Cybergrunge!
Unter dieser Stilbezeichnung entstehen Bilder von ziemlich fertigen Gestalten in Weltraumanzügen, die, etwas neben sich stehend, ihre Instrumente malträtieren.
Gemessen an dem niedlichen blauen Cover-Alien, das „Eliot“ ziert, interessieren sich DIE CIGARETTEN zumindest für kosmische Bezüge.

Auch die Grunge-Attitüde bringen die Musiker überzeugend rüber.
Denn zwischen Schrammel-Riffing und augenzwinkernd verschwenderischer Attitüde („RAPSTAR“) glänzen die Hamburger mit einer gehörigen Portion Zynismus, der auch mal gen Nihilismus tendiert.
„Drogen und Saufen“ ist dabei sowohl tanzbar als auch der vertonte Soundtrack zum persönlichen Absturz.

Dabei reihen sich immer wieder schräge Gitarrenabfahrten aneinander und der leicht scheppernde Sound spiegelt das selbstzerstörerische Flair des Grunge perfekt wider.
Mit „Psychedelic Breathwork“ gelingt der Band auch eine charmante Ballade, die mit der Zeit einen introvertierten Touch bekommt, und irgendwo zwischen naiver Innenschau, der Attitüde von „Da geht doch noch mehr!“ und dem kompletten Nervenzusammenbruch tänzelt.

Ähnlich verhält es sich mit „Centershock“, das als Hymne an eine verlorene Jugendliebe durchgehen könnte.
Egal welchen Song man herauspickt, DIE CIGARETTEN haben die Charakteristika des Grunge überzeugend verinnerlicht und müssen sich keineswegs hinter den Größen des Genres verstecken.
In gewisser Weise gelingt es ihnen sogar sehr überzeugend, die ursprünglich nihilistische Haltung des Genres in die Jetzt-Zeit zu transportieren. Denn selbst wenn der Sound zeitgemäß klingt, schweben doch die Genre-Väter SOUNDGARDEN und NIRVANA im vernebelten Äther über der Musik.

Darauf genehmigt man sich doch gerne ein „Paar Shots“ oder eben auch mehr, wie es der Text des Songs suggeriert. Hier tänzeln ebenfalls die Gitarren zwischen „schräg“ und „energisch-schrammelnd“ umher, werden aber von einem kräftigen Groove angeschoben, welcher der gesamten Platte das Potenzial verleiht, in entsprechenden Clubs zur jeweiligen Nachtzeit für den ein- oder anderen Ausraster zu sorgen.

„Armeen“ überrascht am Ende als intime Akustikgitarrenballade, die zeigt, dass trotz aller vorherigen „Scheißegal-Einstellungen“ auch in den Herzen der CIGARETTEN-Musiker die Sehnsucht nach zwischenmenschlicher Liebe schlummert. Das ist nicht nur ein gelungener Album-Abschluss, sondern gleichermaßen erleichternde Botschaft: Egal wie kaputt, Mensch bleibt Mensch! Und Menschen brauchen Liebe!

FAZIT: DIE CIGARETTEN transportieren auf „Eliot“ die ursprüngliche „Kein Morgen“-Attitüde des Grunge in den Sound der Gegenwart. Dabei tönt die Musik durchaus selbstvergessen, lässt am Ende aber doch Raum für kleine Reflektionen und Lektionen, die besagen, dass es eben doch Dinge gibt, die es wert sind, gelebt oder wenigstens erlebt zu werden. Die Musiker wirken auf diese Weise charmant kaputt, sind aber keineswegs totale Nihilisten.