Manche sehen in Metal-Bands aus den Baltikum-Staaten noch immer so etwas wie Exoten. Viele der Truppen haben diesen Status aber längst hinter sich gelassen. Die Esten METSATÖLL gehören zweifellos dazu. Seit der Gründung im Jahre 1999 haben sie drei Full-Length-Alben sowie einige Demos, Eps und DVDs (!) veröffentlicht. Das meistbeachtete Release geht auf das Jahr 2007 zurück und ist das Live-CD/DVD-Package "Curse Upon Iron", das die Band in Zusammenarbeit mit dem estischen Nationalmännerchor zum Besten gab. Jetzt haben METSATÖLL ihr viertes Studioalbum am Start, das auf den kurzen Namen "Äio" hört.

Wie auch schon bei früheren METSATÖLL-Werken, stehen die Folk-Anteile gegenüber den Metal-Parts leicht dominierend im Vordergrund. Die Esten fassen dabei traditionelle Weisen ihrer Heimat bzw. des baltischen Lebensraums auf und verarbeiten sie in den Songs. Die ungewohnte Sprache stört nicht. Im Gegenteil: estisch bringt durch seinen ganz eigenen Klang – wie auch manch skandinavische Sprache – genau die richtige Portion Hymnik und Epik mit sich. So ist es auch nicht verwunderlich, das viele der Stücke eine epische Ausrichtung haben. Durch den Einsatz von Instrumenten wie Flöten, Sackpfeifen, Maultrommel, Mandoline oder der 7-saitigen Kannel hebt sich die Musik auch von der Folk-Metal-Masse ab.

Zum Großteil gehen die Stücke gut ins Ohr. Die Melodien sind eingängig und schmeicheln den Gehörgängen. Der Sound ist nicht so heavy wie bei vielen Pagan-Bands, da METSATÖLL eben viel Wert auf die traditionelle Seite legen, doch die Balance zwischen den Folk- und den Metal-Anteilen kann man als durchaus gelungen bezeichnen. Auch bei der Songatmosphäre wird gut variiert. Manches klingt fröhlich, dann gibt es auch Stücke, die so einen typisch pathetischen Krieger-Schlachten-Touch ausstrahlen, und sogar einige nachdenkliche und düsterere Abschnitte sind zu vernehmen. An Vielfalt bei den Melodien und Arrangements fehlt es nicht.

METSATÖLL machen auf Äio vieles richtig. Doch zwei Dinge muss ich ein wenig kritisieren. Denn trotz eines durchgehend hohen Niveaus beim Songwriting fehlen die ganz großen Momente, die sich nachhaltig in des Hörers Gedächtnis einbrennen. Auch ist die Spielzeit von einer guten Stunde nicht ganz geschickt gewählt. Zwar bietet man dem potentiellen Käufer viel Musik für's Geld, aber so schleichen sich auch einige kleine Längen ein. Da wäre weniger vielleicht mehr gewesen.

FAZIT: "Äio" reiht sich in qualitativer Hinsicht zwar einwandfrei in METSATÖLLs Diskographie ein, doch bleibt den Esten der Sprung ganz nach vorne an die Spitze des Genre auch diesmal wieder verwehrt. Freunde der nicht ganz alltäglichen Folk-Metal-Klänge werden mit dem Werk aber zweifellos ihren Spaß haben.