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Steven Wilson: Grace For Drowning (Review)

Artist:

Steven Wilson

Steven Wilson: Grace For Drowning
Album:

Grace For Drowning

Medium: CD
Stil:

Progressive Rock / Experimental

Label: kscope
Spieldauer: 39:43 + 43:27
Erschienen: 30.09.2011
Website: [Link]

Die letzten drei Alben, an denen STEVEN WILSON hauptverantwortlich beteiligt war, konnten weder Fankreise noch Kritiker vollständig begeistern. Das erste Soloalbum „Insurgentes“ wurde mit Spannung erwartet und bot mit der attraktiven Mischung aus Art Rock, Shoegaze und Drone auch das gebotene Maß an Andersartigkeit gegenüber PORCUPINE TREE, doch rückblickend bleibt die Liebeserklärung an das Erleben und die Erfahrung eine durchwachsene Geschichte, mit brillanten Einzelmomenten zwar, aber auch mit allerhand Einladungen, die Skip-Taste zu betätigen. „The Incident“, das knapp ein Jahr später erschienene Jubiläumsalbum seiner Hauptbeschäftigung PORCUPINE TREE, ist zwar eine sträflich unterbewertete Großtat, spricht aber doch sehr einseitig den Kopf an und verweist den Bauch auf das Abstellgleis in Form einer zweiten CD mit „klassischen“ PT-Kompositionen, die wie schmucker Zierrat am Rand stehen. Mit dem Herz hängt kaum jemand am „Incident“-Zyklus; das war auch auf den Konzerten zu beobachten, bei denen das Publikum erst in der zweiten Hälfte auftaute, wenn ein Sammelsurium alter Hits gespielt wurde. „Welcome To My DNA“ von BLACKFIELD ließ dann Anfang dieses Jahres erst recht jegliche Euphorie abflauen – zu sperrig, zu spröde, zu sehr um Fortschritt bemüht.

Als dann auch noch mit „Grace For Drowning“ ein neues Solo-Doppelalbum angekündigt wurde, verloren die letzten „Hat der Typ überhaupt noch Zeit zum Schlafen?“-Sprüche endgültig ihren Reiz. Man hat sich längst daran gewöhnt, Wilson Resultate abliefern zu sehen. Ihm dann noch bei der Erklärung zuzuhören, wie er auf den Titel gekommen ist – weil er nämlich die oftmals überlieferte Ruhe eines Ertrinkenden einfangen wolle – hatte nach der „Insurgentes“-Muse („Ich war in Mexiko und wurde von Eindrücken überwältigt“) und dem „Incident“-Geistesblitz („Ich fuhr im Auto an einer Absperrung mit dem Schriftzug „Incident“ vorbei und überlegte, was für Geschichten sich hinter dem anonymen Wort verbergen mögen“) inzwischen enorme Ähnlichkeiten zu einem Stephen King, der sein neues Buch vorstellt („Ich hatte eine Schreibblockade, blickte auf meine Tapete und dachte mir, warum soll ich nicht ein Buch über Tapeten schreiben, die eine Kleinstadt terrorisieren?“). Eine Sorge um Wilsons Genie beherrscht die Diskussionen um seine aktuellen Ergüsse, die Erwartung einer kreativen Flaute in einem Meer uninspirierter Veröffentlichungen schwebt im Raum, doch eine Frage muss erlaubt sein: Wie viel von dem gefühlten Qualitätsverlust geht wirklich von der Musik aus und wie viel liegt beim Rezipienten selbst – in einer Kombination aus Erfahrungswerten bzw. Erwartungshaltungen („irgendwann MUSS die Qualität bei dem Output doch mal in den Keller sinken“) und nostalgischen Präferenzen (waren sie schön, die Zeiten von „Signify“, „Stupid Dream“ und „In Absentia“).

