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Interview mit FEE. (04.12.2020)

FEE.

Am Ende steht der Punkt. Das muss auch so sein, denn ansonsten könnte man den Künstlernamen FEE. der Frankfurter Liedermacherin FELICITAS MIETZ schließlich kaum im Web finden. Soeben hat die smarte DIY-Frau ihr zweites Solo-Album „Nachtluft“ fertiggestellt. Mitten in der Corona-Krise und mittels Crowdfunding. Auch das musste sein, denn nachdem FEE. mit ihrer damaligen Band NEOH äußerst unangenehme Erfahrungen mit dem Schattenseiten des Musikbusiness gemacht hatte, beschloss sie, als Solokünstlerin dann deutlich mehr kreative Kontrolle über ihr Tun haben zu wollen, als das in einem nach Marketingaspekten vom Label gelenkten Ensemble möglich wäre. Als sie dann 2016 bei NEOH ausstieg und sich langsam daran machte, sich nicht nur geschäftlich, sondern auch musikalisch neu aufzustellen, geschah das unter der Prämisse, das Heft des Handelns stets in der eigenen Hand zu behalten. Das führte im Folgenden dann nicht nur dazu, dass sie von nun an selbstverständlich ihre Songs alleine schrieb, ein eigenes Label gründete und ihre Musik nun selbst organisiert sondern sich auch um das Tourbooking kümmert. In Zeiten wie diesen ist sowas natürlich nicht ganz einfach – aber zumindest hat sie als Indie-Künstlerin ja die Möglichkeit, flexibler auf die Gegebenheiten zu reagieren.

2016 veröff
entlichte FEE. zunächst mal die EP „Lieber liegen“ - und wechselte damit bewusst ins Liedermacher-Fach auf akustischer Basis. Das gehört zum Konzept, denn ab diesem Zeitpunkt konzentrierte sich FEE. vollständig auf die Deutsche Sprache als Ausdrucksmittel. Es folgte dann 2018 der erste Longplayer „Ein Zimmer Küche Bad“, der sich dann als eine Art charmanter, selbstironischer und autobiographisch Geprägter Zustandsbericht in Sachen FEE. herausstellte. Musikalisch waren die Songs dann noch auf spielerische Art um FEE.'s Vortrag auf der akustischen Gitarre herum arrangiert. Auf dem nun vorliegenden, zweiten Album „Nachtluft“ ging FEE. dann aber noch einen Schritt weiter. Denn „Nachtluft“ ist nicht nur nachdenklicher geraten, als „Ein Zimmer Küche Bad“, sondern bietet auch auf der musikalischen Seite so Einiges – denn als Folksängerin möchte sich FEE. nicht verstanden wissen. Aber lassen wir sie doch mal selbst zu Wort kommen.

 

 

Dein erstes Album „Ein Zimmer Küche Bad“ und auch Deine EP „Lieber liegen“ hatten ja einen stark autobiographischen Charakter. In mehreren Deiner neuen Songs – wie z.B. „Straßburger Straße“, „Ernst des Lebens“ oder „Dein Haus Ist Umstellt“ geht es aber offensichtlich nicht mehr um Dich selbst, sondern um andere Personen, an die Du Dich ja im Einzelnen auch richtest. Was hat sich denn da geändert?

Das kommt auf den Song an. Bei der 'Straßburger Straße' geht es zum Beispiel um meine Oma, die unerwartet verstorben war. Ich stand dort mit meiner Familie in ihrer Wohnung und es war halt nichts vorbereitet, weil das so plötzlich geschah. Sie hatte sehr viele Sachen und wir mussten dann alles durchsuchen, um alles regeln zu können und fühlten uns dabei ein bisschen hilflos. Und dieses Gefühl wollte ich dann in dem Song vermitteln. Das ist übrigens der Song, auf den ich am stolzesten bin, weil hier wirklich jedes Wort wahr ist und alles genauso war, wie ich es schilderte. Denn ich wollte diesen Moment nicht verfälschen und keine Geschichte um die Erinnerung darum herum konstruieren. Und bei 'Ernst des Lebens' und 'Dein Haus ist umstellt' handelt es sich um fiktive Charaktere. Diese Texte sind bestimmt von Dingen, die ich so sehe oder von Leuten, die ich vielleicht kenne – die aber eben in den Stücken in fiktive Charaktere umgewandelt wurden.





Wie arbeitest Du denn überhaupt als Songwriterin? Da hat ja jeder so seine spezifische Vorgehensweise. Und welche Herausforderungen siehst Du denn als Songwriterin?

Ich fange tatsächlich ganz von vorne an. Das heißt, dass ich nicht schon vorher eine Idee für einen Refrain oder ein Thema habe. Ganz im Gegenteil: Ich würde sogar sagen, dass ich vollkommen ohne Plan an die Sache herangehe. Ich habe dann vielleicht irgendeine Emotion in mir - von der sich vielleicht selber noch gar nichts weiß - und dann entsteht etwas daraus. Deshalb klappt das für mich eigentlich auch nur, wenn ich den Song am Stück schreibe. Wenn mir da etwas dazwischen kommt, werde ich rausgerissen und komme nicht wieder in das Gefühl zurück. Deswegen sind meine Songs auch immer absolute Momentaufnahmen. Natürlich kann man dann noch mal an einzelnen Elementen feilen – aber das Gerüst muss eigentlich stehen.

