Es ist eine schöne Erkenntnis, dass anscheinend das Zeitalter der Schallplatte bzw. Langspielplatte – kurz LP – wieder angebrochen zu sein scheint, die heutzutage in den farbenfrohsten Vinylausgaben erscheinen. So auch das aktuelle Album „Blue Eyed Soul” von SIMPLY RED auf limitierten Lila-Vinyl.
Allerdings scheint dabei bei einigen Künstlern der Gedanke einzuziehen, dass man mit immer weniger Zeitaufwand und zeitlich viel zu kurzen Alben den Musikmarkt aufmischen kann – auch das gilt leider für „Blue Eyed Soul“ von SIMPLY RED.

Die richtig gute Nachricht aber ist, dass SIMPLY RED aka Gesangsgott Mick Hucknall nach wie vor die alte Stärke beweisen, wenn es darum geht, Soul und Funk in glitzerndem Hochglanz-Pop zu präsentieren, der einerseits sofort in die Beine und bei den Balladen ganz tief ins Herz geht.
Mit „Riding On A Train“ beweisen SIMPLY RED sogar den Mut, vorsichtig etwas Jazz mit einer gehörigen Portion Funk zu kombinieren und setzen damit einen echten Volltreffer, der in dem reichhaltigen Hit-Katalog der 1984 gegründeten britischen Band ganz weit oben landet, auch wenn die Radiostationen das sicherlich völlig anders sehen und dem Song keine großen Chancen geben werden.

Ganz offensichtlich auf „Blue Eyed Soul“ ist auch, dass sich SIMPLY RED, wie es der Titel schon verheißt, ganz tief vor dem Soul und Funk verbeugen, der in den 1970er-Jahren noch eine ganz große Nummer war und heutzutage leider an großer Strahlkraft und Aufmerksamkeit verloren hat. Mit diesem Album jedenfalls betreiben SIMPLY RED einen sehr gelungenen Wiederbelebungsversuch, der nicht nur aus musikalischer Sicht fast durchgängig überzeugend ist, sondern auch durch seine extrem fetten Sounds besticht.

Wer allerdings besonders auf flotte Nummern abfährt, wie den Album-Opener „Thinking Of You“, der wird insgesamt mit „Blue Eyed Soul“ nicht ganz glücklich werden, denn es setzt vorwiegend auf die „blaue Stunde“ und damit die ruhigeren, klassischen Soul-Balladen, oftmals Bläser und Streicher inklusive, in einer Stimmung, die früher ganz ähnlich einem BARRY WHITE zu Weltruhm verhalf.
Allerbestes Beispiel hierfür ist das hymnisch-verträumte „Sweet Child“, das alle jungen Muttis und Vatis ohne Bedenken ihrem Neugeborenen in Dauerrotation vorspielen können. Ein zärtlich umschmeichelnder Song, nicht nur für die Neugeborenen, sondern genausogut auch für die Untermalung des erotischen Hochgenusses bevor es dazu kam geeignet.

Neue oder gar mutige Klänge oder die für SIMPLY RED eigentlich fast obligatorischen Radio-Hit-Nummern sucht man auf dem Album vergebens – es ist vielmehr eine Hommage an die seligen Soul- und Funk-Zeiten von Motown bis Stax, also von MARVIN GAYE bis STEVIE WONDER. Doch wer würde so etwas heutzutage noch hinbekommen? Natürlich SIMPLY RED!

Übrigens macht gerade die streng limitierte Gatefold-LP im Lila-Vinyl-Stil mit bedruckter Innenhülle und dem herrlich warmen Vinyl-Klang verdammt viel her und passt natürlich ideal in die Zeit und Stimmung, welche auf „Blue Eyed Soul“ heraufbeschworen werden.

FAZIT: Zurück zum Soul und Funk der ehrwürdigen Siebziger! SIMPLY RED lassen diese Ära auf „Blue Eyed Soul“ ehrfurchtsvoll und leidenschaftlich, aber größtenteils sehr ruhig wiederaufleben. Ein bisschen mehr als eine halbe Stunde hätten sie sich dafür aber gerne Zeit lassen können.