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Der Moderne Man: Live At Rockpalast (Review)

Artist:

Der Moderne Man

Der Moderne Man: Live At Rockpalast
Album:

Live At Rockpalast

Medium: DVD
Stil:

Punk/New Wave

Label: Sireena Records/Broken Silence
Spieldauer: 62:56
Erschienen: 08.05.2015
Website: [Link]

DER MODERNE MAN existierte kaum fünf Jahre (Herbst 1979 bis Mitte 1984), hatte einige Besetzungswechsel hinzunehmen, Gründungsmitglied Ziggy XY verließ die Band bereits nach dem wenig wohlwollend aufgenommenen Debüt zugunsten eines KOSMONAUTENTRAUMs, brachte es gerade auf zwei Studio-LPs und eine Handvoll EPs und Live-Alben. Trotzdem hinterließen die Hannoveraner unverkennbare Spuren in der deutschen Rockgeschichte. Wenn man bedenkt, was sonst aus der niedersächsischen Landeshauptstadt kommt und dauerhaften Erfolg hat, mutet es wie ein fieser Musikerwitz an, dass DER MODERNE MAN kaum ein halbes Jahrzehnt überstand.

Die vorliegende DVD ist ein Musterbeispiel, was bei der Band schiefgelaufen ist, um dann doch auf verquere Weise in prosperierenden Bahnen zu enden. Im März 1983 trat DER MODERNE MAN in der Zeche Bochum auf. Wie beim Rockpalst üblich wurde der Auftritt aufgezeichnet. Doch die Master-Tapes wurden irgendwann in den Neunzigern aus dem Archiv des WDR geklaut und verschwanden. Glücklicherweise existierten ein paar überspielte Videos, die auf Wunsch an Fans verkauft und verschickt wurden. Eines dieser Videotapes diente als Grundlage für die vorliegende DVD. Der Video-Besieger wird vom abgelösten Medium düpiert. Und das Ergebnis ist angesichts der Umstände höchst ansehnlich und –hörbar.

DER MODERNE MAN spielt Punk mit Saxophon. Das heißt, die schnell dahin geschrammelten Akkorde werden aufgebrochen zu einer rüden New-Wave-Art-Pop-Version, die verdammt gut funktioniert. X-RAY SPEX („Bondage Up your Life“) waren ähnlich instrumentiert unterwegs, ebenso LiLiPUT (“Die Matrosen”), während die PSYCHEDELIC FURS ihre eigene Wall Of Sound bauten und JAMES CHANCE AND THE CONTORTIONS das Konzept fast bis zum Free Jazz ausdehnten.
So weit geht DER MODERNE MAN nicht, hier bleibt die Musik schmissig, tanzbar und eingängig, allerdings mit Schleifchen. Das nicht nur von einem Saxophon, manchmal sind es sogar zwei, sondern auch von den fiepsigen Keyboards, einer Melodica oder einem prägnanten Bass-Solo geflochten wird. Die Musik besitzt eindeutig Tschingderassassa, Bumm und eine Menge Twang. Manchmal sind „Rapper‘s Delight“ und Another One Bites The Dust“ gar nicht weit weg („Gurus und Geheimagenten“) und noch offensichtlicher wird dem Reggae gehuldigt („Baggersee“). Mattus singt dazu ziemlich klar artikulierend, kaum affektiert, manchmal bricht die Stimme, aber das macht im gewählten Kontext nix.

Mit seinen Texten setzt sich DER MODERNE MAN ebenfalls zwischen die damals angesagten Stühle. Kleine Alltagsgeschichten, ein bisschen Witz, ein bisschen Philosophie, Konsumkritik und ein Hauch Polit-Satire; viel mit Stil, aber nichts ausgeprägt. Poetisch nicht so ausgefeilt wie Peter Hein (FEHLFARBEN, FAMILY FIVE), auch nicht so abstrakt zwischen Dada-Komik, Surrealismus und purem Blödsinn pendelnd wie Max Goldt (FOYER DES ARTS) oder ANDREAS DORAU, vor allem aber nie so platt, naiv und albern wie die plakativen Industrieerzeugnisse des Labels NDW. Stattdessen trocken, treffend und nur ein bisschen erstaunt über die Vielfalt dieser Welt.

Dank diverser Re-Issues, teils mit spannenden Erweiterungen (“Unmodernplus“, 2011, ebenfalls von Sireena) veröffentlicht, ist DER MODERNE MAN zu Recht nicht komplett aus dem kollektiven Gedächtnis verschwunden. Der respektabel reparierte Rockpalast-Auftritt von 1983 lässt vermuten, dass noch viel mehr hätte drin sitzen können. Hat nicht sollen sein, stattdessen herrschen die TOTEN HOSEN. Die Welt des Musikbiz ist keine gerechte…

FAZIT: Bemerkenswert gut gealterter Auftritt einer Band, die eigentlich nur eine Kette am Fuß des Zeitgeists sein müsste. Doch, klanglich und visuell ansprechend vom Videoband restauriert, präsentiert sich DER MODERNE MAN weit frischer als das Gros der amtierenden Fun-Punk-Pop-Liga. Wobei der Spaß bei DER MODERNE MAN aus der mitreißenden Mixtur aus Punk/New Wave/Reggae/Pop-Mucke und erfreulich unprätentiösen Alltagstexten mit kleinen Widerhaken (DER Hit: „Gib mir den Tod“) besteht. Großes (Ohren)-Kino im kleinen, schlierigen Videoformat. Auf DVD. Coole Sache dies.

Jochen König (Info) (Review 4023x gelesen, veröffentlicht am )

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Tracklist:
  • Kinderfest
  • Nie mehr immer
  • Sinnloz
  • Dreizehn
  • Der Sandmann
  • Die Zukunft: Jetzt
  • Laut
  • Für Frau Krause
  • Schritt für Schritt
  • Neues aus Hongkong
  • Gurus + Geheimagenten
  • Baggersee
  • Discolied
  • Nicht warten
  • Nur Die
  • Blaue Matrosen
  • Telefonlied
  • Der Unbekannte
  • (Gib mir den) Tod

Besetzung:

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