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Der Blutharsch And The Infinite Church Of The Leading Hand: The Cosmic Trigger (Review)

Artist:

Der Blutharsch And The Infinite Church Of The Leading Hand

Der Blutharsch And The Infinite Church Of The Leading Hand: The Cosmic Trigger
Album:

The Cosmic Trigger

Medium: CD/LP+CD
Stil:

Military Pop für psychedelisch angehauchte, bunte Pimmel

Label: Eigenvertrieb
Spieldauer: 59:02
Erschienen: 23.09.2013
Website: [Link]

Schwänze!
Pimmel!
Pullermänner!
Piephahne!
Lustlatten!
Phallusse!
Und das alles aus Holz – schön bunt angemalt.
Wohin man auch sieht, wer sich auf das aktuelle Album der Wiener Band DER BLUTHARSCH einlässt, kommt nicht umhin, über erigierte Holzlatten in Form eines männlichen Gliedes zu stolpern, die zum Glück eins aber nicht können: Ejakulieren! Doch treibt uns die Musik von „The Cosmic Trigger“ als neue Art von Musik-Viagra vielleicht sogar dazu, vor lauter Glück „abzuspritzen“?

„Uniforms are always changing, Rock'n'Roll will stay forever!“, ist unter dem Holz-Schwanz-Foto auf Blutharschs Homepage zu lesen. Ein lustiges „Stay“-Wortspiel und der Hinweis darauf, dass, so finster DER BLUTHARSCH, nunmehr ergänzt durch die UNENDLICHE KIRCHE DER FÜHRENDEN HAND, vom Bandnamen und auch von der Musik her klingen mögen, sie trotzdem eine gehörige Portion Humor mit der Muttermilch aufgesaugt haben. Aber auch darauf, dass ihre Leidenschaft für Militarismus und Uniformen jeglicher Art noch nicht versiegt ist.

Darum darf auch weiterhin der zwiespältigen Vergangenheit der Österreicher wegen fleißig gestritten werden, denen seit ihrem Bestehen 1997, besonders wegen ihrer äußeren Erscheinung in naziähnlichen Uniformen und mit Nazi-Symbolik, nicht ganz zu unrecht ein deutlicher Neonazi-Hang unterstellt wird, obwohl der Kopf der Band ALBIN SUNLIGHT JULIUS eindeutig in einem Interview klarstellt: „Ich habe ja nicht nur Zeichen des Dritten Reiches verwendet, sondern eine gewisse Ästhetik, die mir persönlich sehr gut gefällt. Das Cover der 'When all else fails!' z.B. ist ein Detail eines Russischen Antinaziplakates. Das Cover der 'Der Gott der Eisen wachsen ließ!' ist ein Relief an einem sozialistischen Gemeindebau in Wien aus den 60er Jahren, das ich zufällig gefunden habe... Es war einfach mal an der Zeit, 'Schluss damit!' zu sagen, da ich ja nie Neonazi war, sein wollte und sein möchte... und die dauernden Verleumdungen gehen mir halt irgendwann auf den Geist.“

Überhaupt ist es doch eine grandiose Entwicklung von irgendwelchem Nazi-Quark hin zu Holz-Schwänzen. Gleiches gilt auch für die Musik von Blutharsch, die in ihren Anfangstagen noch als „Military Pop“ bezeichnet wurde und einer wahllosen Aneinanderreihung von Marschmusik, Industrial-Klängen, Neo-Folk und elektronischen Samples glich. Nun aber haben wir es auf „The Cosmic Trigger“ mit einer Mischung aus Psychedelic-, Kraut- und Space-Rock zu tun, der wiederum viele Samples enthält und eine im Gothic angesiedelte düstere Grundstimmung widerspiegelt. Schwere Orgeln, wummernde Bässe und Synthesizer-Flächen sind deutlich wichtiger als krachende Gitarren oder treibende Techno- und Schlagzeug-Rhythmen. So überzeugt einen auch die Aussage von A.S. Julius, dass er schon immer PINK FLOYD als seine absoluten Helden ansah und „The Piper At The Gates Of Dawn“ zu seinen absoluten Lieblingsalben gehört.

