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Interview mit The 11th Hour (29.10.2009)
Vielleicht wird 2009 als "Year of Doom" in die Geschichte eingehen: Nicht nur gab es eine ganze Menge an Veröffentlichungen dieser sonst meist eher spärlich vertretenen Spielart, es erschienen vor allem einige wirklich herausragende Alben. So ist es dann auch trotz bekannter Bandmitglieder keinesfalls selbstverständlich, dass sich THE 11TH HOUR mit ihrem Debüt "Burden Of Grief" gleich eine Spitzenposition im Doom Metal sichern, zumal die Beteiligten Ed Warby (u.a. GOREFEST, HAIL OF BULLETS, AYREON) und Rogga Johansson (u.a. DEMIURG, PAGANIZER, RIBSPREADER) eher für andere Sounds bekannt sind. Hauptkomponist Ed Warby beantwortete unsere Fragen.
Ed, zuerst einmal muss ich Dir gratulieren: Obwohl Du mit THE 11TH HOUR gerade erst debütierst, stellt "Burden Of Grief" doch bereits eine der besten Veröffentlichungen des Jahres dar. Die bisherigen Reaktionen sind durchweg sehr positiv ausgefallen, hast Du mit einem solchen Erfolg gerechnet?
Vielen Dank, ich bin wirklich glücklich mit den ganzen positiven Kritiken, die das Album bekommt! Zumindest war all die harte Arbeit nicht umsonst... Ich glaube immer sehr stark an das, was ich mache, aber man kann nie sagen, ob die Leute es mögen werden, deshalb ist es eine angenehme Überraschung, gelinde gesagt.
Du bist ja vor allem als Schlagzeuger diverser Death-Metal-Bands und natürlich durch Deine Arbeit mit AYREON bekannt. Überraschenderweise bietet nun Dein erstes eigenes Projekt reinen Doom Metal. Wie kam es dazu?
Ich mochte Doom schon immer (insbesondere CANDLEMASS, TROUBLE, PARADISE LOST, etc.), aber in einer Doom-Band Schlagzeug zu spielen hat mich nie gereizt. Deshalb kam mir diese Idee erst, nachdem ich vor einigen Jahren mit dem Gitarrespielen anfing. Ich habe viele Songs für GOREFEST und HAIL OF BULLETS komponiert, aber keine dieser Bands verwendet viele Melodien. In der Zwischenzeit hatte ich Rogga getroffen, und wir planten, zusammen ein wenig Doom zu spielen. Dazu kam es zwar letztendlich nie, aber ich hatte mich sehr mit der Idee angefreundet und begann alleine daran zu arbeiten, bis ich genug Material für ein Album zusammen hatte. Und natürlich bat ich Rogga, sich mit einzubringen.
Euer Stil klingt ziemlich einzigartig. Man kann zwar einzelne Elemente mit anderen Bands vergleichen, nicht jedoch das Endergebnis. Was waren Deiner Meinung nach wichtige Einflüsse für "Burden Of Grief"?
Ich wurde hierfür durch viele verschiedene Dinge inspiriert. An erster Stelle durch Leif Edling, den ich für einen der größten Riffmeister aller Zeiten halte. CANDLEMASS und KRUX waren ein großer Einfluss. Tatsächlich bekam ich den letzten nötigen Antrieb, dieses Projekt anzuschieben, als ich KRUX live auf dem Inferno-Festival in Norwegen sah. Diese Show hat mich auf eine ganz andere Art bewegt als Death Metal (den ich von ganzem Herzen liebe). Danach wusste ich, dass ich mich selbst wirklich aktiv in diese großartige Musik stürzen wollte. Andere Inspirationsquellen sind die Soundtracks der klassischen Horrorfilme, hauptsächlich aus Italien, die Sachen von Goblin und Frizzi. Ich liebe diese Soundtracks sehr, und es war toll, selbst mit ähnlichem Zeug herumzuspielen.
Welches sind denn Deine Lieblingsplatten aus dem Doom-Bereich?
Mein allerliebstes Doom-Album ist das zeitlose Meisterwerk "Epicus Doomicus Metallicus" von CANDLEMASS. Und ein jüngerer Favorit ist "From These Wounds" von FUNERAL, welches fast unerträglich schön ist. Ich habe das Album viele Male aufgelegt, und trotzdem lässt es mich immer noch tief im Innersten erschauern. Ich liebe auch "Icon" und "Shades Of God" von PARADISE LOST sehr. Und eine Band, die mich komplett umgehauen hat, sind VIRGIN BLACK aus Australien. Unheimlich schöne Musik, ich habe mich etwas bei der Orchestrierung für "Weep For Me" von ihnen inspirieren lassen.
