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Wacken Open Air 2014 - Freitag - Wacken - 01.08.2014
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Weil es die Wettergötter mit den Besuchern in diesem Jahr gut meinen, bringt der Freitag die festivalüblichen Nöte mit sich. Im Zelt wird es ziemlich schnell ziemlich warm, aber man mag trotzdem nicht so recht aufstehen. Auch weil die Nachtruhe dank der (un-)musikalischen Beschallung durch die Nachbarn keine war. Irgendwann muss man aber dann doch raus aus dem Glutofenzelt und widmet sich einem schmalen Frühstück sowie einem Konterbier. Angesichts der langen Schlange vor dem Duschwagen sowie der Tatsache, dass man bereits um 11 Uhr die erste Band sehen möchte, wird die Körperpflege auf den Nachmittag verlegt.
CHTHONIC heißt die Band, die einen zum musikalischen Frühschoppen zwingt. Spielten die taiwaneischen Melodic-Black-Metaller beim letzten Mal noch im Zelt, hat es die Band dieses Jahr auf die große Black Stage geschafft. Und lockt ein paar hundert Zuschauer vor die Bühne. Die Band hat ein kleines Orchester dabei, das für die asiatisch-folkloristische Untermalung sorgt und ist ansonsten ziemlich gut anzusehen. Vor allem Bassistin Doris Yeh ist eine Augenweide, aber auch der Rest der Band ist mit Gasmaske, asiatischer Gesichtsbemalung sowie grünlicher Iro-Frisur herausgeputzt. Mit agilem Stageacting werden die neun Songs dargeboten, beeindruckender sind jedoch die Videoeinspielungen, mit denen die Songs, die oft die eigene Kultur und Geschichte thematisieren, eindringlich unterlegt werden. Leider ist der Sound nicht so klar, wie es die Musik brauchen würde, trotzdem ist der Auftritt ein wirkungsvoller Wachmacher.
Direkt im Anschluss geht es mit SKID ROW weiter. Die amerikanischen Hardrocker erleben derzeit so etwas wie ihren zweiten Frühling und sind besonders live beeindruckend. Ihr letztjähriges Konzert im niederländischen Enschede gehörte gar zu meinen Live-Highlights des Jahres 2013. Was auch daran liegt, dass Frontmann Johnny Solinger zwar bei weitem nicht das Charisma eines Sebastian Bachs hat, diesem aber stimmlich inzwischen klar überlegen ist. Die Bühne ziert ein großes Backdrop mit dem Artwork der "United World Rebellion"-Trilogie, optisch macht die Band allerdings nicht allzu viel her. Wobei es ja auch nicht immer so übertrieben zugehen muss, wie bei Steel Panther. Nach dem "Blitzkrieg Bop"-Intro geht es - nomen est omen - mit dem recht neuen "Let's Go" los, der Sound ist ziemlich laut und knallt so ordentlich, wie die Sonne vom Himmel. "Big Guns" läutet dann einen Debüt-Block ein, gefolgt von "Makin' A Mess", "Piece Of Me" sowie dem lautstark mitgesungen Superhit "18 And Life". Bei "Thick Is The Skin" flaut die Stimmung ab, "Kings Of Demolition" beweist dann, dass SKID ROW auch mit neuem Material überzeugen. Das Ramones-Cover "Psycho Therapy" wird Johnny Ramone gewidmet und von Rachel Bolan gesungen, danach gibt es nochmal vier Klassiker: die Ballade "I Remember You" und das harte "Monkey Businss", zwischendurch nochmal schnell was Neues mit "We Are The Damned" und ein furioses Finale mit "Slave To The Grind" und dem obligatorischen "Youth Gone Wild" - auch wenn die Band nicht mehr zu den jüngsten gehört. Zwar labert Solinger zwischen den Songs ein bisschen viel, aber dank der feinen Setlist macht der Auftritt wieder richtig viel Spaß. (ASZ)
Nach einer Nacht mit kaum zählbarem Schlafanteil – dank fehlgeleiteten Nachbarn, die bis morgens um 6 Uhr in voller Lautstärke übelsten Disco-Müll konsumiert haben – braucht es mehr als einen überteuerten schwarzen Kaffee, um in die Gänge zu kommen. Der Auftritt von SKID ROW war schon mal ein guter Anfang und um die schlechte Laune endgültig loszuwerden, kann es auf einem Festival wohl kaum Besseres geben als einen Besuch bei KNORKATOR. Das denken sich heute wohl so einige, denn es ist rappelvoll vor der Party Stage. Und damit alle wissen, warum sie trotz der Affenhitze freiwillig im Gedränge stehen, gibt es gleich mal ein "Ding inne Schnauze". Ach ne, noch