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Jenny Owen Youngs: Avalanche (Review)

Artist:

Jenny Owen Youngs

Jenny Owen Youngs: Avalanche
Album:

Avalanche

Medium: CD/LP/Download
Stil:

Folk, Americana, Singer/Songwriter

Label: Yep Roc Records
Spieldauer: 38:33
Erschienen: 22.09.2023
Website: [Link]

Wenn Melancholie einen weiblichen Musikernamen erhalten sollte, dann wäre der zurzeit JENNY OWEN YOUNGS. Denn ihr Debüt-Album „Avalanche“, für das sie sich über ein Jahrzehnt Zeit ließ, dreht sich um jede Menge Verluste und das Widerstehen, und darum, die dadurch entstandenen Schmerzen irgendwie zu verarbeiten. Ihre Songs erscheinen wahrhaft schmerzhaft, aber trotzdem schön und entspannend zugleich, selbst wenn sie den Hörer in die traurigsten Abgründe einer Musikerinnen-Seele zu entführen scheinen, in der man einfach beim Hören mittrauern muss, so wohnt ihnen doch mitunter ein Hang zum Pop und einschmeichelnden Melodien inne. Oder um es mit ein paar Zeilen ihres Songs „Next Time Around“, der die LP-B-Seite eröffnet, auszudrücken: „But oh, when I fall, I fall good and I fall hard / Can't tell between what I need and what I want // Goodbye sunshine...“

Schon der Albumtitel – übersetzt 'Lawine' – weist darauf hin, dass einen mitunter im übertragenen wie konkreten Sinne gewisse Dinge einer Lawine gleich überrollen und unter sich begraben, sodass mit dem gleichnamigen Song auch ein idealer Start ins Album gefunden wird, selbst wenn der Titel mehr verspricht als er am Ende halten kann.

So gesehen ist es nun an der Zeit, sich entweder aus eigener Kraft zu befreien, oder auf einen Helfer von außen zu hoffen oder sich widerstandslos seinem Schicksal, unter einer Lawine begraben zu sein, zu ergeben. Fast jeder Song auf „Avalanche“ entwickelt thematisch eine dieser Perspektiven und ist auf der Suche, nach einer Lösung, egal, ob es sich um das Scheitern einer Ehe, den allgemeinen Herzschmerz, die Angst vor Verlusten oder die trotzdem immer im Verborgenen lauernde Hoffnung auf eine neue Liebe und ein neues Glück ist. Youngs stellt selber dazu klar: „Eine Lawine ist eine extreme Kraft, sie kann großen Schaden anrichten, und wenn sie vorbei ist, kann man sicher sein, dass die Dinge anders sein werden als vorher. Als es an der Zeit war, dem Album einen Namen zu geben, bot sich der Song als Titeltrack an, denn das verbindende Thema dieser Reihe von Songs ist für mich die Idee von der Zerstörung zur Wiederherstellung zu gelangen, durch den Schmerz zu reisen.“
Darum klingt dann beispielsweise der Song „It's Later Than You Think“ wie eine Warnung und Aufforderung zugleich: „The sun was high until I blinked / Look up, it's later than you think“.

Allerdings überrollt einen die Musik hinter „Avalanche“ nicht wie eine Lawine, sondern mit spärlich eingesetzter Akustik, die den melancholischen Aspekt hinter den Songs verstärkt und dabei mal auf Klavier und/oder akustischen Gitarre, aber nur selten Schlagzeug (das eher wie der still-rhythmische Begleiter als der druckvolle Vorreiter klingt) oder elektrifizierte Instrumente setzt.
Das hat zur Folge, dass sich auf die Dauer etwas Eintönigkeit einschleicht und neben Songs, die ins Ohr gehen, auch mehrere kaum etwas darin hinterlassen. Selbst Youngs anfangs als angenehm empfundene Stimme hat (noch) nicht das dauerhaft variable Potenzial, sich durch den einen oder anderen weinerlichen Moment wirklich eine tiefgründige Stellung im Canon der weiblichen Vorzeigestimmen zu sichern. Hier darf vordergründig im Americana-Country-Style geträumt werden, als dass einen klangvolle Lawinen überrollen und unter sich begraben – und die Grundtraurigkeit der meisten Texte trägt ein Übriges dazu bei.

FAZIT: „Avalanche“ von JENNY OWEN YOUNGS erscheint als limitierte LP-Version (im Gatefoldcover plus Textblatt-Einleger) auf violettem Vinyl, welches die traurige Grundstimmung dieser Folk-Americana-Traumklangwelten mit Hang zum Country sowie oft bedrückendem textlichen Hintergrund nur zu gut widerspiegelt. Und auch wenn der Albumtitel eine Lawine ankündigt, so geht diese ein wenig hinter der melancholischen Grundstimmung von „Avalanche“, dem Debüt der renommierten Songwriterin aus dem amerikanischen Maine, unter, wobei wir der Musikerin mit ihrer Einschätzung des Albums nicht ganz zustimmen können: „Es gibt eine Menge Herzschmerz und Enttäuschung in dieser Musik, aber letztendlich weicht sie der Aufregung und dem Versprechen, dem unglaublichen, unermesslichen Glück, sich zu verlieben und sich selbst wiederzufinden. Diese Songs durchlaufen das gesamte emotionale Spektrum.“ In Ordnung! Aber etwas mehr Aufregung hätte „Avalanche“ sehr gut getan, so überwiegt mitunter die Enttäuschung.

Thoralf Koß - Chefredakteur (Info) (Review 1852x gelesen, veröffentlicht am )

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Tracklist:
  • Seite A (20:53):
  • Avalanche
  • Knife Went In
  • Goldenrod
  • Everglades
  • Bury Me Slowly
  • Seite B (17:40):
  • Next Time Around
  • It's Later Than You Think
  • Salt
  • Set It On Fire
  • Now Comes The Mystery

Besetzung:

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