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Colosseum: Tomorrow's Blues (Review)

Artist:

Colosseum

Colosseum: Tomorrow's Blues
Album:

Tomorrow's Blues

Medium: CD
Stil:

Progressiver Jazz-Blues-Rock

Label: Repertoire Records
Spieldauer: 53:13
Erschienen: 29.04.2022
Website: [Link]

Eigentlich lief gerade alles wieder so gut an für COLOSSEUM.
Niemand hatte mehr erwartet, dass die in den Siebzigern längst zur Legende aufgestiegene britische Prog-Jazz-Blues-Rock-Band, die sich noch dazu mit ihrer Live-Doppel-LP in die Ruhmeshalle der besten Live-LP's aller Zeiten katapultiert hatte, in den 90ern wieder zurück ins Studio und auf die Bühne kehren würden. Doch das kolossale Musik-COLOSSEUM überraschte die Welt und tauchte völlig überraschend 1994 wiedervereint live zu mehreren gigantischen Reunion-Konzerten und dann sogar im Studio, um völlig neue Songs aufzunehmen, wieder auf.
Das erste Ergebnis ihrer Studio-Bemühungen war „Bread & Circuses“, zwar noch ein wenig durchwachsen, aber durchaus für alle wiedererwachten Fans lohnenswert, denn „Bread & Circuses“ war im Jahr 1994 das erste COLOSSEUM-Album im Rahmen ihrer Reunion-Ära, das bei den 'alten' Fans viele Erwartungen weckte, welche trotz hochgradiger Superbesetzung die progressiven britischen Jazz-Blues-Rocker nicht gänzlich erfüllen konnten. Natürlich war das unverkennbar COLOSSEUM, aber eben nicht mehr die sich auf komplexe Longtracks und Suiten einlassenden Musiker, sondern mehr den kürzeren und melodiöseren Songs den Vorrang einräumten. Trotzdem aber blieben sie sich treu und nach wie vor unverkennbar COLOSSEUM mit flotten Saxophon-Einlagen und fetten Hammondorgeleien sowie der unverkennbaren Stimme von Chris Farlowe.

In jedem Falle also wurden große Erwartungen an COLOSSEUM nach diesem Studio-Album geweckt – doch dann kam der Sensemann vorbei, um dieser Band, die sich maßgeblich auch über das ekstatische Saxophon-Spiel von DICK HECKSTALL-SMITH definierte, einen schweren Schlag zuzufügen. Heckstall-Smith – so erfuhr man – kämpfte zu dieser Zeit schon 18 Monate gegen eine fiese Krankheit. Diesen Kampf sollte er nach „Bread & Circuses“ und während „Tomorrow's Blues" verlieren, obwohl bereits das bluesige Studio-Album mit ihm in Arbeit war. Doch in diesem Moment trat ein wenig das Schicksal und ganz intensiv das Eheglück von JON HISEMAN und BARBARA THOMPSON, der wohl berühmtesten weiblichen Saxophonspielerin der Welt, auf den Plan. Denn auch wenn Heckstall-Smith live nicht mehr das aufführen konnte, was er bereits im Studio für das Album eingespielt hatte, so konnte seinen Part doch die Ehefrau von Hiseman übernehmen, selbst wenn sie noch nicht als festes COLOSSEUM-Mitglied gehandelt wurde. Das geschah erst ein COLOSSEUM-Album später.

Der Titel des Albums verrät dem Hörer bereits, dass sich COLOSSEUM auf „Tomorrow's Blues” verstärkt den bluesigen Klängen zuwenden, anstatt mit Longtracks wie von ihren früheren Alben ein exzessives Jazz-Rock-Prog-Feuerwerk zu entfachen. Unter diesem Aspekt sollte man unbedingt auch an das Album herangehen, denn wer die früheren Großtaten aus der Vergangenheit erwartet, wird größtenteils enttäuscht sein.
Wer allerdings ähnlich wie der Schauspieler Charly Hübner, der zugleich begeisterter Musikfan ist, den Blues als das ansieht, 'wo alles landet, Dur und Moll aufeinandertreffen, eben alles, was das Leben so in sich trägt', der ist auf „Tomorrow's Blues“ genau richtig. Verstärkt wird dieser Eindruck zudem durch den bereits erwähnten Tod des COLOSSEUM-Saxophonisten. Keine Musikrichtung kann diese Trauer besser als der Blues verarbeiten, die in den letzten Zeilen des letzten Album-Songs von Dave Greenslade „No Demons“ besonders zutage tritt: „Day turns into night, night into day / Always the way now / Heat cools down to cold, young towards old / Always the way“. Und gehen wir davon aus, dass Heckstall-Smith zu diesem Zeitpunkt bereits wusste, dass er nicht mehr lange zu leben hatte, war genau das die ideale Musikform für seinen Abgang.

Nun stelle man sich dazu noch die charismatische, raue Stimme von CHRIS FARLOWE vor, dann darf man gerne begeistert sein, selbst wenn einem die alten Zeiten von COLOSSEUM nicht auf jedem Ton des Albums begegnen, sind sie natürlich immer wieder erkennbar, wie bei den umfangreichen Hammond-Orgel- und Piano-Passagen von DAVE GREENSLADE („The Net Man“) und einem absolut beeindruckenden Gitarrespiel durch CLEM CLEMPSON, das oftmals Erinnerungen an ERIC CLAPTON („In The Heat Of The Night“) weckt. Und natürlich die bis hierhin, nunmehr aber zum letzten Mal, durch Saxophonisten HECKSTALL-SMITH („Hard Times Rising“) gesetzten Band-Trademarks.

Dazu kommt noch bei „Come Right Back“ und „Take The Dark Times With The Sun“ durch fette Bläsereinlagen ein echtes Soul-Feeling auf, das einen beispielsweise an CHICAGO erinnert – und wer sowas drauf hat, der gehört wirklich bereits zum Rock-Olymp, in dem sich eben auch Blues und Soul tümmeln.

Dass Repertoire Records nunmehr dieses 2003er-Album unter seine Fittiche genommen und in einem feinen Digipak samt umfangreichem Booklet verewigt hat, ist ein weiterer Beweis dafür, dass auch heutzutage echte musikalische Großtaten aus der Vergangenheit nicht in Vergessenheit geraten – und wer dieses Album noch nicht für sich entdeckt hat, der sollte dies spätestens mit dieser Repertoire-Neuauflage nachholen. Übrigens auch für alle Blues-Fans geeignet, die bisher nicht all zu viel mit COLLOSSEUM anfangen konnten.

So bleibt auch für „Tomorrow's Blues“ nur ein FAZIT:
Also – COLOSSEUM bleibt COLOSSEUM, auch wenn sie auf ihrem letzten gemeinsamen Album mit ihrem kurz darauf verstorbenen Saxophonisten DICK HECKSTALL-SMITH eben vordergründig den Blues haben. Auch der steht ihnen gut zu Gesicht, wie sie es unzweifelhaft in dem, dem Album seinen Titel gebenden, Eröffnungssong festmachen: „Welcome to Tomorrow's Blues / Living through Tomorrow's Blues“.

Thoralf Koß - Chefredakteur (Info) (Review 4251x gelesen, veröffentlicht am )

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Tracklist:
  • Tomorrow's Blues
  • Come Right Back
  • In The Heat Of The Night
  • Hard Times Rising
  • Arena In The Sun
  • Thief In The Night
  • Take The Dark Times With The Sun
  • The Net Man
  • Leisure Complex Blues
  • No Demons

Besetzung:

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