Mitten rein in die Diskussionen dann das: Der zweite Soloakt ist herausragend genug, um alle Aktivitäten des Briten seit „In Absentia“ in einen breiten Schatten zu hüllen und mit ihnen praktisch alle genreverwandten Erscheinungen seither. Ein Monat der Prog-Superlative erfuhr am Ende seine Krönung: „Grace For Drowning“ ist vielleicht das kompletteste, rundeste und reichhaltigste Werk, das der progressive Rock seit Jahren hervorgebracht hat.

Ob OPETH oder PAIN OF SALVATION - wer kürzlich in die 70er ging, klang zwar selten uninspiriert, aber zumindest immer auf eine Sache fokussiert und festgelegt. Wenn aber STEVEN WILSON seinen Scheinwerferkegel vierzig Jahre rückwärts richtet, macht er das mit einer bis dato ungekannten Allgemeingültig- und Zeitlosigkeit. Mitsamt seines kompetenten Mitstreiterstabs um alte Bekannte wie Theo Travis oder – nach den Remastering-Arbeiten am KING-CRIMSON-Backkatalog nur folgerichtig – diversen KC- und STICKMEN-Abgeordneten nutzt er die alten Stilmittel nicht etwa, um aus ihnen wohlige Nostalgie zu gewinnen, sondern um ihre Attraktivität auch für die Musik von morgen unter Beweis zu stellen. So sehr der Gesamteindruck, insbesondere aber die „Raider“-Teile und „Remainder The Black Dog“, mit flippiger Jazztrompete, Gitarrenhackwerk und hibbeliger Flöte KING CRIMSON folgt, so entspricht die Produktion doch modernsten Standards und widersetzt sich den dogmatischen Ansprüchen, denen beispielsweise OPETHs „Heritage“ (auch unter Mitwirkung Wilsons!) ganz bewusst folgte.

Deswegen ragt ein Stück wie „Index“ ganz besonders heraus: Nicht nur handelt es sich textlich um den wohl markantesten Beitrag, vor allem mit seiner industriell-elektronischen Anlage und dem schwelenden, klimatischen Aufbau steht es im wild schwirrenden Gesamtkontext des Doppelalbums wie ein diabolischer Antiklimax da. Zutiefst brillant platziert und arrangiert, bricht es stilistisch und dramaturgisch sämtliche Konventionen innerhalb des Albumkosmos. Ein gewagtes, aber gekonnt umgesetztes Spiel mit den eigenen Regeln.

Und wenn das schon funktioniert, dann funktioniert auch alles andere: Letzte „The Incident“-Bruchstücke sprechen plötzlich sogar das Herz an, „Deform To Form A Star“ ist dank der zurückgewonnenen Fähigkeit, große Melodien aus einfachsten Zutaten zu schreiben, wie direkt aus dem Leib des PT-Klassikers „Stars Die“ geformt, „Postcard“ hätte BLACKFIELD alle Ehre gemacht, egal auf welchem Album. Interludien wie „Belle De Jour“ versprühen Filmscore-Flair und sortieren die Stücke in cineastischem Aufbau, wiederkehrende Chöre aus unheilvollen Harmonien setzen passend dazu klassische Filmhöhepunkte. Das herausragende „Track One“ wiederum, ein in sich selbst ruhendes Meisterstück, greift die filmischen Elemente auf und mutiert zur mise-en-scène in Musikform, erklärt das Inszenieren selbst in drei mit starken Stimmungsbrüchen experimentierenden Akten zur eigenen Kunstform.