Oh, und ich kann nicht abschließen, ohne den brillianten Soundtrack zu "Conan The Barbarian" von Basil Poledouris zu erwähnen, mit die kraftvollste Musik, die je komponiert wurde, meiner Ansicht nach.
THE 11TH HOUR wurden zunächst als Zusammenarbeit von Rogga Johansson und Dir präsentiert, aber es scheint fast Dein Solo-Projekt zu sein. Oder täuscht dieser Eindruck?
Nun, ich würde so weit gehen zu sagen, dass dieses Album ohne Rogga nicht existieren würde. Ich habe tatsächlich all die Musik geschrieben und selbst aufgenommen, aber er war sehr hilfreich, indem er mein Selbstvertrauen aufgebaut hat, was das Material und meinen Gesang betrifft. Es war sein Enthusiasmus, der mich angetrieben hat, er kann ziemlich ansteckend sein! Er hat auch sehr viel zu den Texten beigetragen, und die Entscheidung, über das reale Leben anstatt über Fantasy-Themen zu schreiben, kam auch teilweise durch ihn.
Wie Du gerade gesagt hast, ist "Burden Of Grief" nicht nur ein Konzeptalbum, sondern verfolgt auch einen sehr realistischen, ziemlich verstörenden Ansatz. Kannst Du etwas mehr dazu erzählen?
Ursprünglich wollte ich eher in die Gothic/Horror-Richtung gehen, aber Rogga war ganz stark dagegen. Er meinte, es würde die Musik herabsetzen. Stattdessen zeigte er mir einige Arbeiten, die er für ein anderes Projekt angefertigt hatte. Ich kann mich nicht an den exakten Inhalt erinnern, aber der Stil war brilliant; beängstigend und morbide, aber völlig realistisch. Ich begann über ein mögliches Konzept nachzudenken und ließ mich schlussendlich durch die schlimmste Tragödie meines eigenen Lebens inspirieren: den Tod meiner eigenen Eltern. Beide starben durch eine sehr brutale Lungenerkrankung, ausgelöst durch das Rauchen. Dies hat dann das restliche Konzept geprägt. Ich erdachte eine Hintergrundgeschichte über einen tödlich erkrankten Lungenpatienten, der gezwungen ist, mit bestimmten Schatten seiner Vergangenheit ins Reine zu kommen, bevor er friedlich sterben kann.
Im ersten Song bekommt er die Nachricht, dass er bald sterben muss, woraufhin er sich erstmal noch eine Zigarette anzündet: "One Last Smoke". Während "In The Silent Grave" sinniert er über sein unmittelbar bevorstehendes Ableben, und seine dunkle Seite sagt ihm, dass er nicht einmal im Grab seinen Frieden finden wird, aufgrund der Geheimnisse seiner Vergangenheit. "Origins Of Mourning" zeigt dann in einer Rückblende die vor langer Zeit geschehene Tragödie, anschließend beschreibt "Weep For Me" die Alpträume, die ihn von nun an jede Nacht quälen. In "Atonement" versucht er, eine Art Erlösung zu finden, und in "Longing For Oblivion" akzeptiert er endlich sein Schicksal.
Standen das Konzept und die Texte zuerst, oder wie verlief der Songwriting-Prozess?
Die Musik kommt bei mir immer zuerst. Normalerweise habe ich ein Thema oder eine Melodie im Kopf, die ich verwenden möchte, und wenn diese Idee gut genug ist, schreibt sich der Rest des Songs fast von alleine. Ich versuche mir immer ein bestimmtes Bild vorzustellen, etwa einen Friedhof oder ein Begräbnis oder etwas ähnliches, weil ich dazu neige, entsprechend passende Melodien zu verfassen. Zumindest versetzt es mich in die richtige Stimmung. Ich schreibe meistens spät in der Nacht, was auch dabei hilft, eine bestimmte Atmosphäre zu kreieren. Das Konzept kam erst hinzu, als der Großteil der Musik bereits fertiggestellt war, aber die Stimmung war bereits entsprechend.