nicht, erst einmal wird ja getestet, ob die anwesenden 'netten Menschen aus und um Wacken' auch mitsingen können. Klappt aber nicht so wirklich mit Klaus Lages "1000 und eine Nacht", dafür schon etwas besser bei "Atemlos". Dennoch stellt Sänger Stumpen lieber erst mal seine Kollegen vor, zieht dann seinen Gummianzug aus und gibt mit seiner pinken Latex-Badehose an. Und natürlich mit seiner Halb-Körper-Tätowierung. Nun aber, los geht es mit der Schimpftirade und während Stumpen zu seinem wechselnden Kopf- und Brüllgesang über die Bühne zappelt, ist das Publikum, überraschend textsicher, sofort voll in Gange. Verstärkt um eine weitere Gitarre, gespielt von 'einem interessanten, gutaussehendem Mädchen namens Jen, die nachher wieder Zigaretten verkauft' (tatsächlich ist sie im Hauptberuf Bassistin bei Equilibrium), folgt mit "Du bist schuld" der erste bekanntere Hit. Allerdings ist eigentlich Merle schuld an allem, ein Mädel aus der ersten Reihe, und das findet lautstark dann auch das ganze Auditorium. Beim Rammstein-artigen "Buchstabe" wird es mit dem Mitsingen dann wieder schwieriger und auch andere Songs wie "Schüchtern" und "Zoo" versteht man akustisch nur komplett, wenn man sie vorher schon richtig kennt. Das tun heute aber verdammt viele. Und nicht viel weniger sind extra zum Crowdsurfen gekommen. Diese werden auf Anweisung dann aber schon mal von vorne nach hinten getragen. Während Zweitsänger Alf Ator im neongrünen Umhang zwischendurch mit seinem fahrbaren Keyboard über die Bretter schiebt, fordert Stumpen derweil immer wieder zum Hopsen auf und geht mit bestem Beispiel voran. Seine Kumpels an den Saiten agieren mehr so als coole Salzsäulen, er wieselt hingegen hyperaktiv von einem Bühnenrand zum anderen. Ansonsten könnte man dieses Review komplett mit seinen Sprüchen zwischen den Songs füllen. Aber wenn ihr die alle wissen wollt, geht doch selber zum Konzert, ihr Schweine. Ups, ich hatte mich kurz angesteckt. Entschuldigung. Mit der Zeit nehmen die Crowdsurfer doch etwas überhand, um dem Geschehen auf der Bühne noch richtig zu folgen, zumindest für mich als "Alter Mann", und wir treten die Flucht nach weiter hinten an. Womit wir bei der nächsten Feierhymne wären. Bei "Arschgesicht" ist dann der Nachwuchs an der Reihe. Stumpen wird von Tim Tom, dem 12-jährigen Sohn von Alf Ator, am Mikro abgelöst. Schmutzige Witze darf der junge Mann nicht erzählen, das übernimmt Stumpen, aber dafür ist er jetzt schon eine ganz schöne Rampensau. Auch weitere Knaller wie "Schmutzfink", "Du nich" und "Der ultimative Mann" halten die Stimmung am Anschlag und füttern so manchen Circle Pit. Bei "Wir werden alle sterben" holt Alf auch mal die Ukulele raus. Er darf das, denn er hat heute Geburtstag. Beim Rausschmeißer "Ma Baker" (Boney M. irgendeiner?) liefert er sich dann noch ein Badminton-Match mit Stumpen, während die anderen spielen und tanzen müssen. Danach ist Schluss, wir müssen gehen. Schade, es war gerade so lustig. (LS)
Während sich der Kollege von KNORKATOR belustigen lässt, zieht es mich zu ENDSTILLE, die inzwischen Stammgäste in Wacken sind. Und die übliche punkig-garstige Black-Metal-Vollbedienung abliefern. Mit einer brutal bollernden Bassdrum wird man soundtechnisch kräftig vermöbelt, ansonsten gibt es das gewohnte Bild. Zingultus stapft blutbesudelt über die Bühne, schimpft ein bisschen in Richtung Russland und liefert ansonsten stimmlich ordentlich ab. Während L. Wachtfels seine Gitarre mit der ihm üblichen stoischen Art bearbeitet, sind der zweite Gitarrist B.Killed und Basser Cruor fürs Headbangen zuständig. Bei "Unburied In The Sun" bekommt man Besuch von Koldbrann-Fronter Mannevond, der das folgende "Frühlingserwachen" komplett allein kreischt. Das grandiose "Bastard" und "Reich an Jugend" folgen, für das Sodom-Cover "Blasphemer" hat man mit dem Grave Violator einen weiteren Gast auf der Bühne. Zum Abschluss gibt es noch den "Navigator" und meine Begleitung konstatiert, dass wir von ENDSTILLE gerade "ordentlich gefickt" wurden. Kann man so stehen lassen.
