Musikreviews.de bei Facebook Musikreviews.de bei Twitter

Partner

Statistiken

Godspeed You! Black Emperor: 'Allelujah! Don’t Bend! Ascend! (Review)

Artist:

Godspeed You! Black Emperor

Godspeed You! Black Emperor: 'Allelujah! Don’t Bend! Ascend!
Album:

'Allelujah! Don’t Bend! Ascend!

Medium: CD
Stil:

Post Rock / Drone

Label: Constellation / Cargo
Spieldauer: 53:08
Erschienen: 19.10.2012
Website: [Link]

Mit dem Comeback und vierten Album (okay, die EP wäre anderen Bands auch als Longplayer durchgegangen) der kanadischen Mitinitiatoren des Post Rock steht wieder einmal ein Gesamtkunstwerk auf dem Programm, das vom musikalischen Standpunkt aus betrachtet gleichermaßen improvisiert wie kalkuliert wirkt: vier Stücke, je zweimal zwanzig Minuten lang und kompakt, aber dafür eher geräuschvoll statt Song – aber in Künstlerkreisen ist das schlichte Lied wohl weitgehend verpönt, wie wir alles wissen.

Es beginnt mit einem Sample. Danach verwandelt eine nahöstliche Geigen-Einleitung den Opener „Mladic“ zu einem Bass-Drone. Verstimmte Gitarrensounds gesellen sich hinzu, das eingedenk der gestrichenen Töne dissonante Klangbild schwillt an und ab, bevor sich ein eigentlicher Rhythmus monotoner Art herausschält. Das Trommeln mutet umso ritueller an, sobald es durch verzerrte Gitarren angereichert wird. Siebeneinhalb Minuten, und man darf von einem Beat nebst melodischem, gleichwohl schroffem Hauptmotiv sprechen, während hinter der Kulisse ein undurchdringlicher Klangsturm (Keyboards? Bässe?) wütet. Gegenläufige Melodien verdichten den Sound zusätzlich, die Rhythmusgruppe lässt sich von Feedbacks aus der Ruhe bringen, und gewinnt wieder die Oberhand, um einen epischen Endspurt einzuläuten. Nach kurzer Stille heben GY!BE zu einem entrückten, allerdings vorhersehbaren Finale an … wo der Hase im Pfeffer liegt.

So spektakulär Ensembles von großfamiliären Dimensionen einmal waren, sind sie heute beinahe zum Klischee verkommen, gerade aus Kanada (siehe BROKEN SOCIAL SCENE) oder Québec im Speziellen, und wenn ein Titel heuer „Their Helicopters Sing“ heißt, weiß man fast, was zu erwarten steht: ein dröhnender Sinus mit subtil enervierendem Geigenspiel im Hintergrund. Das eignet sich über sechs Minuten hinweg trefflich zum Einlullen und dürfte live eine intensive Erfahrung bescheren, zumal die überlagerten Streichersounds irgendwann nach Dudelsack klingen, aber ernsthaft wiederholt und mit Wonne hören? Dazu muss man sicherlich Hipster sein oder zu den Nerds gehören, die sich darüber streiten, wo denn jetzt das Ausrufezeichen im Bandnamen zu stehen hat. „Strung Like Lights At Thee Printemps Erable“ klingt bei gleicher Länge am Ende tatsächlich wie ein unerhebliches Outro, das als summende, brummende Redundanz gewaltig auf den Geist geht. Braucht man nicht.

„We Drift Like Worried Fire“ – das Wir-Gefühl des Kollektivs und seines Publikums sucht seinesgleichen, seine Musik würde andernfalls vermutlich kaum funktionieren – fängt vor lang angehaltenen Kontrabass-Tönen als pittoreske Tonstudio voller angedeuteter Melodien an. Eine einzige rettet sich übers Intro hinweg zum schreitenden, dann dank der federführenden Geige wiegenden Hauptteil mit Glockenspiel und toll „akustisch“ klingendem Schlagzeug. Dann wird es wieder typisch: Post-ige Schrammel-Gitarren zersägen das Ausgangsmaterial nicht, sondern rauen es an und wuchten es in kühle Höhen, wo die Nase am Nordwind riecht und der Klos durch die Speiseröhre nach oben wandert. Sind die ersten zehn Minuten allein den Kauf dieses Albums wert, schwenkt der Track danach ins Finstere um: Unheilvoll aggressiv gespielte Geige, ein stetig steigendes Tempo und schreiende Gitarren richten die Nackenhaare auf, doch damit man am Ende nicht von Rock im herkömmlichen Sinn sprechen kann, zerfleddern GY!BE zum Ende hin ins Beinahe-Chaos. Wie gesagt: ist schließlich Kunst, das.

FAZIT: Würde man alle zwingenden Momente von GODSPEED YOU! BLACK EMPERORs Alben zu einem einzigen Langspieler eindampfen, wäre dieser als Space Rock (um mal einen konservativen Terminus zu bemühen) unschlagbar. So bleibt die Truppe auch nach ihrer Wiederkehr zwiespältig und speist sich – sind wir ehrlich – zu gleichen Teilen aus ihrem Ruf als Wegbereiter sowie einem – stattgegeben – in dieser Sparte kaum erreichten Gespür für Spannung beziehungsweise Dynamik. Darüber hinaus glänzt „'Allelujah! Don’t Bend! Ascend!“ (nur echt mit Apostroph am Anfang) optisch wieder in toll aufgemachten Formaten (Zwölf- und Siebenzoll-Kombinationen, hübsches Digipack), während es akustisch über weite Strecken hinweg nachgerade konservativ anmutet. Post Rock verdaut sich selbst.

Andreas Schiffmann (Info) (Review 4949x gelesen, veröffentlicht am )

Unser Wertungssystem:
  • 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
  • 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
  • 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
  • 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
  • 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
  • 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
[Schliessen]
Wertung: 9 von 15 Punkten [?]
9 Punkte
Kommentar schreiben
Tracklist:
  • Mladic
  • Their Helicopters Sing
  • We Drift Like Worried Fire
  • Strung Like Lights At Thee Printemps Erable

Besetzung:

Alle Reviews dieser Band:

Interviews:
  • keine Interviews
(-1 bedeutet, ich gebe keine Wertung ab)
Benachrichtige mich per Mail bei weiteren Kommentaren zu diesem Album.
Deine Mailadresse
(optional)

Hinweis: Diese Adresse wird nur für Benachrichtigungen bei neuen Kommentaren zu diesem Album benutzt. Sie wird nicht an Dritte weitergegeben und nicht veröffentlicht. Dieser Service ist jederzeit abbestellbar.

Captcha-Frage Wieviele Tage hat eine Woche?

Grob persönlich beleidigende Kommentare werden gelöscht!