Das heißt also, dass Du aus Gefühlen Worte machst?

Ja, das könnte man so sehen. Die Sache hat aber auch für mich irgendwie etwas Verarbeitendes. Manchmal höre ich mir einen Song von mir an und merke erst danach, was mit mir los war, als ich ihn schrieb. Es geht also um Selbsttherapie, Selbstreflektion und das Verarbeiten und Übersetzen von Gefühlen. Das hat übrigens auch zur Folge, dass ich mir die Songtitel immer erst suche, wenn ich den Song schon fertig geschrieben habe.

Gibt es etwas, was Du songwriterisch noch auf Tasche hast, aber bislang noch nicht realisieren konntest?

Nun ich versuche auch immer mal wieder, bestimmte konkrete Themen anzusprechen. Das war auf diesem Album zwar noch nicht der Fall, aber daran werkele ich gerade herum. Das sind dann Themen, die mich sehr stören, berühren oder beschäftigen. Ich würde auch gerne mal einen politischen Song schreiben – das ist aber super schwierig und ich würde noch nicht sagen, dass mir das schon mal gut genug gelungen ist.

Sind solche Überlegungen auch mit der Grund dafür, warum Du vom kommerziellen Pop ins Liedermacher-Fach gewechselt bist?

Auf jeden Fall – denn es gibt nichts Nervigeres als sinnlose Songs zu schreiben. Als ich noch in der Band war, hat mir das Label zum Beispiel gesagt, ich solle doch nicht immer Liebeslieder schreiben, weil es davon doch zu viele gäbe. Stattdessen solle ich lieber mal darüber schreiben, wie ich mit meiner Freundin feiern gehe – was ich aber gar nicht gemacht habe. So etwas will ich einfach nicht mehr. Ich mache ja auch nach wie vor trotzdem noch Popmusik – aber halt nicht die klassische, wie sie im Radio zu finden ist.


Du scheinst ja ziemlich lange nach einem Sound gesucht zu haben. Jedenfalls sind die Songs auf der neuen Scheibe musikalisch deutlich ambitionierter umgesetzt als die bisherigen. Hast Du denn jetzt Deinen Sound – oder Deine Position als Musikerin – gefunden?

Na ja – das ist ja eine ständige Entwicklung. Ich glaube nicht, dass ich jemals sagen kann, dass ich mich gefunden habe; dass ich weiß wie ich Songs schreibe oder weiß, wie ich klingen will. Es hängt halt auch immer sehr von der Stimmung ab, und davon, was ein Song erzählt. Ob ich da einen 'punchenden' Beat drunter sehe, wie bei 'Cherie' oder einen reinen Akustik-Song. Bei mir gibt es nicht immer den einen Sound. Ich würde sogar sagen, dass das neue Album vielleicht weicher, ruhiger und sphärischer geworden ist.




Ja aber es gibt doch auf der anderen Seite verstärkt elektrische Gitarren auf dem neuen Album?

Ja - beim letzten Album stand halt sehr die Akustik-Gitarre im Vordergrund. Das hing damit zusammen, dass wir alle Songs, so wie ich sie geschrieben habe, um die Akustik-Gitarre herumgebastelt haben. Dieses Mal haben wir gesagt, dass wir bei Null beginnen wollten, auch wenn der Song auf der Akustik-Gitarre geschrieben wurde. Manchmal ist dann halt die Akustikgitarre sogar ganz rausgeflogen – und das fand ich irgendwie besser. Ich habe jetzt auch öfter E-Gitarre gespielt und werde das dann auch auf der Bühne öfter tun – einfach weil sich dadurch ganz andere Klangfarben ergeben.

Nachdem Du die neuen Songs ja zwar noch vor der Corona-Krise geschrieben hattest, fiel die ganze Produktionsphase ja bereits in die Lockdown-Phase. Wie hast Du Dir denn die nahe Zukunft vorgestellt?

Nun ich hatte ja bereits eine Tour für den Herbst geplant und eigentlich hätte das Album ja auch dann schon erscheinen sollen. Aber nachdem dann sowieso alles verschoben und abgesagt werden musste, habe ich mir gesagt, dass ich mir dann auch Zeit lassen könnte, und das Album dann eben erst jetzt, im Winter herausbringen sollte. Dann hatte ich ja auch noch Zeit, an Videos zu arbeiten. Die Tour habe ich erst mal auf Anfang nächsten Jahres verschoben und lass das jetzt auch mal stehen. Wenn sie dann stattfinden könnte, sind natürlich alle herzlich eingeladen, vorbeizuschauen.

 

 

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Ullrich Maurer (Info)