Danach ist erst einmal Wasch- und Esspause angesagt, bevor es zum langen Abendprogramm geht. Das beginnt um 16:45 Uhr mit HEAVEN SHALL BURN. Dass Deutschlands beste Death-Metal(core)-Band mit dem Publikum in Wacken leichtes Spiel haben würde, war abzusehen, trotzdem ist der neuerliche Triumphzug ein bisschen überraschend. Jedenfalls herrscht ab dem Opener "Counterweight" eine Riesenstimmung und schon beim folgenden "Land Of The Upright Ones" starten die ersten kleineren Circle Pits. "Combat" ist Programm, bei "Godiva" setzt es die erste, auch noch kleinere Wall Of Death. Bei "Voice Of The Voiceless" gelingt es Fronter Marcus Bischoff, einen Circle Pit anzusagen, ohne das Publikum explizit dazu aufzufordern. Oder so ähnlich. Jedenfalls weiß jeder, was gemeint ist, ohne dass man ihm hinterher einen Strick draus drehen könnte, wenn man denn wollte. Feuer- und CO2-Säulen schießen bei "Hunters Will Be Hunted" in den Himmel, zum Edge Of Sanity-Cover "Black Tears" begrüßt man mit Dan Swanö den Urheber dieses Klassikers auf der Bühne. Das "Awoken"-Intro kündigt dann die nahende "Endzeit" an, bei der dann alle Dämme brechen und eine gigantische Wall Of Death zelebriert wird. Der Circle Pit bei "Trespassing The Shores Of Our World" ist kaum kleiner, eigentlich sind es sogar mehrere, die unter anderem auch um die FOH-Türme gehen. Beeindruckend. Zu guter Letzt feuern Konfettikanonen Millionen von Schnipseln in die Luft, während das Blind-Guardian-Cover "Valhalla" den Schlusspunkt unter einen verdammt fetten Auftritt setzt. (ASZ)
Eine Welt, in der Thin Lizzy - und nichts anderes als deren Nachfolgeband sind die BLACK STAR RIDERS nun mal - auf einem Metal-Festival im Zelt spielen müssen, während sich Schunkelscheiße wie SANTIANO auf einer der großen Bühnen breitmacht, ist eine schlechte Welt. Eine Welt, in der ältere Männer zu den Riffs von "Are You Ready", der ersten von insgesamt fünf Thin-Lizzy-Nummern, glückselig tanzen können, ist dann aber doch wieder eine gute Welt. Den Startschuss gibt bei den Briten zuvor aber der Titelsong des aktuellen Albums "All Hell Breaks Loose", das ebenfalls bereits bestens bei den Fans ankommt. Das stickige Zelt ist immerhin auch gut gefüllt, wobei das höhere Durchschnittsalter nicht zu übersehen ist. Der weise Fan weiß halt, dass es Gitarren dieser Qualität nur wenige auf dem W:O:A zu hören gibt. Der grau-blonden Gitarrenlegende Scott Gorham scheint die Hitze im Zelt nichts auszumachen, auch wenn er auf einem Festival wohl selten auf einer so beengten Bühne spielen muss. Und was er zusammen mit seinem Partner Damon Johnson bei Klassikern wie "Bad Reputation" und "Jailbreak" veranstaltet, ist erwartungsgemäß die Macht. Aber vergessen wir Ricky Warwick nicht. Der unterstützt nicht nur mit der dritten Klampfe, sondern lässt auch heute wieder keinerlei Zweifel aufkommen, dass er ein würdiger Nachfolger für Phil Lynott ist. Der schwer tätowierte Sänger ist dieselbe coole Sau wie früher bei The Almighty und sehr agil heizt er die Fans auch bei neuen Nummern wie "Bloodshot" und dem irisches Flair ausstrahlenden "Kingdom Of The Lost" gut an. Auch wenn sie (vermutlich auch durch die