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Ben Folds: What Matters Most (Review)

Artist:

Ben Folds

Ben Folds: What Matters Most
Album:

What Matters Most

Medium: CD/LP/Download
Stil:

Piano-Pop, Sophisticated-Pop, Singer-Songwriter

Label: New West Records/Bertus
Spieldauer: 40:19
Erschienen: 02.06.2023
Website: [Link]

"Punk für Weicheier" nannte BEN FOLDS verschmitzt den eigenen Sound, als er vor knapp 30 Jahren mit einem vor Energie nur so sprühenden Piano-Pop frechdreist die von Grunge-Rock und Hip-Hop vereinnahmte Musikszene enterte. In seiner Band BEN FOLDS Five, die freilich (Ironie!) nur ein Trio war, präsentierte sich der US-Amerikaner im Aufnahmestudio und in ekstatischen Konzerten als legitimer Nachfolger des jungen (damals noch genialen) Elton Joh n der frühen/mittleren 70er, aber auch von Jerry Lee Lewis, Burt Bacharach und Randy Newman - gewürzt mit (ja, tatsächlich) einer gehörigen Portion Punk-Power. 

Herrliche Zeiten waren das, wenn der Erz-Sympath BEN FOLDS breit grinsend auf dem Piano herumturnte und wild in die Tasten drosch, während seine Musik zugleich die tollsten Sophisticated-Pop-Kapriolen drehte. Nach drei bärenstarken Alben im "Five"-Trio-Format mit Robert Sledge (E- und Kontrabass) und Darren Jessee (Schlagzeug) - "The Unauthorized Biography Of Reinhold Messner" (1999) bildete einen grandiosen Schlusspunkt - wandte sich der in Chapel Hill/North Carolina geborene Singer-Songwriter einer zunächst ähnlich erfolgreichen Solo-Karriere zu. 

Und die findet nun, nach Pausen und Zwischenstopps, Irrungen und Wirrungen inklusive (durchaus akzeptablen) Klassik-Ausflügen in den vergangenen Jahren, eine grandiose Fortsetzung. Das Album "What Matters Most" markiert eine kreative Wiederkehr wie aus dem Bilderbuch für willkommene, inspirierte Comebacks liebgewonnener Künstler. In zehn Songs (beziehungsweise 13 in der limitierten CD-Version) macht BEN FOLDS zwar keinen Punk mehr, nicht mal den "für Weicheier". Viele Jahre der privaten Reifung und der künstlerischen Weiterentwicklung haben die chaotischen, kantigen Elemente aus seiner Musik getilgt.

Was aber nicht heißt, dass diese herausragend komponierten, wunderbar gesungenen und brillant arrangierten Stücke (Produktion: Joe Pisapia) nun Pepp und Punch vermissen lassen. Hier wird immer noch - mal virtuos-treibend, mal lässig-entspannt - mit Wonne auf den 88 Klaviertasten herumgezaubert. Auch textlich war BEN FOLDS selten pointierter, ja sogar witziger - man höre nur das augenzwinkernde "Exhausting Lover" (über einen anstrengenden One-Night-Stand). Und wenn der 56-Jährige seine Midlife-Melancholie in Liedern wie dem fast schon musicalhaften Opener "But Wait, There's More" oder später im Titelsong "What Matters Most" auslebt, dann tut er dies ohne öde Larmoyanz. Bittersüße Balladen wie die streicherverzierte Erinnerungs-Elegie "Kristine From The 7th Grade" macht ihm ohnehin so schnell keiner nach.

Damit sind bereits mehrere Highlights eines Albums benannt, das eigentlich nur aus Highlights besteht. Der swingende Closer "Moments" (mit Harmony-Vocals vom Folk-Duo Tall Heights), die mitreißende erste Single "Winslow Gardens", das federleicht im 70s-Songwriter-Stil daherflanierende "Back To Anonymous" (mit Joe Pisapias Pedal-Steel und Ross Garrens Mundharmonika) - BEN FOLDS öffnet für seine vielen Langzeit-Fans ein Schatzkästlein mit schmerzlich vermissten, fantastischen Melodien. 

"Ein ganzes Leben an Handwerk und Erfahrung steckt in dieser einen Platte", sagt er zufrieden. "Klanglich, textlich und emotional ist es ein Album, das ich zu keinem anderen Zeitpunkt meiner Karriere hätte machen können." Und Folds fügt im PR-Infotext vertiefend hinzu: "Es gibt eine ganz bestimmte Abfolge und einen Bogen auf jeder Seite, die alle auf dieses fast surreale, positive Finale hinauslaufen, und diese Struktur war mir wirklich wichtig."

Umso seltsamer, dass der wieder aufblühende Musiker im "Rolling Stone" nun aber davon spricht, "What Matters Most" könnte seine letzte Platte sein. "Ich habe genügend anderen Kram, der besser bezahlt wird. Alben, besonders Rock-Alben, sind etwas für junge Leute. Und ich spiele dieses Spiel nicht mehr." Auch das meint er, wie so vieles, hoffentlich nur ironisch. Denn zusätzlich bekennt der Spötter Folds in dem Interview: "Ich möchte Leute zum Lachen bringen, und ich möchte mich selbst zum Lachen bringen." 

Nach diesem fulminanten Comeback ist die Pop-Geschichte von BEN FOLDS also sicher noch nicht auserzählt. Zumal er demnächst bei Live-Auftritten in Deutschland auf der Bühne so viel zu lachen haben dürfte wie sein Pulikum - am 25. November im Berliner Admiralspalast, am 26. November im Wiesbadener Kurhaus und am 4. Dezember in der Essener Lichtburg.

FAZIT: Wie sehr haben wir ihn vermisst - BEN FOLDS, den freundlichen Piano-Pop-Maestro mit den prachtvollen Melodien und den schlauen, humorvollen bis melancholischen Texten. Sein Comeback-Album bietet wieder alles, was man an diesem außergewöhnlich begabten US-Musiker seit dem Karrierestart in den mittleren 90er Jahren so geliebt hat (okay, minus "Five"-Trio und Punk). "What Matters Most" ist Folds' Midlife-Meisterwerk - und schon jetzt einer der Höhepunkte dieses Pop-Jahrgangs. Jetzt bitte unbedingt so weitermachen, Ben!

Werner Herpell (Info) (Review 1996x gelesen, veröffentlicht am )

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Wertung: 14 von 15 Punkten [?]
14 Punkte
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Tracklist:
  • But Wait, There's More
  • Clouds With Ellipses (feat. dodie)
  • Exhausting Lover
  • Fragile
  • Kristine From The 7th Grade
  • Back To Anonymous
  • Winslow Gardens
  • Paddleboat
  • What Matters Most
  • Moments (feat. Tall Heights)

Besetzung:

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