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Terry Lee Hale: Bound, Chained, Fettered (Review)

Artist:

Terry Lee Hale

Terry Lee Hale: Bound, Chained, Fettered
Album:

Bound, Chained, Fettered

Medium: CD/LP+CD
Stil:

Americana und Singer/Songwriter

Label: Glitterhouse Records / Indigo
Spieldauer: 37:23
Erschienen: 08.04.2016
Website: [Link]

Manchmal sind es die Geschichten hinter den Alben, welche die Musik interessanter erklingen lassen, als sie es im Grunde ist, wenn man sich ihr nicht mit voller Aufmerksamkeit widmet.
TERRY LEE HALE ist einer dieser Geschichten-Erzähler, der am Ende den wirklichen Zuhörer fasziniert, den Nebenbeihörer aber eher langweilt.
Im Falle des aktuellen Hale-Albums „Bound, Chained, Fettered“ gibt es seitens des Kritikers, der hier gerade die Zeilen in sein MacBook hämmert, gleich zwei Geschichten zu erzählen - die zum Musiker und eine kurze persönliche.

Schon der bedrückende Titel „Bound, Chained, Fettered“ („Eingesperrt, Angekettet, Gefesselt“) des vom Radio-Sender MDR-Kultur als „Album der Woche“ ausgewählten Albums weckt gruselige Erinnerungen an die Vergangenheit des Schreibers, der in den letzten zwei Jahren der real existierenden DDR im Fokus der Stasi stand. Genau vor dieser Situation des Gefangenseins (hinter Kerkertüren) hatte er während des Eingesperrtseins hinter den Mauern eines Landes riesige Angst.
Doch kann die eine Angst eine andere Angst aufwiegen oder rechtfertigen?
Eine ganz ähnlich Frage stellt sich auch TERRY LEE HALE, der in dem angeblich so freien System der Selbstbestimmung seinen Weg nicht zu finden scheint, weil in seinem Fall diejenigen, welche die wirtschaftlichen Hebel der Macht bedienen, ihn genauso einschränken wie diejenigen, die damals den Kritiker einmauerten! Hale ist der Typus Musiker und Mensch, der nicht funktionieren will in einer Gesellschaft, die ihren Wohlstand auf Anpassung und Unterwerfung aufbaut.
Warum nur ähneln sich Zeiten und Systeme immer wieder so erschreckend, gerade dann, wenn sie behaupten, einander zu bekämpfen?
Auch diese Frage stellt TERRY LEE HALE auf seinem unter die Haut gehendem Album „Bound, Chained, Fettered“. Dabei setzt er durchgängig auf die ruhigen, akustischen Töne, Pedal Steel, Piano und Orgel, Percussion und in ganz seltenen Momenten, wie bei „Acorns“, „Jawbone“ oder „Scientific Rendezvous“, auf einen Synthesizer oder manchmal auch eine verhalten auftauchende E-Gitarre. Wobei sich alles „Elektrische“ viel mehr im Hintergrund abspielt. Im Vordergrund stehen eindeutig Hales Stimme und die Geschichten, die er in seinen Liedern über die Außenseiter und Aussteiger singt. Nicht grundlos endet sein aktuelles Album wohl auf „Reminiscent“ mit zwei Fragen:
„Baby where did you go now?
Why you so damn hard to find?“
Wenn dann auch noch das Baritone-Saxofon auftaucht und nur ein Piano Hale begleitet, fühlt man sich an die schönsten Zeiten eines TOM WAITS erinnert, als der noch in Bars seine Lieder über Pampelmusen-Monde oder „Waltzing Mathilda“-Kriegsrucksäcke und Weihnachtskarten an leichte Mädchen sang.

Mit „The Signed Blue Angel“ gibt es zusätzlich einen besonders emotionalen, traurigen, aber keinesfalls depressiv erscheinenden Song über den Tod zu hören, den nicht etwa TERRY LEE HALE, sondern die achtjährige Enkelin seines besten Freundes geschrieben hat.
Hale schreibt dazu im Digi-Pack, in dem das Booklet mit allen Texten eingeklebt ist: „Ich war so beeindruckt von der kindlichen Einfachheit, Schönheit und Weisheit dieses Gedichts, dass ich es unbedingt für mein Album verwenden wollte.“
Zum Heulen schön, dieses Lied!
Ganz ähnlich wie auch „Jawbone“, von dem Hale sein erstes offizielles Video zu „Bound, Chained, Fettered veröffentlicht hat.

Und damit wären wir auch schon bei der letzten, etwas persönlicheren Geschichte rund um „Bound, Chained, Fettered“. Als meine Eltern sich mit ihren über 80 Jahren noch einmal ein neues Auto zulegten (Natürlich gibt‘s hier jetzt keine Produktwerbung!), weil mein Vater mit seinem schweren Hüftproblem in den neuen Flitzer einfach besser ein- und aussteigen konnte und die moderne Technik darin auch wirklich begeisterte, sollte in meinem Beisein unbedingt auch der CD-Player darin ausprobiert werden. Da ich gerade das Album von TERRY LEE HALE zwecks dieser Review griffbereit hatte, schob ich sie einfach ein. Und siehe da, der Player lief ausgezeichnet und die Musik, welche aus den Boxen kam, auch. Verblüffend aber war die Reaktion meines Vaters, der begeistert der Musik lauschte und mich darum bat, ihm unbedingt auch diese beeindruckende CD zu besorgen. Ja, mein Vater hat zwar Hüftprobleme, aber mit seinen Ohren ist garantiert noch alles in Ordnung.
Denn wem dieses Album gefällt, der hat eine kluge Wahl getroffen!

FAZIT: Es sind die ruhigen Töne und die zu Herzen gehenden Geschichten, die auf dem aktuellen Album von TERRY LEE HALE, das sich zwischen Americana und Singer/Songwriter bewegt, den ganz besonderen Reiz ausmachen. Ist das nun altersweise oder einfach nur schön? Im Grunde beides, auch wenn die Altersweisheit mit ihren manchmal etwas zu ruhigen Klangwelten überwiegt.

Thoralf Koß - Chefredakteur (Info) (Review 4201x gelesen, veröffentlicht am )

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Wertung: 12 von 15 Punkten [?]
12 Punkte
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Tracklist:
  • Bound, Chained, Fettered
  • The Lowdown
  • Acorns
  • Flowers For Claudia
  • Can‘t Get Back (Just Like That)
  • Scientific Rendezvous
  • Signed Blue Angel
  • Jawbone
  • Reminiscent

Besetzung:

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Interviews:
  • keine Interviews
Kommentare
musikliebhaber
gepostet am: 22.04.2016

Danke für die Rezension. Terry Lee Hale habe ich schon länger aus den Augen verloren und mich sehr gefreut hier auf sein neues Album aufmerksam gemacht zu werden.
Unbedingt hörenswert, wenn man Tom Waits oder auch Cash mag. Gefällt mir eben so gut wie mein bisheriger Favorit "Shotgun Pillowcase".
Ich hätte 13 Punkte vergeben.
(-1 bedeutet, ich gebe keine Wertung ab)
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