitzbäumen voller Lampen und Glitzerkugeln dran, auf denen man mit etwas Glück als Wiener oder Zigeuner sein extrem überteuertes Schutzgebühr-Schnitzel vertilgen kann, das einem mit noch mehr Glück eine Person of Color serviert, die man aber auf keinen Fall fragen darf, wo sie herkommt. Trotzdem gilt bei den WALTONS „Together We Stand“ und: „We follow the freedom call, / and we will never walk alone, / we're standin' here all for one, and one for all.“

Schön wär's. Gerade in dieser Zeit, in der wir uns permanent von moralinsauren Zeitgenossen vorschreiben lassen müssen, was man wie zu sagen hat – und damit unsere Freiheit auf den Müll verrückter Gesinnungen werfen, die einen gehörig an die DDR und deren ideologisches Zensur-System erinnern. Glaub das einfach einem 'alten weißen Mann', der diesen Scheiß komplett eingemauert selber miterleben musste.
Na ja.
Wenigstens dürfen wir uns nun als Eichhörnchen oder Personifizierter Furz definieren. Und wehe dem, es widerspricht einer, denn dann erst ist unsere Freiheit laut Selbstbestimmungsgesetz in Gefahr.
Herrlich!
Da lob ich mir doch den weihnachtlichen WALTONS-Humor, der richtig angenehme Erinnerungen an eine Zeit weckt, in der nicht jeder Honk gleich durchzudrehen schien, wenn man sich mal in seiner Wortwahl vergriff oder ein Gender-Sternch*innen (*//_*/:) vergaß und in der Weihnachtsmänner noch Männer waren und sich keiner Weihnachtsfrauenquote beugen mussten, weil eben aus biologischer Sicht nur bei den Männern die Glocken läuten konnten.
Heutzutage ziehen wir uns dann wohl doch besser auf den Country-Cowboy-bevölkerten „Walton's Mountain“ zurück und singen traurig wie hoffnungsvoll mit den verrückten Berliner Typen: „We live in WALTONS Mountain, / the world is in order, and the trees are so green“.

Die 16 Songs auf dem Weihnachtsmannmützen-roten Vinyl werden von den WALTONS tatsächlich zu einer 'grinchigen' Weihnachtsgeschichte und damit einer kompletten Konzept-LP zusammengebastelt, die sofort gefällt und rundum frech ihre text/musikalischen Bahnen mit dem Cow-Country-Punk-Weihnachtsschlitten zieht.
Unbedingt sollte man auch wissen, wer die Namensgeber der Band sind, da sie für deren Ideale zugleich in ihrer Musik einstehen: Die WALTONS (eine neunteilige amerikanische Serien-Staffel) waren eine amerikanischen Familie in den Blue Ridge Mountains von Virginia, die zwischen großer Wirtschaftskrise und Zweitem Weltkrieg ihren friedvollen, familiären Weg suchten. Unerschütterlich halten sie, ihren moralischen Grundsätzen folgend, dabei zusammen – in guten wie in schlechten Zeiten, weswegen sie alle Herausforderungen ihres Familienlebens unerschütterlich im Glauben an das Gute meistern: Geburt, Liebe, Hochzeit, Trennung und Tod. Eine großartige Familien-Chronik einer in Armut lebenden Familie, deren größter Reichtum ihr Zusammenhalt und ihre Liebe zueinander ist.

So gesehen echt legendär, wenn mit „It's Christmastime!“ sich das Berliner Cow-Punk-Trio – getreu den WALTONS-Idealen – nach ihrem bereits 36 Jahre zurückliegenden „Truck Me Harder“ ihr (gerade mal) zweites Album aus dem Weihnachtskutten-Ärmel schüttelt, das einem durchgängigen Konzept folgt. Ein herrliches Konzept, das uns zeigt, wie toll es damals war, das echte Weihnachten im Geiste der Serien-WALTONS. Man es aber auch nie zu ernst nehmen sollte. Besinnung und Besinnlichkeit mal anders – und ohne jegliches übertriebenes Pathos. Dafür aber im Geiste der Familie und Friedfertigkeit.
Eine echt starke Leistung!

Noch dazu bringen die WALTONS im Rahmen des Konzepts einen Song unter, der noch älter als ihre Konzept-LP des Mauerfall-Jahres 1989 ist, denn „Christmas Time On Walton's Mountain” feierte seine Songpremiere bereits 1987 auf dem längst kultigen „Goin' Rodeo”-Album und erscheint nunmehr auf „It's Christmas Time“ als (auch textlich) neu aufbereitete 2025er-Version.
Spaß machen jedenfalls beide Varianten!

Wer sich für das rot-vinylige WALTONS-Weihnachtsalbum begeistern kann, bekommt außerdem neben einer mit allen Texten und einem Foto bedruckten LP-Innenhülle zusätzlich ein ganz nettes Zettelchen im LP-Inneren mit dem Angebot der Band, dass man ihnen als LP-Käufer nur eine Mail senden braucht und sie dann den MP3-Downloadlink zur Verfügung stellen, mit dazu.

Wer übrigens die Serie und deren jeweiliges Ende der einzelnen Filme kennt, in dem sich die Familie eine gute Nacht wünscht, der wird sicher nur zu gut verstehen, warum „It's Christmastime!“ so besinnlich und beruhigend, fast ein wenig schlaftrunken mit „For Alexandra“ endet.

FAZIT: Die absolut friedlichen und humorvollen Cow-Country-Punk-WALTONS aus Berlin beglücken uns mit einem festlichen Album der ganz besonderen Art, zu dem wir sie am besten selber zu Wort kommen lassen: „Anders ist nur, dass wir in diesem Jahr pünktlich zur Weihnachtssaison unser erstes echtes Weihnachtsalbum 'It’s Christmastime!' stilecht auf rotem Vinyl veröffentlichen. Das ist natürlich die ultimative Bereicherung für den Gabentisch und das Weihnachtsgeschenk schlechthin für die Cowpunk-Gemeinde – ein Christmas-Must-Get für jeden Punkrocker. Mit dabei sind amerikanische Klassiker wie 'Let It Snow!', 'Here Comes Santa Claus', 'Rockin' Around the Christmas Tree' (mit Sweet Alexandra), 'Mary's Boy Child' oder 'Winter Wonderland' sowie neue Christmas-Eigenkompositionen und die mittlerweile dritte Version von 'Christmastime On Walton's Mountain', die von Mal zu Mal besser geworden ist.“ Dieses weihnachtliche Konzept-Album lohnt sich von der ersten bis zu seiner 42 Schlussminute und zaubert garantiert allen, die ein besonderes Weihnachten für die Ohren, welche permanent mit diesem „Last Christmas“ geschunden werden, erhoffen, ein breites und anerkennendes Grinsen auf das lächelnde Gesicht. Mit dem Album kann man jedes noch so triste Weihnachtsfest retten. Ohne Scheiß – und wer das nicht glaubt, der höre einfach genauer dem „Rudolph“ zu: