Musikreviews.de bei Facebook Musikreviews.de bei Twitter

Partner

Statistiken

Hannah Cohen: Earthstar Mountain (Review)

Artist:

Hannah Cohen

Hannah Cohen: Earthstar Mountain
Album:

Earthstar Mountain

Medium: CD/LP/Download
Stil:

Singer/Songwriter, Westcoast, Psychedelia, Folk-Pop, Chamber-Pop

Label: Bella Union
Spieldauer: 37:22
Erschienen: 28.03.2025
Website: [Link]

Wenn „Earthstar Mountain“ - das vierte Album der Songwriterin HANNAH COHEN – gewisse Hippie-, Laurel-Canyon- und Retro-Harmony-Pop-Vibes emittiert, so hat das gewiss damit zu tun, dass die gebürtige Kalifornierin bereits 2018 von ihrer hektischen Wahlheimat NYC in die beschaulichen Catskills in Upstate-New-York umzog und dort mit ihrem Partner SAM EVIAN in einer hinter dem gemeinsamen Wohnhaus gelegenen Scheune aus den 70er Jahren ein eigenes Studio-Refugium namens Flying Cloud Recordings eingerichtete hat. Unter dem Eindruck des besinnlichen Landlebens in der sie umgebenden Natur inszenierte sie dort die neue Songsammlung ohne Druck über einen Zeitraum von 5 Jahren in einem entspannten, organischen Old-School-Setting als „Ode an die Neugier“, das so ganz von der Hektik und Intensität unserer Tage unberührt wirkt und deutlich die produktionstechnische Handschrift von SAM EVIAN trägt.

Die besagten Catskills sind eine waldige Berglandschaft im Hudson-Valley, die etwa dafür bekannt ist, dass hier regelmäßig Horrorfilme gedreht werden, dass es dort ganze Landstriche gibt, die von orthodoxen jüdischen Religionsgemeinschaften geprägt werden - und auf der musikalischen Seite von einem gewissen Woodstock-Geist und einer reichhaltigen Musiker-Community, die dort ihre Heimat hat. Der titelgebende „Earthstar Mountain“, den HANNAH COHEN in den Tracks „Mountain“ und „Earthstar“ zumindest in allegorischer Hinsicht zum Thema macht (denn in den Songs geht es eigentlich um die Themen Entfremdung und Veränderung), liegt in Sichtweise des Gehöftes, das sich die beiden zur Heimstatt erkoren haben – und auf der anderen Seite liegt die aus vielen Freunden und Mitstreitern bestehende Musiker-Community, die das Paar dann zur Mitarbeit an dem Album einladen konnte. Die titelgebenden „Earthstars“ sind dabei eine endemische Pilzart, die den betreffenden Berg besiedeln.


Unter den Begleitmusikern befinden sich z.B. der Songwriter und Drummer SEAN MULLINS, der Geiger und Arrangeur OLIVER HILL, der Flötist MATT BAUDER sowie SUFJAN STEVENS, SIMA CUNNINGHAM (OHMME) und CLAIRE COTTRILL (CLAIRO), die HANNAH COHEN dann gesanglich unterstützen. Kein Wunder also, dass das gesamte Album klingt, als haben sich hier ein paar Freunde in familiärer Atmosphäre zu einem entspannten Hootenanny getroffen und gemeinsam gejammt – auch wenn das angesichts des enormen produktionstechnischen Aufwandes keinesfalls so gewesen sein kann. Die Natur scheint hierbei als prägende Inspiration, denn HANNAH COHEN bedankt sich in den Linernotes nicht nur bei ihren musikalischen Mitstreitern und den Catskill Mountains, sondern auch bei den „Earthstar Mushrooms“.

Musikalisch bauen HANNAH COHEN und SAM EVIAN auf dem auf, was HANNAH COHEN auf ihren bisherigen Alben bereits demonstrierte: Eine erkennbare Liebe zum verspielten, organischen Sounds der späten 60er- und frühen 70er-Jahre – den sie indes auf spielerisch-experimentierfreudige Weise in die Jetztzeit überführen. Der früher dominierende Folk-Faktor wird nur noch gelegentlich prägnant ausgelebt – etwa in „Rag“ (in dem ein am Wegesrand gefundener Lumpen als Sinnbild für den Lauf der Zeiten thematisiert wird).


Auch die Dreampop- und Psychedelia-Elemente von früher finden sich noch auf dem Album – kommen heute allerdings in ungewohnten Formaten daher: Der Opener „Dusty“ ist zum Beispiel eine reichhaltig orchestrierte, von Flötensounds und Streicher-Arrangements untermalte philosophische Ode an die Resilienz und Akzeptanz des Gegebenen, welcher die bemerkenswerte Zeile „Everywhere you go now there you are“ enthält. Ähnlich verhält es sich mit dem Closer „Dog Years“, der indes als schwelgerischer Walzer daherkommt, der viel Raum für Cohens Faible für wortlose, lautmalerische Gesangseinlagen bietet. Das Soundtrack-artig inszenierte Zwischenspiel „Una Spiaggia“ (= „ein Strand“) kommt in dieser Hinsicht sogar ganz ohne Text aus. „Draggin'“ hingegen wird in Form eines Glam-Pop-Stompers angelegt – inklusive einer entsprechend formatierten, mit Effekten versehenen, von Liam Kaza gespielten Leadgitarre im 70'er-Jahre-Jerry-Garcia-Stil.


Ganz anders verhält es sich mit den „Titelsongs“, denn „Mountain“ ist in rhythmischer Hinsicht eine recht charmante Hommage an FLEETWOOD MACs „Dreams“, bei der dann eine mäandernde Steel-Gitarre für psychedelisches Flair sorgt. „Earthstar“ hingegen ist ein von Synthie-Schwaden durchzogener und von Streichern unterlegter, locker groovender Track mit Westcoast-Flair.


Der von der musikalischen Seite her vielleicht überraschendste und beeindruckendste Song des Albums dürfte hingegen „Summer Sweat“ sein, denn bei diesem – ausnahmsweise als geradliniger, sinnlicher Love-Song ausgeführten - Stück handelt es sich nun wirklich um einen Track, der wie eine spontan inszenierte, groovende Jam-Session mit improvisatorischer Note klingt. Zu den zuvor genannten musikalischen Elementen kommt hier zusätzlich ein Touch Tropicalia hinzu, der das sommerliche Thema des Songs musikalisch widerspiegelt.

Zusammengehalten werden diese verschiedenen Elemente durch HANNAH COHENs charakteristischen Soprangesang und SAM EVIANs Produktionskünste, mit der er dem Projekt – trotz aller stilistischer Offenheit – einen eigenständigen Stempel aufdrückt; etwa indem die meisten Tracks mit einem Intro von Vintage-Rhythmus-Maschinen beginnen, die dann allmählich in das orchestrale Chamber-Pop-Setting übergehen.




FAZIT: Schade, dass es die Worte „gorgeous“, „lush“ oder „sumptuous“ im Deutschen nicht gibt, denn die beschreiben anschaulicher als die profanen Übersetzungen wie „wunderschön“, „üppig“ bzw. „reichhaltig“ den Effekt, den Eindruck, den das brillante Album „Earthstar Mountain“ beim Hörer hinterlassen dürfte. Jedenfalls bei solchen Hörern, die für charmante Old-School-Sounds dieser Art empfänglich sind.

Ullrich Maurer (Info) (Review 1083x gelesen, veröffentlicht am )

Unser Wertungssystem:
  • 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
  • 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
  • 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
  • 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
  • 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
  • 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
[Schliessen]
Wertung: 14 von 15 Punkten [?]
14 Punkte
Kommentar schreiben
Tracklist:
  • Dusty
  • Draggin'
  • Mountain
  • Earthstar
  • Rag
  • Una Spiaggia
  • Summer Sweat
  • Shoe
  • Baby You're Lying
  • Dog Years

Besetzung:

Alle Reviews dieser Band:

Interviews:
  • keine Interviews
(-1 bedeutet, ich gebe keine Wertung ab)
Benachrichtige mich per Mail bei weiteren Kommentaren zu diesem Album.
Deine Mailadresse
(optional)

Hinweis: Diese Adresse wird nur für Benachrichtigungen bei neuen Kommentaren zu diesem Album benutzt. Sie wird nicht an Dritte weitergegeben und nicht veröffentlicht. Dieser Service ist jederzeit abbestellbar.

Captcha-Frage Wobei handelt es sich um keine Farbe: rot, gelb, blau, sauer

Grob persönlich beleidigende Kommentare werden gelöscht!