doch ungewohnte Platzierung) nicht wirklich Euphorie ausstrahlen, beweisen die Riders einmal mehr, wie würdevoll sie das große Erbe verwalten und fortführen können. Und das auch in der ganz neuen Besetzung – für den kürzlich ausgestiegenen Marco Mendoza bedient jetzt Robbie Crane (ehemals Ratt und Lynch Mob) den Bass. Nach dem unantastbaren "Emerald" lässt auch weiteres Frischfleisch wie "Bound For Glory" mit seinen Ohrwurmqualitäten das Stimmungsbarometer kein Stück sinken, gegen "The Boys Are Back In Town" kommt es dann aber doch nicht an, schließlich liebt jeder Hardrockfan dieses Lied (oder sollte es zumindest). Danach kommt er aber tatsächlich schon, der große Wermutstropfen: Es ist schon wieder vorbei, ein musikalischer Coitus Interruptus. Dank der begrenzten Spielzeit muss man auf Meilensteine wie "Whiskey In The Jar" und "Rosalie" verzichten. Auch kein "Don't Believe A Word", kein "Waiting For An Alibi", kein "Thunder And Lightning", kein "Cold Sweat". Die Welt ist einfach ungerecht... (LS)
CHILDREN OF BODOM sind eine dieser Bands, die auf anderen Festivals headlinen, hier müssen sie um 18 Uhr ran. Dafür haben sie aber einen headliner-würdigen Sound. Ansonsten ist die Geschichte dieses vielleicht ein bisschen zu routinierten Auftritts der Finnen schnell erzählt. Das Vorhaben, endlich mal alle "Fucks", die Alexi Laiho ablässt, mitzuzählen, gibt man recht schnell auf, dafür erfreut man sich an einer Setlist, die so ziemlich alle Alben der Band abdeckt. Auch das "Something Wild"-Debüt in Form von "Lake Bodom". Die Spielchen zwischen Alexi und Keyboarder Janne haben noch immer ihren Platz im Set, auch wenn das schon ausgiebiger zelebriert wurde. Auch das Anspielen alter Pop- und Metal-Kamellen bleibt weitestgehend außen vor, lediglich Stratovarius' "Black Diamond" wird mal angeklimpert. Man kann es natürlich auch gut heißen, dass die Band ihr Augenmerk auf die Songs und weniger auf das Drumherum legt, aber letztlich hat man auch schon aufregendere COB-Auftritte erlebt. So war es wegen der ordentlichen Setlist nur ganz prima.
Während APOCALYPTICA sich durch ihr Set fiedeln, kann man auch eine Runde über den Markt gehen, um in der Folge einen Abstecher ins Zelt zu machen. Dort sind THE VINTAGE CARAVAN an der Reihe und man denkt sich, dass man sich ja ruhig mal ein bisschen relaxten Retrorock geben kann. Da hat man allerdings die Rechnung ohne das isländische Trio gemacht, denn überraschenderweise rockt die Band mit jeder Menge Power nach vorn. Der wie ein Stoner-Rocker aussehende Bassist Alexander Örn Númason springt agil über die Bühne, während Sänger und Bassist Óskar Logi Ágústsson mit seiner Mimik viel Charisma versprüht. Der Energie, die von der Band ausgeht, kann sich auch das Publikum im brütend heißen Zelt nicht entziehen und feiert das Trio sowie Songs wie "Expand Your Mind" oder "Cocaine Sally" ordentlich ab. Besonders auffällig ist das Stück "Winterland", das balladesk startet und nach einem krassen Break zu einem progressiven Rocker wird. Zwar ist der Gesang mit ein bisschen viel Hall versehen, trotzdem geht der Auftritt von THE VINTAGE CARAVAN als überraschendes Highlight durch.
