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Kaipa: Solo (1978) Remaster (Review)

Artist:

Kaipa

Kaipa: Solo (1978) Remaster
Album:

Solo (1978) Remaster

Medium: CD
Stil:

Progressive Rock

Label: Tempus Fugit / SPV
Spieldauer: 50:31
Erschienen: 29.01.2016
Website: [Link]

In meiner Kritik zum letzten KAIPA-Album der „neuen Generation“ aus dem Jahr 2014 stellte ich in meinem enttäuschten Fazit fest: „Ein neues Album von KAIPA! Na und?!“ Außerdem wählte ich noch bei der Stilistik „Prog nach altbewährtem Konzept“. „Sattyg“ war für mich seiner Austauschbarkeit wegen eine Enttäuschung, doch was jetzt folgt, das ist eine Überraschung. Eine aus längst vergangenen Zeiten!

Tempus Fugit starten ihre große Remaster-Initiative, bei der nicht nur alle alten, seit 1975 entstandenen KAIPA-Alben als liebevoll remasterte Versionen neu aufgelegt und mit einem dicken Booklet samt der Entstehungsgeschichte zum Album und allen Texten versehen sind, sondern mit „Händer“ (1980) und „Nattdjurstid“ (1982) werden zusätzlich zwei bisher noch nie auf CD erschienene KAIPA-Alben veröffentlicht. Ein wahres Freudenfest für alle KAIPA- und FLOWER KINGS-Fans, denn jeder Blumenkönig-Freund weiß natürlich, dass ein ROINE STOLT mit KAIPA seine ersten progressiven Kinderschritte tat, die damals schon gehörig beeindruckende Spuren hinterließen!

„Solo“ jedenfalls war 1978 das schwere dritte Album nach den zwei hochgelobten Vorgängern „Kaipa“ (1975) und „Inget Nytt Under Solen“ (1976). Und wie kaum anders zu erwarten, schlug dieses mit dem süßen „Kinderbuch“-Cover versehene Album bei vielen Prog-Leidenschaftlern nicht wie eine Bombe, sondern eher wie ein Blindgänger ein. Es fehlte ein richtiger „Longtrack“, was für viele schon einer Todsünde gleichkam und größtenteils steuerte der noch blutjunge, einundzwanzigjährige Stolt die kurzen Kompositionen bei, die sich stärker dem modernen 78er Zeitgeist anpassten als sich in progressiver Komplexität auszutoben. Es schien sogar so, dass HANS LUNDIN mit dieser Ausrichtung nicht wirklich zufrieden war, da er im Vorfeld an einem weiteren Longtrack arbeitete, der aber seiner Unfertigkeit wegen vorerst fallen gelassen wurde. Vielleicht hätte mich das alles auch ziemlich genervt, wenn ich nur die Entwicklung der beiden Vorgänger im Vergleich zu „Solo“ in Aug‘ und Ohr hätte. Aber aus heutiger Sicht, also 38 Jahre später, ist „Solo“ eben doch ein wirklich gelungenes Prog-Album seiner Zeit geworden. Vielleicht liegt es ja auch an dem hervorragenden Remaster von Martin Igelström, das im Vergleich zur ursprünglichen Aufnahme bzw. der Musea-Ausgabe von 1994 uns ein gänzlich neues, kristallklares mit herrlichen Stereo-Effekten versehenes Klangerlebnis vermittelt.

Und endlich weiß ich auch, dass man das schwedische „Igelkotts“ nicht etwa mit Igel-Kotze, sondern nur als Igel übersetzt. Eine wahre Erkenntnis neben dieser progressiv begeisternden musikalischen Unterhaltung.

Na und! „Solo“ klingt eben nicht wie seine Vorgänger. Das ist zugleich echte Stärke. Die geringfügige Schwäche allerdings liegt darin, dass es die hochgradig progressive Meisterleistungen der 75er- bzw. 76er-Werke nicht ganz erreicht, obwohl es trotzdem locker auf Prog-Tuchfühlung bleibt, sich aber stärker auch Pop-Melodik öffnet. Nichts desto trotz oder gerade deshalb bedeutete „Solo“ für KAIPA in Schweden der endgültige Durchbruch zur „Super-Group“, denn innerhalb kürzester Zeit waren 10.000 Exemplare davon ver- und die KAIPA-Konzerte ausverkauft.

Ganz dem einem Bilderbuch ähnlichen Cover-Bild folgend, beginnt „Solo“ mit einem spitzbübischen Lachen und „Kindermusik“, die in den ersten Sekunden nach Spielzeug-Keyboard klingt, bis diese Sounds mit einem Schlag von fetten Keyboard-Bombast und druckvoller E-Gitarre dominiert werden, dann steigen Schlagzeug und Bass ein, ohne aber jemals das „Kinder“-Thema zu verlassen. Eine herrliche instrumentale Einführung! Bei dem folgenden, wie alle weiteren Titel in schwedischer Sprache gesungenen, „Sen Repris“ erweckt Komponist ROINE STOLT den Eindruck, während seines musikalischen Brainstormings viel QUEEN und CAMEL gehört zu haben. Dieser Eindruck lässt auch bis zum Ende von „Solo“ kaum nach, so lange Herr Stolt den Kompositionsgriffel schwingt, was er immerhin bei sieben der elf Stücke tut, die sich irgendwo zwischen Prog und Pop einzurichten versuchen.

