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Poetry: Lord Byron Goes Acoustic (Review)

Artist:

Poetry

Poetry: Lord Byron Goes Acoustic
Album:

Lord Byron Goes Acoustic

Medium: Download/EP-CD
Stil:

Rock-Pop zu spätromantischen Lord-Byron-Texten

Label: Bluebird Records
Spieldauer: 21:14
Erschienen: 2016
Website: [Link]

Hinter POETRY verbirgt sich das Duo THILO ILLGNER und ROB NOTES, das sich die musikalischen Aufgabe auserkoren hat, die Gedichte großer Lyriker in Musik zu kleiden – in ihre POETRY-Musik. Im Falle von „Lord Byron Goes Acoustic“, dem ersten Projekt der Beiden, haben sie sich also den britischen, am 22. Januar 1788 geboren, 36 Jahre alt gewordenen Dichter vorgenommen, der seine frühe Kindheit im schottischen Aberdeen verbrachte. Aufgezogen wurde er, da sein Vater starb, als er gerade mal drei Jahre alt war, von seiner adligen Mutter und ganz besonders seinem Kindermädchen May Grey, das bei ihm den calvinistischen Glauben ausprägte, der davon ausgeht, dass alles nur im Sinne der völligen Unterwerfung unter Gott bzw. Christus – aber nicht der Kirche als deren Vertreter – existieren kann. Hieraus entstammt auch die „Sola Scriptura“ (Allein die Schrift ist die Grundlage des christlichen Glaubens, aber nicht die Tradition!), über die sich ja bereits NEAL MORSE nach seiner Erleuchtung in seinem 2007er Album mit dem gleichen Titel hergemacht hat. Das Judentum jedenfalls war den Calvinisten verhasst. Trotz all seines Glaubens hatte Gott Byron einen Klumpfuß verpasst, unter dem er zeitlebens litt, weil er ihn nicht nur schmerzte, sondern er ihn auch als entwürdigende Missbildung empfand, die ihn gesellschaftlich einschränkte.

Vielleicht waren seine spätromantischen Werke deshalb auch von der „Schwarzen“ bzw. „Negativen Romantik“ geprägt, die Althergebrachtes ablehnt und deren Helden sich ausschließlich auf ihr eigenes Ego, ihr absolutes Einzelgänger- und Rebellentum, verlassen. Das passte ebenso zum Lebensstil von LORD BYRON.

Nun wissen wir nicht, ob es sich mit dem Ego der beiden Musiker hinter POETRY ähnlich verhält, aber wir hören auf Lord Byron Goes Acoustic die Leidenschaft, mit der die beiden Musiker sich vorsichtig, immer im ruhigen oder Midtempo-Bereich verweilend, aber auch mit vielen Pop-Strukturen versehen, dem einzigartigen Autor des späten 18. und frühen 19. Jahrhunderts annähern. Auch belassen sie Byrons Texte komplett im Original. THILO ILLGNER stellte dazu fest: „Lediglich die Freiheit, eine geeignete Textstelle als Refrain zu verwenden, haben wir uns genommen.“

„Sun Of The Sleepless“ kommt sogar mit beinahe lustig anmutenden Rhythmen und viel Electronics daher, sodass „Goes Acoustic“ nicht wirklich ernst genommen werden muss. Dazu gibt‘s eine elektronische Violine, die glattweg an NIGEL KENNEDY erinnert. Gepfefferte Pop-Rhythmen sorgen sogar für echte Tanzbarkeit – übrigens etwas, worüber sich Byron ärgerte, weil er durch seinen Klumpfuß niemals das Tanzbein schwingen konnte -, während der gesamte Titel den Eindruck vermittelt, ein FRANK FARIAN hätte bei der Komposition über „den melancholischen Stern, der Sonne der Schlaflosen“ (Damit muss doch wohl der Mond gemeint sein, oder?) seine Finger mit im Spiel gehabt. Und wenn dann das folgende, deutlich melancholischere „So We‘ll Go No More A Roving“ über das Mondlicht singt, liegt man mit dieser Vermutung wohl völlig richtig.

Mit „The Tear“ endet das Album gar als echte Hymne, die Rob Notes mit einem wundervollen Violinen-Solo anreichert. Der bewegende Höhepunkt der ambitionierten EP, auf der sich die Musiker ausschließlich an den Original-Texten Byrons orientieren, die wir im beigelegten Einlegeblatt der CD vollständig in englischer Sprache mitlesen können.
Auf der Vorderseite des Einlegers gibt‘s dann sogar die kurze Biografie Byrons und ein paar Infos zur Band und der Entstehung dieser EP in deutscher Sprache mit dazu.

Die EP „Lord Byron Goes Acoustic“ verstehen POETRY als eine Art Vorspiel, um auf ihr Projekt aufmerksam zu machen. Ein Album in voller Länge zu dieser Thematik ist bereits in Arbeit. Es wird „Byronic Hero“ heißen – ein Begriff für den bereits besagten rebellischen Helden, dem es nicht um gesellschaftliche Veränderungen, sondern die Befriedigung des eigenen Egos geht. Als Vorläufer dieses Heldentypus‘ gilt die Figur Satans aus John Miltons „Paradise Lost“. Nach dieser EP kann man froher Erwartung auf den Longplayer sein, der im Grunde schon mit „The Tear“ angekündigt wird, wie Thilo Illgner feststellt: „Der Song THE TEAR ist so lang, dass wir auf der EP neun Strophen als Song benutzt haben mit dem Vermerk ‚~to be continued‘. Auf der CD kommt dann die Fortsetzung mit den letzten Strophen. Das ist ähnlich, wie SAGA seine Chapters über mehrere CDs benutzt hat. Die CD kommt 2017.“

FAZIT: Lyrik der englischen Spätromantik von Lord Byron trifft auf den modernen Rock-Pop der Gegenwart von POETRY. Auf der ersten Seite des Albums kann man dazu lesen: „Die Mischung aus Vintage und Elektro, stilsicher zu einer den beiden Musikern eigenen Stilrichtung verschmolzen, reicht von melancholischen Balladen über Flower Power bis hin zu rockigen Dancenummern und gibt damit den längst vergessenen, wunderschönen Texten die Möglichkeit, von einer breiten Öffentlichkeit wiederentdeckt zu werden.“ Dem gibt‘s beim besten Willen nichts mehr hinzuzufügen.

Thoralf Koß - Chefredakteur (Info) (Review 4216x gelesen, veröffentlicht am )

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Tracklist:
  • On Parting
  • Sun Of The Sleepless
  • So We‘ll Go No More A Roving
  • When We Two Parted
  • The Tear

Besetzung:

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