Die Zweiteilung indes ist weder einfach nur pragmatische Genre-Kategorisierung („einmal hart, einmal zart“) noch avantgardistische Wichtigtuerei; stattdessen führt sie zu einer enorm lebendigen inneren Dynamik sämtlicher Bestandteile. Die Kontraste stehen im idealen Verhältnis zueinander; Disc 1 trägt eher Züge einer Song-Compilation, während Disc 2 wesentlich schwieriger zu erschließen ist, wird sie doch entscheidend von dem sperrigen 23-Minuten-Monster „Raider II“ geprägt, dessen Ankunft auf Disc 1 durch „Raider Prelude“ schon mal Unheil verkündend vorbereitet wird. Sich durch diese Steinplatte zu meißeln, bedarf einer Menge an Geduld und Durchhaltevermögen, von ihr wird nicht zuletzt auch ein Großteil des Langhaltswertes bestimmt. Über „Like Dust I Have Cleared From My Eyes“ macht Wilson dann endlich Frieden mit sich und der Welt, der Ertrunkene hat die Panik hinter sich gebracht und schwebt dem Licht mit innerer Zufriedenheit entgegen, die auch der Macher dieser Platte offenkundig empfindet. Und das überträgt sich auf den Hörer: Fassungslos darf man sein darüber, wie sich Bekanntes und Bewährtes in neue Kontexte integriert, wie längst verlorene Stärken ihr Comeback feiern, wie aber auch neue Wege ergründet werden und obendrein alles in eine homogene Form gebracht wird.

FAZIT: Eines der wichtigsten Werke der letzten zehn Jahre – ist man zu diesem Zeitpunkt versucht zu sagen. Die Zeit hat uns schon oft eines Besseren belehrt, doch „Grace For Drowning“ weist im Gegensatz zu den anderen jüngeren Veröffentlichungen STEVEN WILSONs alle Eigenschaften auf, die dazu notwendig sind. Kopf und Bauch stehen endlich wieder im Einklang, und dass die 83 Minuten so verflucht schnell vergehen, ist auch schon der einzige Makel. Mehr geht nicht.

Sascha Ganser (Info) (Review 11818x gelesen, veröffentlicht am )

Unser Wertungssystem:
  • 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
  • 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
  • 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
  • 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
  • 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
  • 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
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Wertung: 15 von 15 Punkten [?]
15 Punkte
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Tracklist:
  • CD 1: DEFORM TO FOR A STAR
  • Grace For Drowning
  • Sectarian
  • Deform To Form A Star
  • No Part Of Me
  • Postcard
  • Raider Prelude
  • Remainder The Black Dog
  • CD 2: LIKE DUST I HAVE CLEARED FROM MY EYE
  • Belle De Jour
  • Index
  • Track One
  • Raider II
  • Like Dust I Have Cleared From My Eyes

Besetzung:

Alle Reviews dieser Band:

Interviews:
  • keine Interviews
Kommentare
Andreas Schiffmann
gepostet am: 22.10.2011

Mittlerweile denke ich auch: Viel Geschwurbel. Für manchen mag das hier ganz neu und toll sein, so wie die neue Opeth, aber es ist nun nichts, was eine Menge Bands in den Siebzigern nicht bereits genauso und besser hinbekommen hätten. Ob Wilson genauso zeitlos wird, muss die Zukunft zeigen. Hier höre ich viel Leerlauf. Eine Scheibe hätte es auch getan.
Sascha G. [Musireviews.de]
gepostet am: 22.10.2011

Und genau da geht's mir eben ganz anders: Leerlauf finde ich nicht den geringsten und was das "in den 70ern gab's das schon besser"-Argument betrifft, kann ich nur auf deinen Kommentar bei der "Devil's Blood" verweisen - warum in die Vergangenheit schielen, wenn's in der Gegenwart so wenig Hochwertiges davon gibt? Es ist ja gerade der Witz am Album, dass es eben nicht stur nach hinten blickt, sondern sich auch für die Zukunft rüstet.
Chris [musikreviews.de]
gepostet am: 22.10.2011

Ich muss aber auch sagen, dass mich Wilsons Soloarbeit (und die der letzten PT und BF-Alben) nicht mehr allzu sehr vom Hocker reißt. Mir plätschert das alles irgendwie dann doch zu bequem und gewöhnlich dahin.