Für mich ist Dein Gesang ein echter Höhepunkt des Albums. Er ist gefühlvoll, melancholisch und ausdrucksstark, und Deine Stimme klingt sehr angenehm, was meiner Ansicht nach wichtig ist, um diese Art von feierlicher Stimmung zu erzeugen. So weit ich weiß, warst Du Dir bezüglich der Vocals zunächst nicht ganz sicher.
Stimmt. Ich habe schon früher gesungen, aber meist "hinter den Kulissen", auf Preproduction-Demos und ähnlichem Zeug. Ich hatte nie vor, auf einem Album zu singen, aber Rogga mochte meinen Gesang auf dem THE-11TH-HOUR-Demo so sehr, dass er mich überzeugte, es zu probieren. Ich war immer noch nicht sicher, deshalb habe ich zwei Demos auf Myspace hochgeladen, nach dem Motto "wenn sie mich im Internet nicht zerreißen, geht es für mich in Ordnung". Sehr zu meinem Erstaunen waren die meisten Reaktion überaus positiv, und da das Konzept auch in eine sehr persönliche Richtung tendierte, beschloss ich, die klaren Vocals selbst zu übernehmen. Ich habe bemerkt, dass meine Stimme wohl das Element ist, dass die Kritiker entzweit: Einige lieben sie, andere finden sie zu sanft, zu nett... Ich bin mit dem Resultat wirklich zufrieden, und ich mag den Kontrast zwischen meinem Klagen (oder "Geheule", wie es Rogga gerne nennt) und Roggas brutalem Growling.
Nicht nur bezüglich der Vocals hast Du einen wirklich ausgeprägten Sinn für starke, große Melodien. Es gibt viele wunderschöne Gesangs- und Gitarrenmelodien und tolle Harmonien auf dem Album. So gesehen (und nicht ganz ernst gemeint): Hast Du vielleicht bisher immer in den falschen Bands gespielt?
Haha, vielleicht! Nein, ich liebe den brutalen, stampfenden Death Metal, für den ich in erster Linie bekannt bin, und ich betrachte diesen immer noch als meinen Hauptstil. Aber ich liebe auch diese Art von großen, traurigen Melodien, die ich bei THE 11TH HOUR verwende. Ich bin mir darüber im Klaren, dass diese auf einem Album von HAIL OF BULLETS oder GOREFEST völlig unpassend wirken würden, auch wenn ich dort immer mal versuche, ein paar melancholische Melodien einzuschmuggeln, um das Ganze etwas aufzupeppen. Deshalb ist es großartig, dass ich jetzt in so viel melodischem Elend schwelgen kann, wie ich möchte!
Du hast alle Instrumente auf dem Album selbst eingespielt, auch die Gitarren. War das eine neue Erfahrung für Dich?
Relativ neu. Meine Schwester hat mir vor ungefähr vier Jahren meine erste Gitarre gekauft, und ich habe mir das Spielen selbst beigebracht, so gut es ging. Ich habe sofort angefangen, Songs zu schreiben, erst vier auf dem Comeback-Album von GOREFEST, "La Muerte", dann bereits acht Stücke auf "Rise To Ruin" und weitere acht auf dem Debüt von HAIL OF BULLETS. Das Schreiben war also keine wirklich neue Sache mehr für mich, alles selbst einzuspielen schon. Ich habe ein gutes Ohr für Arrangements, das hilft auf jeden Fall, wenn man die verschiedenen Gitarren-, Bass- und Keyboard-Parts zusammenfügt.
Normalerweise kennt man Dich ja als sehr präzisen, technischen Schlagzeuger, auf "Burden Of Grief" spielst Du aber in erster Linie unheimlich songdienlich, perfekt auf die Melodien und Riffs abgestimmt. War es schwer, sich dabei in gewisser Weise zu limitieren, oder hat Dir gerade dieser Aspekt Spaß gemacht?
Ob Du es glaubst oder nicht, aber ich hatte zunächst nicht einmal vor, echte Drums zu verwenden. Ich dachte, die programmierten würden gut genug klingen, wenn wir etwas bessere Samples verwenden würden, und ich wollte nur die Gitarren und den Gesang übernehmen. Glücklicherweise hat mich Rogga überzeugt, am Ende doch echte Drums zu verwenden, und ich bin froh darüber. Es war eine ziemliche Herausforderung, die Drum-Arrangements für diese Songs zu kreieren, man kann wirklich mit einem falsch platzierten Fill oder zu vielen Bassdrum-Anschlägen die Stimmung zerstören. Aber es bereitet mir großes Vergnügen, wenn ich höre, wie dann alles zusammen klingt. Dabei kommt es nicht darauf an, ob es ein komplizierter Drum-Part wie in "Origins Of Mourning" ist oder ein einfacher Beat, wie das extrem langsame Ende von "Longing For Oblivion".