Später wird dann auf dem Album beim nächsten Instrumental „Frog Funk“ - ein hervorragend passender Titel, der wie Frosch trifft auf Storch daherkommt - auch gerülpst und geschnarcht, gezwitschert, seltsam geflötet und vieles mehr. Hier scheint unser späterer Blumenkönig Stolt noch gehörig in seinen Kindheitserinnerungen zu schwelgen - ähnlich wie es bereits ROGER WATERS gemeinsam mit RON GEESIN auf „Music From The Body“ tat.

Danach aber wird hintereinander mit vier fast episch daherkommenden Ludin-Kompositionen die recht ruhige, symphonische Klangtür auf „Solo“ geöffnet. Schwirrende Synthis, zart schwebende Keyboardflächen, aber auch wieder ein paar „Queen“-Gitarren und fast zärtlicher Gesang prägen „Visa I Sommaren“, während bei „Tajgan“ akustische Piano-Passagen zu einer erhabenen Melodie ergänzt werden. Eine wundervoll klingende „Taiga“ eben, die sich mehr und mehr erhebt und ihren Höhepunkt in einem GILMOUR-Gitarrenpart findet.
Hinter dieser Aufnahme verbirgt sich zugleich noch eine kurze Anekdote. Denn Stolt wollte unbedingt, dass auf „Solo“ endlich auch mal ein echtes Mellotron zum Einsatz kommt. Ludin bemühte sich darum, Stolts Wunsch zu erfüllen, konnte aber nur ein Mellotron besorgen, welches in miserablem Zustand war. So versuchte man, es trotzdem bei den Aufnahmen einzusetzen - und nach dem ersten Einsatz auf „Tajgan“ ging es endgültig den Bach runter. Dafür erhielt aber gerade dieser Titel eine außergewöhnliche Klangfarbe, die aus „Solo“ hörbar hervorsticht.
„Respektera Min Värld“ nimmt dann noch deutlicher an Fahrt auf und wildert im ELP-Umfeld bis „En Igelkotts Död“ das traurige, wieder rein instrumentale, floydianische und camellastige Ende des insgesamt 17minütigen Ludin-“Solo“-Anteils einleitet!

LUDIN scheint offensichtlich ein Konzept zu verfolgen, das von der anfänglichen Schönheit der Natur (Die Sommerluft / Die Taiga) und ihrer langsam, aber sicher vorangetriebenen Zerstörung (Respektiere meine Welt / Der Tod eines Igels) spricht. Eigentlich war das wohl auch das konzeptionelle Vorhaben Ludins für „Solo“ gewesen, der dann aber durch die vielen bereits vorhandenen Stolt-Kompositionen umgestimmt bzw. überstimmt (Oder vielleicht sogar überrannt?) wurde. Wer also seinen Longtrack verzweifelt sucht, findet in gewissermaßen in diesen vier aufeinanderfolgenden Ludin-Kompositionen.

Selbstverständlich übernimmt dann bei den letzten beiden Stolt-Kompositionen wieder Stolts Gitarre die Federführung und sogar ein schönes, leider viel zu kurzes Schlagzeug-Solo erwartet uns, das sich dann mit dem in diesen Momenten „härtesten“ Gesang duelliert. Da braucht es keine Erklärung mehr für den Titel „Völlige Verwirrung“! Ein typischer Prog-Song seiner Zeit (1978), der mit einer gehörigen Portion GENESIS endet und aus unerklärlichen Gründen am Ende ausgeblendet wird, weswegen ich hier mein ...

FAZIT einblende...,

weil auch der letzte Song wieder eine ganz ähnliche GENESIS-Atmosphäre verbreitet, aber auch an so einige Ost-Prog-Bands dieser Zeit, wie SBB, OMEGA, BLUE bzw. M(ODRY) EFFECT oder EAST erinnert. Vielleicht passen diese Vergleiche sogar noch besser zu „Solo“, weil diesem Album auch der große Verdienst zufällt, sich nicht vom (überflüssigen) Modus Operandi überrumpeln zu lassen, dass „echter“ Prog nur auf englisch funktioniert.
„Solo“ ist das beste Beispiel für die Unhaltbarkeit solch intoleranter Aussage.

Thoralf Koß - Chefredakteur (Info) (Review 5808x gelesen, veröffentlicht am )

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Tracklist:
  • Den Skrattande Grevinnan (The Laughing Countess)
  • Sen Repris (Late Reprise)
  • Flytet (The Flow)
  • Anar Dig (Sensing You)
  • Frog Funk
  • Visa I Sommaren (A Summer Air)
  • Tajgan (The Taiga)
  • Respektera Min Värld (Show To Respect To My World)
  • En Igelkotts Död (Death Of A Hedgehog)
  • Total Förvirring (Total Confusion)
  • Sist Pa Plan (Last Man Standing)

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