Einer der überbewertetsten Musiker der letzten Jahre.
Sascha G. [Musikreviews.de]
gepostet am: 22.10.2011

Nur aus Sicht derer, die ihn unterbewerten. ;D
Andreas Schiffmann
gepostet am: 22.10.2011

Wie wichtig der gute Mann ist, steht außer Frage, gerade für die Rehabilitierung des Prog, aber dass er sich heuer auch zu wichtig nimmt, ist ebenso offensichtlich. Im britischen Class Rock Magazin hat er die ersten Queen-Reissues rezensiert und ganz fies heruntergespielt. Das ist mir dann doch ein wenig zu vermessen.
Sascha G. [Musikreviews.de]
gepostet am: 22.10.2011

Das mag durchaus sein, aber mit der Musik hat das zunächst mal doch wenig zu tun. Könnte man dann noch Klaus-Kinski-Filme gucken, wenn man danach ginge?
Andreas Schiffmann
gepostet am: 22.10.2011

Doch, das Wichtiggetue färbt auf die Musik ab, sieht man auch an nervigen Cash-Ins wie diesen ständigen Re-Releases in geupdateter Form. Andererseits: Es muss streitbare Überzeugungstäter geben, und ich mag Säulenheilige generell nicht.
Udo F.
gepostet am: 22.10.2011

User-Wertung:
13 Punkte

Na, dass diese Review (immerhin Saschas ERSTE Review mit 15 Punkten) zu Diskussionen führt, war ja stark anzunehmen! ;) Ich schließe mich der Meinung an, dass "Grace for Drowning" über die letzten Jahre gesehen definitiv einen der stärksten Outputs von Wilson darstellt, ein gehöriger Brocken sehr guten Materials, das endlich mal wieder eine ordentliche Stimmung produziert! Ob der Mann jetzt nun ein Wichtigtuer ist, sich auf einen Altar hebt und mit einem Zepter frenetisch in die Menge winkt: Hab ich nichts von mitbekommen! Ist mir auch komplett egal! Was zählt, ist wie immer die Musik, und die sagt mehr als genug! ;) Dennoch gibt's von mir jetzt und hier keine Höchstpunktezahl, da bei mir Alben und auch Filme immer unglaublich lange brauchen, bis sie in die obersten Ränge aufsteigen, es wird sich noch zeigen, ob dieses Album zu denen gehört, die den Ultralangzeittest bestehen!! By the way: Sehr schön geschriebene Review!!
Jon
gepostet am: 22.10.2011

User-Wertung:
13 Punkte

Ich halte mich auch mal mit der Höchstbewertung zurück. Ein bis zwei Jahre lasse ich die Scheibe lieber mal reifen um dann zu sehen, ob es auch dann noch seine Wirkung entfaltet.
Die ersten geschätzten 50 Hördurchgänge hoben sich angenehm von den letzten CDs ab. Vergleiche mit Opeth und Pain of Salvation gibt es zwar auch (70er Jahre hin oder her), allerdings belässt Wilson es bei einer Inspiration, die von Fern winkt und holt nicht gleich mit der vollen Deep Purple-Keule aus.
Sehr geschmackvoll, mit Textures "Dualism" und "Touchstones" führt dieses Album die Riege der Albumhöhepunkte 2011 definitiv an.
Werner
gepostet am: 27.10.2011

User-Wertung:
14 Punkte

70er Jahre-Wilson macht was er will und schliesst sich nicht irgendeinem Trend an.

Steven Wilson muss sich auf keinen Altar heben er ist einer der wichtigsten Musiker unserer Zeit.

..wird man gezwungen Re-Releases zu kaufen Andreas?

achso-Grace For Drowning TOP
Greg
gepostet am: 01.12.2011

User-Wertung:
15 Punkte

zuerst mal: grace f. drowning 15/15
g.f.d. - Konzert: Einfach fantastisch, 15/15.