Danach geht es zurück Richtung Hauptbühnen, um die letzten paar Songs von MOTÖRHEAD mitzubekommen. Offensichtlich hat Lemmy dieses Mal mehr Kondition und so bekommen wir noch "Going To Brazil", "Killed By Death" im Duett mit Doro Pesch sowie die obligatorischen "Ace Of Spades" und "Overkill" mit. (ASZ)
Nachdem man sich beim Motörhead-Gig davon überzeugt hat, dass Lemmy wieder einigermaßen fit ist und diesmal länger durchhält als letztes Jahr, kann man beruhigt zur Zeltbühne wechseln. Dort gibt es auf der W.E.T. Stage jetzt diesen Heavy Metal, den Lemmy (angeblich) so scheiße findet. Zu der fast vergessenen, aber vor drei Jahren wieder auferstandenen NWOBHM-Legende HELL hat sich kein dichtgedrängtes, dafür aber spezielles Publikum eingefunden. Eine Ansammlung von Shirts mit Bands wie Volture, Enforcer, Striker, Manilla Road, Tank, Demon, Heathen und natürlich Mercyful Fate findet man in dieser Dichte in Wacken nur noch selten. Wirkliche Metal-Fans halt und diese wissen, dass die mit Star-Produzent und Gitarrist Andy Sneap als Triebfeder reanimierte Band mehr als nur ein normales Konzert verspricht und vielmehr perfekt inszenierter Broadway Metal der düsteren Art auf dem Programm steht. Für alle Requisiten, wie man sie von früheren Shows von HELL kennt, ist heute auf der kleineren Bühne zwar kein Platz, aber die Kirchenfensteroptik und die Aufsteller mit den Ausgeburten der Hölle sorgen für die passende sakrale und finstere Stimmung. Außerdem hat die Bühne im dunklen Zelt zu dieser Tageszeit auch seine Vorteile. In der Hauptrolle des Traditions-Metals mit der Horror-Note steht natürlich Sänger David Bower. Anfangs noch im Mantel und mit Dornenkrone und Headset-Mikro bestückt, unterstreicht er mit seiner Theatralik und Gestik perfekt seinen stechenden Gesang. Seine Schauspielerfahrung macht sich einmal mehr bezahlt und seine Gesangsleistung in den verschiedenen Höhen ist erst recht kaum zu toppen. Dass er zudem körperlich topfit ist, zeigt sich spätestens beim Konzerthöhepunkt "Blasphemy And The Master", wo er mit der Peitsche seinen nackten Oberkörper geißelt. Und seine düsteren Genossen, darunter sein Bruder Kev Bower und eben der ehemalige Sabbat-Gitarrist Andy Sneap, sind nicht weniger perfekt aufeinander eingespielt. Jeder Ton sitzt, jede Bewegung ist perfekt inszeniert. Vom erhabenen Banger "The Age Of Nefarious", zu dem gleich zu Beginn der Pyro- und Fontänen-Vorrat aufgebraucht wird, über das zum Zombie-Antliz von Basser Tony Speakman und Kev Bower passende "Land Of The Living Dead" bis zur Bandhymne "On Earth As It Is In Hell", bei dem der Sänger eine übergroße Flagge mit dem Band-Logo schwenkt, spielt das satanische Quintett die Hits der beiden bisherigen Alben. HELL nutzen die (viel zu kurze) Spielzeit von 45 Minuten voll aus, um mit einer überzeugender Aufführung einen nachhaltigen Eindruck zu hinterlassen. Und sie sorgen für die perfekte Einstimmung auf den späteren Auftritt von King Diamond. (LS)
SLAYER gehen immer. Und heute ganz besonders. Zumindest musikalisch. Mit verdammt lautem, aber geilem Sound feuern die graue Eminenz Tom Araya, Bullterrier Kerry King, Exodus-Gitarrist Gary Holt und Drummer Paul Bostaph dem Publikum einen Thrash-Klassiker nach dem anderen um die Ohren. Mit "Disciple" und "Hate Worldwide" haben sich gerade mal zwei Nicht-Klassiker in die Setlist verirrt, ansonsten herrscht die pure Thrash-Ekstase. Die Boxen auf der Bühne sind wie umgedrehte Kreuze aufgetürmt und spucken Feuer, die Backdrops wechseln im Laufe des Auftritts mehrfach. Ganz am Ende wird bei "Angel Of Death" zu Ehren des verstorbenen Jeff Hanneman ein Backdrop mit seinem Namen im Heiniken-Look aufgezogen - da muss man dann doch mal kurz schlucken. Ansonsten fällt auf, dass nicht nur kaum Ansagen gemacht werden, sondern dass alle Musiker auf der Bühne auch ein bisschen alleingelassen wirken. Interaktion gibt es so gut wie keine, Bühnenshow abgesehen von den Pyros noch weniger, dafür aber umso tighteres Zusammenspiel. SLAYER konzentrieren sich ganz auf ihre Musik und von diesem Standpunkt aus ist es ein beeindruckender Auftritt. (ASZ)