Die Produktion ist wirklich gelungen, wie und wo habt ihr das Album aufgenommen?
Das Schlagzeug habe ich in einem professionellen Studio aufgenommen (Excess, wo wir auch mit GOREFEST, HAIL OF BULLETS und AYREON aufgenommen haben). Der Rest, inklusive der Vocals, wurde zu Hause erledigt. Ich habe das Engineering und Editing komplett selbst übernommen, zum Glück habe ich in all den Jahren immer die Augen im Studio offen gehalten! Hans Pieters von den Excess Studios hat mir sehr geholfen, wenn ich mal irgendwo feststeckte. Ronnie Björnström hat den Mix in Schweden erledigt, heutzutage ist es relativ einfach, zusammen an einem Mix zu arbeiten, während man in verschiedenen Ländern ist. Ich hatte eine ziemlich klare Vorstellung davon, wie das Album klingen sollte, und Ronnie hat es meisterlich in die Realität umgesetzt.
Habt ihr vor, mit THE 11TH HOUR live aufzutreten, und in welcher Besetzung?
Wir haben tatsächlich gerade unseren ersten Gig absolviert, auf dem Dutch Doom Days Festival! Ich habe gesungen und Gitarre gespielt, zwei Dinge, von denen ich niemals gedacht hätte, dass ich sie vor einem Publikum tun würde. Aber es hat überraschend gut geklappt, und ich habe jede Sekunde genossen. Ich habe einige großartige Musiker zu meiner Unterstützung rekrutiert, unter anderem Bram und Pim von OFFICIUM TRISTE, und am Schlagzeug habe ich einen meiner besten Freunde, Dirk Bruinenberg, der mich auch damals bei ELEGY ersetzt hat. Ich denke, wir haben einen sehr guten ersten Eindruck hinterlassen. Hoffentlich können wir noch einige Festivals in dieser Art spielen, oder ein paar coole Support-Shows.
Wird daraus eventuell eine feste Band, und wirst Du THE 11TH HOUR weiterführen?
Ich bin dem hoffnungslos verfallen, mir bleibt keine andere Wahl, außer weiterzumachen! Ich habe es so genossen, ganz vorne auf der Bühne zu stehen, das macht mir ein wenig Angst, haha! Das nächste Album ist bereits teilweise geschrieben, und ich bin sogar noch mehr stolz auf diese Songs, als auf "Burden Of Grief". Es wird also definitiv noch mehr Doom in der nahen Zukunft geben. Diesmal ist es keine Story, aber es wird wieder ein Konzept sein, dass sich mit dem Tod beschäftigt, ein Gebiet, welches ich unendlich faszinierend finde. Die Texte, die wir bisher verfasst haben, sind wieder eine Mischung aus persönlichen Themen und Fiktion, was für mich eine wirklich coole Art zu schreiben ist. Und obwohl es jetzt eine komplette Band gibt, werden auf dem nächsten Album wieder nur Rogga und ich sein. Ich denke, das Material von THE 11TH HOUR ist einfach zu persönlich, um es auf eine andere Art zu machen. Ich habe Rogga versprochen, dass er diesmal ein Riff beisteuern darf, ich glaube, er arbeitet gerade daran ;-)
Vielen Dank für ein tolles Album und dieses Interview!
Ich danke Dir vielmals für Dein Interesse und die Unterstützung!
Daniel Fischer
(Info)
Ed, zuerst einmal muss ich Dir gratulieren: Obwohl Du mit THE 11TH HOUR gerade erst debütierst, stellt "Burden Of Grief" doch bereits eine der besten Veröffentlichungen des Jahres dar. Die bisherigen Reaktionen sind durchweg sehr positiv ausgefallen, hast Du mit einem solchen Erfolg gerechnet?