Allerdings ist auch unverkennbar, dass Albin Sunlight Julius vor seinem derzeitigen Bandprojekt bereits bei DEATH IN JUNE und :WUMPSCUT: mitwirkte. Genauso wie wohl alle Freunde der Musik von PRINTED AT BISMARCKS DAETH oder natürlich LAIBACH auf dieses farbenfrohe Holzlatten-Album stehen werden. Sehr ärgerlich ist jedoch, dass angeblich jedes Blutharsch-Album aus purer Absicht immer in dumpfer Klangqualität aufgenommen wird. Was dieser Schwachsinn soll, ist mir schleierhaft, denn der Klang von „The Cosmic Trigger“ ist wie die Musik insgesamt am Ende doch ziemlich gruselig.

Von „The Cosmic Trigger, dem ersten Song, bis „Flying Through The Exit“, dem letzten Song, ergießen sich psychedelisch wabernde Klanglandschaften über den Hörer, die einem, wenn man sie unmittelbar vor dem Einschlafen hörte, garantiert einen gepfefferten Albtraum verpassen würden, in dem einem hölzerne Schwänze in einer Folterkammer das Gruseln lehren, ganz ähnlich wie beim „Third Reich'N'Roll“ der RESIDENTS, in welchem allerdings irgendwelche Ku-Klux-Klan-Typen die Schwanzrolle übernehmen. Diese Stimmungen werden immer wieder durch interessante Basslinien, sphärenhafte Gesänge oder, wie bei „Walking In Straight Lines“, orientalische Klänge gebrochen, die allerdings auch mal durch sägende Gitarrenläufe oder bombastische Electronics knallhart in die Post-Rock-Ecke verdammt werden. Manchmal glaubt der Hörer sogar ein wenig Hit-Potenzial in solchen Songs wie „Follow Us Instead“ oder „Sacred Mountain“ zu entdecken, welches allerdings durch den dumpfen Sound regelrecht im Keim erstickt wird.

Und ein weiterer Fakt scheint von immenser Bedeutung zu sein, der dafür verantwortlich ist, dass „The Cosmic Trigger“ musikalisch sich einer völlig neuen, ungewöhnlichen Innenwelt und Natürlichkeit zuwendet, statt mit brachialen Rhythmen dem „Military-Pop“ zu huldigen. „Sobald du aus der Stadt weg bist, bekommen einfach ganz andere Dinge eine Gewichtung im Leben, Dinge die vorher wichtig erschienen, sind auf einmal total unbedeutend. Die Demut gegenüber der Natur ist enorm gestiegen. Ich habe mich selber nie wichtig genommen, aber seitdem ich im Wald wohne, habe ich verstanden, wie unbedeutend die Menschheit eigentlich ist.“ Weise Worte von Herrn Julius, die er als Erkenntnis aus seinem Umzug von der Stadt in den Wald von sich gab und die mit ein bisschen Anstrengung auf „The Cosmic Trigger“ tatsächlich auch zu hören sind. „Fuck The Industrial – Back To The Nature!“

FAZIT: Der Blutharsch macht seinem Namen alle Ehre: düster, morbide, beängstigend und etwas pervers – aber auch auf der Suche nach Natürlichkeit und innerer Ruhe. Genauso sollte wohl auch Musik klingen, die mit Hilfe von The Infinite Church Of The Leading Hand im Jahr 13 des bunten Holzschwanzes den bevorstehenden Weltuntergang ankündigt, während in der Ferne die rettende Arche Noah langsam den Anker lichtet. „Cosmic Trigger – bitte übernehmen!“

Thoralf Koß - Chefredakteur (Info) (Review 4622x gelesen, veröffentlicht am )

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Wertung: 8 von 15 Punkten [?]
8 Punkte
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Tracklist:
  • The Cosmic Trigger
  • Sacred Mountain
  • Cosmic Trigger mk2
  • Zero
  • A Terrible Place
  • Hold On!
  • Desire
  • Walking In Straight Lines
  • Hopeless
  • Follow Us Instead
  • Flying Through The Exit

Besetzung:

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