Warum wird hier so viel Wert drauf gelegt, ob Hr. Wilsons CD ein "Dauerbrenner" wird/ist/sein soll ? Ich denke das ist Wilson egal. Viele "schaurig-schlechte" Musik ist "Kulturgut" geworden.
Wilson ist authentisch, schafft faszinierende Musikreisen. Einfach fantastisch!
Dieter Thelen
gepostet am: 26.01.2012

User-Wertung:
12 Punkte

Jetzt mal langsam ! 15 Punkte hiesse, dass es keine besseren Alben gäbe. Und da sich Hr. Wilson kräftig bei den großen Vorbildern bedient, geht das wohl gar nicht. Die Klasse diese Albums liegt für mich darin, dass ich es auflege und mich sofort zu Hause und geborgen fühle. Größtes Manko ist, dass man zwischendurch auftstehen muss um die 2. Scheibe einzulegen. Also, tolle Platte !
Nils [musikreviews.de]
gepostet am: 26.01.2012

Ne, wenn du auf das Fragezeichen neben "15 von 15 Punkten" klickst, siehst du, dass die volle Punktzahl bei uns das bedeutet:

"Absolutes Meisterwerk - so was gibt's höchstens einmal im Jahr"

:-)
Sascha G. [Musikreviews.de]
gepostet am: 26.01.2012

Richtig, irgendwann muss man einfach mal die Eier haben und ein Full House auf den Tisch legen. ;) Zumal, wer bedient sich nicht kräftig bei irgendwelchen Vorbildern?
Mathias
gepostet am: 15.10.2012

Gibts denn keinen, dem die gesampelten Frauenchöre, die Handclaps (!) und Traumschiff-Synthies auf den Zeiger gehen?

Ich finde Grace For Drowning ist ist ein hervorragendes Album, von wahren Könnern eingespielt und mit einer packenden Atmosphäre, jedoch nimmt sich das Ganze doch eine Spur zu Ernst. Gerade bei einem so hohen Jazzanteil hättte eine Prise Ironie dem ganzen gut getan. So schreit das Ganze über die ganze Spieldauer nur "Ich bin Kunst!" "Ich bin bedeutend!" oder "Ich bin düster!". Aber sogar bei Bands wie Tool oder Crippled Black Phoenix gibt es immer mal wieder eine Prise schwarzen Humors, der das ganze aufbricht.

Ich hab die Live-Konzerte leider nicht gesehen, von daher warte ich mit einer Wertung mal den Genuss der DVD ab- vielleicht verstehe ich das Album dann besser.
Sascha G. [Musikreviews.de]
gepostet am: 16.10.2012

Hm, Gegenfrage: Muss denn immer unbedingt alles ironisch gebrochen werden? Nix gegen Tool oder Crippled Black Phoenix oder Devin Townsend oder wen auch immer, aber nicht jedes pompös oder episch anmutende Werk muss unbedingt mit Augenzwinkern versehen sein.

Dabei will ich deine Einwände gar nicht vollständig abwinken; mit den Chören und vor allem den Handclaps hast du genau die beiden Zutaten genannt, die in der Tat auf lange Sicht nervig wirken können. Trotzdem möchte ich dem Album seinen ernsten, ambitionierten und vielleicht sogar prätentiösen Unterton nicht zum Vorwurf machen. Das wird alles durch die Qualität der Musik legitimiert.

Ob man aus dem Livedokument andere Schlüsse ziehen kann, weiß ich nicht. Ich war letztes Jahr live vor Ort und habe auch schon "Get All You Deserve" gesichtet (die demnächst von einem meiner Kollegen rezensiert wird) und wirklich andere Erkenntnisse als von Platte gewinne ich hier nicht - abgesehen davon, dass die Stücke live sehr frei interpretiert werden und teils vollkommen andere Leitmelodien bekommen (insbesondere, was Flöte und Saxofon angeht), woraus man schlussfolgern kann, dass es bei "Grace For Drowning" nicht um die dogmatische Einhaltung jeder einzelnen Note geht, sondern eher um Free-Jazz-Geist und Individualität.
(-1 bedeutet, ich gebe keine Wertung ab)
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