Vielen Dank, ich bin wirklich glücklich mit den ganzen positiven Kritiken, die das Album bekommt! Zumindest war all die harte Arbeit nicht umsonst... Ich glaube immer sehr stark an das, was ich mache, aber man kann nie sagen, ob die Leute es mögen werden, deshalb ist es eine angenehme Überraschung, gelinde gesagt.
Du bist ja vor allem als Schlagzeuger diverser Death-Metal-Bands und natürlich durch Deine Arbeit mit AYREON bekannt. Überraschenderweise bietet nun Dein erstes eigenes Projekt reinen Doom Metal. Wie kam es dazu?
Ich mochte Doom schon immer (insbesondere CANDLEMASS, TROUBLE, PARADISE LOST, etc.), aber in einer Doom-Band Schlagzeug zu spielen hat mich nie gereizt. Deshalb kam mir diese Idee erst, nachdem ich vor einigen Jahren mit dem Gitarrespielen anfing. Ich habe viele Songs für GOREFEST und HAIL OF BULLETS komponiert, aber keine dieser Bands verwendet viele Melodien. In der Zwischenzeit hatte ich Rogga getroffen, und wir planten, zusammen ein wenig Doom zu spielen. Dazu kam es zwar letztendlich nie, aber ich hatte mich sehr mit der Idee angefreundet und begann alleine daran zu arbeiten, bis ich genug Material für ein Album zusammen hatte. Und natürlich bat ich Rogga, sich mit einzubringen.
Euer Stil klingt ziemlich einzigartig. Man kann zwar einzelne Elemente mit anderen Bands vergleichen, nicht jedoch das Endergebnis. Was waren Deiner Meinung nach wichtige Einflüsse für "Burden Of Grief"?
Ich wurde hierfür durch viele verschiedene Dinge inspiriert. An erster Stelle durch Leif Edling, den ich für einen der größten Riffmeister aller Zeiten halte. CANDLEMASS und KRUX waren ein großer Einfluss. Tatsächlich bekam ich den letzten nötigen Antrieb, dieses Projekt anzuschieben, als ich KRUX live auf dem Inferno-Festival in Norwegen sah. Diese Show hat mich auf eine ganz andere Art bewegt als Death Metal (den ich von ganzem Herzen liebe). Danach wusste ich, dass ich mich selbst wirklich aktiv in diese großartige Musik stürzen wollte. Andere Inspirationsquellen sind die Soundtracks der klassischen Horrorfilme, hauptsächlich aus Italien, die Sachen von Goblin und Frizzi. Ich liebe diese Soundtracks sehr, und es war toll, selbst mit ähnlichem Zeug herumzuspielen.
Welches sind denn Deine Lieblingsplatten aus dem Doom-Bereich?
Mein allerliebstes Doom-Album ist das zeitlose Meisterwerk "Epicus Doomicus Metallicus" von CANDLEMASS. Und ein jüngerer Favorit ist "From These Wounds" von FUNERAL, welches fast unerträglich schön ist. Ich habe das Album viele Male aufgelegt, und trotzdem lässt es mich immer noch tief im Innersten erschauern. Ich liebe auch "Icon" und "Shades Of God" von PARADISE LOST sehr. Und eine Band, die mich komplett umgehauen hat, sind VIRGIN BLACK aus Australien. Unheimlich schöne Musik, ich habe mich etwas bei der Orchestrierung für "Weep For Me" von ihnen inspirieren lassen.
Oh, und ich kann nicht abschließen, ohne den brillianten Soundtrack zu "Conan The Barbarian" von Basil Poledouris zu erwähnen, mit die kraftvollste Musik, die je komponiert wurde, meiner Ansicht nach.
THE 11TH HOUR wurden zunächst als Zusammenarbeit von Rogga Johansson und Dir präsentiert, aber es scheint fast Dein Solo-Projekt zu sein. Oder täuscht dieser Eindruck?
Nun, ich würde so weit gehen zu sagen, dass dieses Album ohne Rogga nicht existieren würde. Ich habe tatsächlich all die Musik geschrieben und selbst aufgenommen, aber er war sehr hilfreich, indem er mein Selbstvertrauen aufgebaut hat, was das Material und meinen Gesang betrifft. Es war sein Enthusiasmus, der mich angetrieben hat, er kann ziemlich ansteckend sein! Er hat auch sehr viel zu den Texten beigetragen, und die Entscheidung, über das reale Leben anstatt über Fantasy-Themen zu schreiben, kam auch teilweise durch ihn.
