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Mary Timony: Untame The Tiger (Review)

Artist:

Mary Timony

Mary Timony: Untame The Tiger
Album:

Untame The Tiger

Medium: CD/CD+DVD/Download
Stil:

Indie-Rock

Label: Merge
Spieldauer: 40:02
Erschienen: 23.02.2024
Website: [Link]

Mit den sozialen Medien hat es MARY TIMONY nicht so. Das hat Gründe. So ist es satte 20 Jahre her, dass die Indie-Queen aus Washington DC ihr letztes Album „Ex Hex“ unter eigenem Namen herausbrachte. Alles was danach den Weg an die Öffentlichkeit fand, war einem der zahlreichen Band- und Kollaborationsprojekte zuzurechnen, in die sie verwickelt war und ist. Es bestand also gar nicht die Notwendigkeit, den Namen MARY TIMONY in dieser Zeit separat zu promoten. Ein anderer Grund, warum sie lange Zeit davor zurückscheute, sich über Social Media an die Fans zu wenden, war der, dass sie die letzten Jahre mit der Pflege ihrer kürzlich verstorbenen Eltern beschäftigt war und zugleich die Pandemie und eine traumatisierende Trennungsgeschichte zu bewältigen hatte. Darüber redet man ja nicht gerne ohne Not.

Tatsächlich tut sie das auch auf ihrem nun vorliegenden fünften echten Solo-Album „Untame The Tiger“ nicht, mit dem sie (nun sogar mit einer eigenen Website) zurück ins Rampenlicht kehrt. Das Album konzipierte sie während der schwierigen Zeit der letzten Jahre nach eigener Aussage in therapeutischer Hinsicht als Anker und Leitfaden für sich selbst. Es ist also stärker in der Realität verankert, als einige ihrer mit verquastem Mystizismus angereicherten früheren Arbeiten. So formulierte MARY TIMONY ihre Lyrics in einer für ihre Verhältnisse deutlichen Sprache, allerdings ohne die Dinge im Klartext auszubuchstabieren. Stattdessen griff sie auf einen Trick zurück, den nur versierte Songwriter auf dem Schirm haben, indem sie Begriffe personalisiert. Der Gast, an den sie sich in dem Song „The Guest“ erinnert, ist nämlich ihre Einsamkeit. Der Verlust und die heilende Kraft der Musik kommen auf dem Track „Dominoes“ zu Ehren und die Dunkelheit ist ihr Freund in dem Song „Looking For The Sun“. Der Traum im Song „The Dream“ erklärt in personalisierter Form wie sie sich fühlt. Und da alles Konstrukte sind, welche wohl jeder nachvollziehen kann, ist „Untame The Tiger“ auf gewisse Weise auch ohne echte Spezifika wie Namen oder Orte ihr zugänglichstes Album.

Ähnliches gilt uneingeschränkt auch für ihre musikalische Seite, da sie ja vor allen Dingen wegen ihrer intuitiven Gitarrenkünste berühmt ist: CARRY BROWNSTEIN von SLEATER KINNEY bezeichnete sie einst als „Mary Shelley mit Gitarre“ und LINDSEY 'SNAIL MAIL' JORDAN lernte von ihr das Gitarrespielen. Obwohl es eine tragende Rolle spielt, wie Timony mehr emotional als virtuos traktiert, ist diese Fähigkeit nicht das herausragende Merkmal von „Untame The Tiger“, sondern vielmehr die stilistisch bemerkenswert vielseitig ausgerichteten Songs selbst, die mit Keyboards und Streichern teilweise geradezu orchestral angelegten Arrangements und nicht zuletzt die ambitioniert und komplex strukturierten, miteinander verzahnten Sound-Ebenen, die sie mit einem gewissen poppigen Appeal mit hymnischen Melodiebögen und gar Mitsing-Refrains vor jeglicher Verkopfung rettete. Ein Faktor, der unbedingt angesprochen werden sollte, ist der Gesang. Denn bislang hatte man eigentlich nur selten das Gefühl, dass der Gesang für MARY TIMONY eine besonders wichtige Rolle spielte. Diesmal ist er jedoch der Dreh- und Angelpunkt, der die verschiedenen Stile, die sie zwischen geradlinigem Indie-Rock, hymnischem Chamber-Pop und spinnertem Weird-Folk mit LED ZEPPELIN-Touch zu einer schlüssigen Einheit verdichtet. Außerdem klang ihr Gesang noch nie so gut und schön wie auf diesem Album.

Ein Gedanke sei noch erlaubt: Indem MARY TIMONY schon seit mindestens 20 Jahren jene Art von Musik macht, mit der sich heutzutage nachgeborene Indie-Queens ihrem jugendlichen Publikum vermeintlich als Innovatorinnen präsentieren, dürfte diesem Album eine gewisse zeitlose Qualität attestiert werden; die es dann auch für junge Menschen interessant macht. Ein gutes Beispiel für den generationenübergreifenden Ansatz, den MARY TIMONY hier verfolgt, ist der Umstand, dass sie sowohl ihr Idol, den legendären 75-jährigen FAIRPORT CONVENTION-Drummer DAVE MATTACKS und Zeitgenossen wie CHAD MOLTER wie auch die deutlich jüngeren Musiker BRIAN BETANCOURT und DAVID CHRISTIAN von der inzwischen verblichenen Band HOSPITALITY dafür begeistern konnte, auf „Untame The Tiger“ mitzuspielen.

FAZIT: Bereits seit 30 Jahren ist MARY TIMONY als Indie-Künstlerin im Geschäft. Bekannt wurde die Songwriterin, Gitarristin (und zu Beginn auch Viola-Spielerin) über ihre zahlreichen Bandprojekte wie HELIUM, AUTOCLAVE, WILD FLAG, EX HEX, MARY TIMONY BAND, POW WOW, THE SPELLS und zuletzt HAMMERED HULLS. Dass sie gelegentlich auch Projekte unter eigenem Namen veröffentlicht, ging dabei fast schon ein wenig unter. Mit „Untame The Tiger“ ist sie nun aber wieder in eigener Sache am Start – und das mit einem brillanten Album, das insbesondere für Kenner und Fans der Materie keinerlei Wünsche offen lässt.

Ullrich Maurer (Info) (Review 2726x gelesen, veröffentlicht am )

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  • 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
  • 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
  • 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
  • 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
  • 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
  • 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
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Wertung: 13 von 15 Punkten [?]
13 Punkte
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Tracklist:
  • No Thirds
  • Summer
  • Dominoes
  • Looking For The Sun
  • The Guest
  • Don't Dissapear
  • The Dream
  • Untame The Tiger
  • Not The Only One

Besetzung:

Alle Reviews dieser Band:

Interviews:
  • keine Interviews
Kommentare
Waido
gepostet am: 08.03.2024

User-Wertung:
15 Punkte

So was schönes habe ich schon lange nicht mehr gehört :) Wunderbar
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