Dass die Wacken-Macher einen tatsächlich noch überraschen können, haben sie mit der Buchung von KING DIAMOND gezeigt (von der Bestätigung von SAVATAGE für nächstes Jahr ganz zu schweigen). Für viele eingefleischte Fans war das allerdings Grund genug, schnell mal von Perlen vor die Säue zu sprechen. Das ist natürlich völliger Blödsinn, denn echte Metalfans gibt es allen Unkenrufen zum Trotz auch in Wacken immer noch reichlich. Dennoch ist es doch verhältnismäßig luftig in den vorderen Reihen vor der Black Stage, als passenderweise um Punkt Mitternacht der Vorhang fällt. Das liegt aber in erster Linie daran, dass die Bands der dänischen Hoheit, also Mercyful Fate und eben KING DIAMOND, durch seinen speziellen Gesang schon immer eine Lieben-oder-hassen-Geschichte waren. Auf der Bühne wurde auf jeden Fall wieder einiges aufgefahren, um eventuelle Zweifler endgültig zu bekehren. Wer den letztjährigen Auftritt beim Rock Hard Festival gesehen hat - den ersten auf deutschem Boden seit Ewigkeiten - kennt die Bühnenaufbauten schon, nur fallen diese heute noch imposanter aus auf der um einiges größeren Bühne. Der hohe Friedhofszaun am Bühnenrand, durch den die Band vorerst hindurchspielen wird, ist also wieder dabei, ebenso die Treppenaufbauten mit Balkon vor dem Pentagramm und den umgedrehten Kreuzen. Das Ganze wird zusätzlich stets in großzügiges, atmosphärisches Bühnenlicht getaucht, und diverse besondere und gruselige Gäste, die man aus den Songs kennt, werden natürlich auch erwartet. Nach dem Intro "The Candle" ertönt "Sleepless Nights" im erstklassigen Sound, nur der Gesang ist anfangs etwas leise. Das bessert sich aber bald und man kann die Kopfstimme des Königs, die durch das berühmte Knochenkreuzmikro erschrillt, voll genießen. Und wenn man zur 'Lieben-Fraktion' gehört, ist das heute auch wirklich ein Genuss. Von etwaigen Gebrechen ist bei Kim Bendix Petersen absolut nichts zu sehen, vielmehr ist es erstaunlich, dass er eigentlich besser singt, als bei manchem Auftritt vor zwanzig Jahren. Dennoch erhält er dabei auch heute Unterstützung aus dem Hintergrund von seiner Frau Livia. Bevor zu "Welcome Home" die Grandma im Rollstuhl ins Geschehen eingreift, stellt der Bandleader erst mal den neuen Mann am Bass vor. Pontus Egberg (u.a. Dark Illusion und The Poodles) hat kürzlich erst den gefeuerten Hal Patino ersetzt, agiert auf der Bühne aber wie ein langjähriges Bandmitglied. Zu den Songs quer durch die Diskografie (teilweise als Medley) und gewürzt durch die diversen Showelemente, wechseln die Fanreaktionen zwischen gespanntem Zuschauen und euphorischer Begeisterung. Und mitten unter den Untertanen steht u.a. Hammerfalls Oscar Dronjak und singt die Songs beeindruckend textsicher und ausführlich mit. Dabei schafft er es, mit seinem schiefen Gekreische einigen Zuschauern in der Nähe irgendwann tierisch auf den Sack zu gehen. Es gibt gute Gründe, warum er Gitarrist geworden ist. Halte er sich doch lieber an seine anderen Vorbilder, von denen bestimmt auch welche dort oben auf der Bühne stehen. Das Gitarren-Doppel Andy LaRocque und Mike Wead zeigt schließlich, wie man beeindruckt und liefert genug Anlass, um sich lieber die Luftgitarre zu schnappen. Insgesamt ist die Show noch beeindruckender (wenn auch logischerweise nicht mehr so exklusiv) als auf dem Rock Hard Festival, zu dem man auch eine etwas abweichende Setlist spielt. Die besten Resonanzen im Auditorium erzielen wenig überraschend die eingebauten Mercyful-Fate-Klassiker "Evil" und "Come To The Sabbath", zu dem dann wirklich das halbe Publikum mitkreischt. Da der Zaun bereits nach vier Songs von Kapuzenmännern zur Seite geräumt wurde, hat man längst freie Sicht auf das Geschehen und kann genau verfolgen, wie bei "Cremation" als theatralischer Höhepunkt die Oma den Weg in den Sarg antreten muss. Spätestens jetzt wähnt man sich fast in einer Alice-Cooper-Show. Mit "The Family Ghost" folgt ein weiterer Klassiker aus den Achtzigern und nach "Black Horsemen" ist die Show dann vorbei und KING DIAMOND hat mal wieder gezeigt, dass er immer noch der beste Geschichtenerzähler im Heavy Metal ist. Nun darf man gespannt sein, wie lange es dauert, bis sich auch Mercyful Fate auf den norddeutschen Acker locken lassen.