Wie Du gerade gesagt hast, ist "Burden Of Grief" nicht nur ein Konzeptalbum, sondern verfolgt auch einen sehr realistischen, ziemlich verstörenden Ansatz. Kannst Du etwas mehr dazu erzählen?
Ursprünglich wollte ich eher in die Gothic/Horror-Richtung gehen, aber Rogga war ganz stark dagegen. Er meinte, es würde die Musik herabsetzen. Stattdessen zeigte er mir einige Arbeiten, die er für ein anderes Projekt angefertigt hatte. Ich kann mich nicht an den exakten Inhalt erinnern, aber der Stil war brilliant; beängstigend und morbide, aber völlig realistisch. Ich begann über ein mögliches Konzept nachzudenken und ließ mich schlussendlich durch die schlimmste Tragödie meines eigenen Lebens inspirieren: den Tod meiner eigenen Eltern. Beide starben durch eine sehr brutale Lungenerkrankung, ausgelöst durch das Rauchen. Dies hat dann das restliche Konzept geprägt. Ich erdachte eine Hintergrundgeschichte über einen tödlich erkrankten Lungenpatienten, der gezwungen ist, mit bestimmten Schatten seiner Vergangenheit ins Reine zu kommen, bevor er friedlich sterben kann.
Im ersten Song bekommt er die Nachricht, dass er bald sterben muss, woraufhin er sich erstmal noch eine Zigarette anzündet: "One Last Smoke". Während "In The Silent Grave" sinniert er über sein unmittelbar bevorstehendes Ableben, und seine dunkle Seite sagt ihm, dass er nicht einmal im Grab seinen Frieden finden wird, aufgrund der Geheimnisse seiner Vergangenheit. "Origins Of Mourning" zeigt dann in einer Rückblende die vor langer Zeit geschehene Tragödie, anschließend beschreibt "Weep For Me" die Alpträume, die ihn von nun an jede Nacht quälen. In "Atonement" versucht er, eine Art Erlösung zu finden, und in "Longing For Oblivion" akzeptiert er endlich sein Schicksal.
Standen das Konzept und die Texte zuerst, oder wie verlief der Songwriting-Prozess?
Die Musik kommt bei mir immer zuerst. Normalerweise habe ich ein Thema oder eine Melodie im Kopf, die ich verwenden möchte, und wenn diese Idee gut genug ist, schreibt sich der Rest des Songs fast von alleine. Ich versuche mir immer ein bestimmtes Bild vorzustellen, etwa einen Friedhof oder ein Begräbnis oder etwas ähnliches, weil ich dazu neige, entsprechend passende Melodien zu verfassen. Zumindest versetzt es mich in die richtige Stimmung. Ich schreibe meistens spät in der Nacht, was auch dabei hilft, eine bestimmte Atmosphäre zu kreieren. Das Konzept kam erst hinzu, als der Großteil der Musik bereits fertiggestellt war, aber die Stimmung war bereits entsprechend.
Für mich ist Dein Gesang ein echter Höhepunkt des Albums. Er ist gefühlvoll, melancholisch und ausdrucksstark, und Deine Stimme klingt sehr angenehm, was meiner Ansicht nach wichtig ist, um diese Art von feierlicher Stimmung zu erzeugen. So weit ich weiß, warst Du Dir bezüglich der Vocals zunächst nicht ganz sicher.
Stimmt. Ich habe schon früher gesungen, aber meist "hinter den Kulissen", auf Preproduction-Demos und ähnlichem Zeug. Ich hatte nie vor, auf einem Album zu singen, aber Rogga mochte meinen Gesang auf dem THE-11TH-HOUR-Demo so sehr, dass er mich überzeugte, es zu probieren. Ich war immer noch nicht sicher, deshalb habe ich zwei Demos auf Myspace hochgeladen, nach dem Motto "wenn sie mich im Internet nicht zerreißen, geht es für mich in Ordnung". Sehr zu meinem Erstaunen waren die meisten Reaktion überaus positiv, und da das Konzept auch in eine sehr persönliche Richtung tendierte, beschloss ich, die klaren Vocals selbst zu übernehmen. Ich habe bemerkt, dass meine Stimme wohl das Element ist, dass die Kritiker entzweit: Einige lieben sie, andere finden sie zu sanft, zu nett... Ich bin mit dem Resultat wirklich zufrieden, und ich mag den Kontrast zwischen meinem Klagen (oder "Geheule", wie es Rogga gerne nennt) und Roggas brutalem Growling.
