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Michael Fuchs-Gamböck, Michael Joseph: Popol Vuh – Die Klangwelten des Florian Fricke (Review)

Artist:

Michael Fuchs-Gamböck, Michael Joseph

Michael Fuchs-Gamböck, Michael  Joseph: Popol Vuh – Die Klangwelten des Florian Fricke
Album:

Popol Vuh – Die Klangwelten des Florian Fricke

Medium: Buch
Stil:

Biographie, Musik- und Zeitgeschichte

Label: Verlag Reiffer/edition kopfkiosk
Spieldauer: 184 Seiten
Erschienen: 04.09.2025
Website: [Link]

In den letzten Jahren, oder besser Jahrzehnten, sind Florian Fricke und POPOL VUH gegenüber der Wirkmacht von KLAUS SCHULZE und TANGERINE DREAM etwas ins Hintertreffen geraten. Das ist einerseits verwunderlich, da Fricke zu den Pionieren der elektronischen Musik in Deutschland gehörte, durch seine langjährige Zusammenarbeit mit Regisseur Werner Herzog auch über Genregrenzen hinaus bekannt und geschätzt wurde, und die Alben unter seinem Namen oder dem Signet POPOL VUH, sogar remastered und stellenweise remixt erhältlich sind.

Andererseits verwundert es nicht, denn das Zusammenspiel von Veröffentlichungen, unterschiedlichen Titeln und Kompilationen diverser Herausgeber ist chaotisch und unübersichtlich. Hilfreich auch nicht, dass Fricke zeitweise in den Fängen des (vorsichtig ausgedrückt) umtriebigen Rolf-Ulrich Kaiser landete, der zwar die „Kosmischen Kuriere“ förderte, aber auch ein windiger und unzuverlässiger Geschäftsmann war. Nicht nur darauf wird im vorliegenden „Popl Vuh – Die Klangwelten des Florian Fricke“ informativ eingegangen.

Zusätzlich experimentierte Fricke nach wenigen Jahren abseits der Elektronik (bereits 1972 verabschiedete er sich vorerst vom Synthesizer) und war mit seinen spirituellen, durchaus experimentierfreudigen Werken sperriger als seine erfolgreichen Berliner Kollegen. Nicht zuletzt sorgte sein früher Tod 2001 für ein Verklingen, während TD und Klaus Schulze einen enormen (Wieder)veröffentlichungsfleiß an den Tag legten und auch für ihren Nachlass sorgten. Immerhin gibt es mittlerweile Adepten wie THE LINDAU PROJEKT, das dezidiert Bezug auf POPOL VUH nimmt.

Erfreulicherweise ist zudem vor kurzem „Popl Vuh – Die Klangwelten des Florian Fricke“ von Michael Fuchs-Gamböck und Michael Joseph erschienen. Das Buch erzählt, zwar knapp gefasst, aber kompetent und mit viel Empathie, die Entstehung, Wirkung und Bedeutung der Musik Florian Frickes und seiner Begleiter . Zumindest in den von Michael Joseph verfassten Parts. Musikjournalist Michael Fuchs-Gamböck sorgt als recht enger Freund Frickes (so war Florian Fricke sein Trauzeuge und Taufpate) für anekdotische Ergänzungen. Das funktioniert über weite Strecken ordentlich, verliert aber im Kapitel „Große Kunst auf der letzten Reise“ (vor dem gut gemeinten Gedicht „Abschied von einem Freund“) den Boden unter den Füßen.

Über sechzehn Seiten geriert Fuchs-Gamböck sich wie ein flauer Zögling Hunter S. Thompsons und Raymond Chandlers. Er verfasst eine italienische Reiseerzählung, zwecks eines nicht stattfindenden Interviews mit Fricke zu dessen „Messa Orfeo“-Aufführung, die aber mehr vom Verfasser selbst als vom „großen Künstler“ (neben der Überschrift mehrfach wiederholt, damit es niemand entgeht) und „Alten Knaben“ (Fuchs-Gamböck im Studentenverbindungsmodus) Florian Fricke erzählt. Das mag in eine Autobiographie passen, hier vermittelt es leider nur wenig Informationen über den Musiker, der eigentlich im Fokus stehen sollte.

Fällt glücklicherweise nicht arg ins Gewicht, und es mag Menschen geben, denen solch eine aus der Zeit gefallene Schreibe gefällt, der große Rest des Buches lohnt die Anschaffung.

Es gibt die wichtigsten Eckdaten, einen Überblick über Frickes musikalische Entwicklung, einen Abriss über unglückliche Geschäftsverstrickungen, inklusive der Rolf-Ulrich Kaiser-Episoden und die Beschäftigung mit den Soundtracks für Werner Herzogs Filme. Auch keine stringente Angelegenheit.

So erfahrt man auf knapp 180 Seiten eine Menge über POPOL VUH, den Autoren gelingt eine zwar knappe, aber kompetente und vor allem warmherzige biographische Werkschau, die Lust macht, sich mit Florian Fricke und Popol Vuh - mal wieder - intensiver zu beschäftigen. Mit das Beste, was man über ein derart komprimiertes Unterfangen sagen kann.

Zur weiteren Vertiefung empfiehlt sich das einstündige, sehr eigenwillige Interview Gerhard Augustins mit Florian Fricke aus dem Jahr 1996. Zu finden u.a. auf YouTube. Hier macht Fricke deutlich, dass er sich trotz der religiösen Thematiken seiner Werke nicht als christlicher Musiker betrachtet, sondern als Suchender in der Großsache Spiritualität. Worauf auch das Buch verweist.

Interessant ist ebenfalls das (englischsprachige) Interview Claudio Bustamantes mit Frank Fiedler, POPOL VUH Mitinitiator und Frickes langjähriger Weggenosse, der insbesondere bei technischen Aspekten der elektronischen Musik, insbesondere des komplizierten frühen Moog-Synthesizers, eine überaus wertvolle Stütze war. Ebenfalls leicht auf YouTube zu finden.
Werner Herzog äußert sich ebenfalls mehrfach in Interviews über seine Zusammenarbeit mit Fricke.

FAZIT: „Popl Vuh – Die Klangwelten des Florian Fricke“ ist das feine, in weiten Teilen gelungene Porträt eines „Großen Künstlers“ (wir haben es verstanden). Obwohl keine 200 Seiten lang, vermitteln die Autoren Michael Joseph und Michael Fuchs-Gamböck Zeitgeschichtliches und Werkimmanentes aus ganz eigener Sichtweise. Sehr persönlich bei Fuchs-Gamböck, sehr anschaulich bei Joseph. Kompakt und sympathisch regt der Text zur Weiterbeschäftigung mit POPOL VUH (und Werner Herzog) an. Hohe Empfehlungsstufe.

Jochen König (Info) (Review 41x gelesen, veröffentlicht am )

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Tracklist:
  • Vorbemerkung 7
  • The Spirit Of Peace 8
  • Weit draußen 12
  • Affenstunde 16
  • Gutes Land 43
  • Werner Herzog 68
  • Dort ist der Weg 76
  • For You and Me 105
  • Letzte Tage, letzte Nächte 118
  • Das Vermächtnis des Florian Fricke 124
  • Große Kunst auf der letzten Reise 127
  • Train Through Time 144
  • Abschied von einem Freund 149
  • Frank Fiedler im Gespräch 2025 166
  • Diskografie 172
  • Filmografie 174
  • Quellen 175
  • Bildnachweise 180
  • Danksagungen 181
  • Über die Autoren 184

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