Der Festivaltag war lang und heiß, aber egal, für W.A.S.P. muss man noch mal alle Kräfte mobilisieren. Nachher ist Schwarzi Gesetzlos mal besonders gut drauf und man hat es verpasst. Von irgendwelchen Skandalen hinter der Bühne war immerhin bisher noch nichts zu hören und dass, obwohl er bestimmt nicht gerade erfreut ist, dass er mitten in der Nacht um 01:45 Uhr auf die Bühne muss. Schon mal typisch auf jeden Fall, dass es mit leichter Verspätung losgeht. Nachdem der Einspieler vom Band mit den angespielten Hits aus 32 Jahren Bandgeschichte, auf die auch auf dem Backdrop hingewiesen wird, verklungen ist, eröffnet "On Your Knees" das angekündigte Klassikerset. Seinen Lenkradständer hat Blackie Lawless heute nicht dabei, dafür aber einen Zentner Schminke. Nämlich im Gesicht. Diese kann dennoch nicht verbergen, dass er noch fertiger und aufgeschwemmter aussieht als sonst (oder man hat es verdrängt). Man stelle sich die alte Liz Taylor in der Betty-Ford-Klinik vor, dann ist man dicht dran. Zum Glück leidet seine gesangliche Leistung nicht darunter (falls denn wirklich alles live ist, woran es früher schon mal Zweifel gab) und insgesamt scheint er heute ausgesprochen gut drauf zu sein und zeigt sich agil wie selten. Das gilt auch für die gesamte Band. Während im Hintergrund die alten Videoclips zu den jeweiligen Songs ablaufen, sorgt die seit Jahren eingespielte Truppe für ordentlich Bewegung auf der Bühne. Wer vermisst da schon einen Chris Holmes? Anfangs ist allerdings der Sound wieder ziemlich bescheiden, der Bass dröhnt, der Gesang kommt zu leise. Aber es pegelt sich ein, spätestens nach dem The-Who-Cover "The Real Me" kann man den ersten Blick zurück zum Debüt in Form von "L.O.V.E. Machine" ungetrübt abfeiern. Dazu muss man das zu diesem Zeitpunkt überschaubare, aber begeisterungsfähige Bangervolk auch zu weiteren Hits wie "Wild Child", "Sleeping (In The Fire)" und natürlich "I Wanna Be Somebody" nicht groß auffordern. Vor dem "The Crimson Idol"-Medley gibt es dann wieder einen längeren Filmeinspieler und Musik vom Band, zu der die Band und wohl besonders Blackie Luft holen kann zum längsten pausenfreien Teil der Show. Aus dem Lawless-Meisterstück ("The Crimson Idol" ist auch heute noch eines der geilsten Metal-Alben überhaupt) geht besonders "The Idol", die erhabenste Nummer von W.A.S.P., den meisten Fans noch mal ganz tief rein. Nach dem sägenden "Chainsaw Charlie" folgt mit "Heaven's Hung In Black" vom "Dominator"-Album die einzige etwas neuere Nummer und ein weiteres Stück dicke Melancholie, eindrücklich untermauert durch (Anti-)Kriegs-Ausschnitte auf der Leinwand. Zu "Blind In Texas" darf zum Abschluss noch mal ungezwungen gebangt und gegröhlt werden, bis uns die Band ausgepowert, aber zufrieden auf den Nachhauseweg über ein ganz schön leergefegtes Festivalgelände schickt. (LS)
Bilder:
Knorkator: Olaf Mahlzahn
Hell: Patrick Schneiderwind