Nicht nur bezüglich der Vocals hast Du einen wirklich ausgeprägten Sinn für starke, große Melodien. Es gibt viele wunderschöne Gesangs- und Gitarrenmelodien und tolle Harmonien auf dem Album. So gesehen (und nicht ganz ernst gemeint): Hast Du vielleicht bisher immer in den falschen Bands gespielt?
Haha, vielleicht! Nein, ich liebe den brutalen, stampfenden Death Metal, für den ich in erster Linie bekannt bin, und ich betrachte diesen immer noch als meinen Hauptstil. Aber ich liebe auch diese Art von großen, traurigen Melodien, die ich bei THE 11TH HOUR verwende. Ich bin mir darüber im Klaren, dass diese auf einem Album von HAIL OF BULLETS oder GOREFEST völlig unpassend wirken würden, auch wenn ich dort immer mal versuche, ein paar melancholische Melodien einzuschmuggeln, um das Ganze etwas aufzupeppen. Deshalb ist es großartig, dass ich jetzt in so viel melodischem Elend schwelgen kann, wie ich möchte!
Du hast alle Instrumente auf dem Album selbst eingespielt, auch die Gitarren. War das eine neue Erfahrung für Dich?
Relativ neu. Meine Schwester hat mir vor ungefähr vier Jahren meine erste Gitarre gekauft, und ich habe mir das Spielen selbst beigebracht, so gut es ging. Ich habe sofort angefangen, Songs zu schreiben, erst vier auf dem Comeback-Album von GOREFEST, "La Muerte", dann bereits acht Stücke auf "Rise To Ruin" und weitere acht auf dem Debüt von HAIL OF BULLETS. Das Schreiben war also keine wirklich neue Sache mehr für mich, alles selbst einzuspielen schon. Ich habe ein gutes Ohr für Arrangements, das hilft auf jeden Fall, wenn man die verschiedenen Gitarren-, Bass- und Keyboard-Parts zusammenfügt.
Normalerweise kennt man Dich ja als sehr präzisen, technischen Schlagzeuger, auf "Burden Of Grief" spielst Du aber in erster Linie unheimlich songdienlich, perfekt auf die Melodien und Riffs abgestimmt. War es schwer, sich dabei in gewisser Weise zu limitieren, oder hat Dir gerade dieser Aspekt Spaß gemacht?
Ob Du es glaubst oder nicht, aber ich hatte zunächst nicht einmal vor, echte Drums zu verwenden. Ich dachte, die programmierten würden gut genug klingen, wenn wir etwas bessere Samples verwenden würden, und ich wollte nur die Gitarren und den Gesang übernehmen. Glücklicherweise hat mich Rogga überzeugt, am Ende doch echte Drums zu verwenden, und ich bin froh darüber. Es war eine ziemliche Herausforderung, die Drum-Arrangements für diese Songs zu kreieren, man kann wirklich mit einem falsch platzierten Fill oder zu vielen Bassdrum-Anschlägen die Stimmung zerstören. Aber es bereitet mir großes Vergnügen, wenn ich höre, wie dann alles zusammen klingt. Dabei kommt es nicht darauf an, ob es ein komplizierter Drum-Part wie in "Origins Of Mourning" ist oder ein einfacher Beat, wie das extrem langsame Ende von "Longing For Oblivion".
Die Produktion ist wirklich gelungen, wie und wo habt ihr das Album aufgenommen?
Das Schlagzeug habe ich in einem professionellen Studio aufgenommen (Excess, wo wir auch mit GOREFEST, HAIL OF BULLETS und AYREON aufgenommen haben). Der Rest, inklusive der Vocals, wurde zu Hause erledigt. Ich habe das Engineering und Editing komplett selbst übernommen, zum Glück habe ich in all den Jahren immer die Augen im Studio offen gehalten! Hans Pieters von den Excess Studios hat mir sehr geholfen, wenn ich mal irgendwo feststeckte. Ronnie Björnström hat den Mix in Schweden erledigt, heutzutage ist es relativ einfach, zusammen an einem Mix zu arbeiten, während man in verschiedenen Ländern ist. Ich hatte eine ziemlich klare Vorstellung davon, wie das Album klingen sollte, und Ronnie hat es meisterlich in die Realität umgesetzt.
Habt ihr vor, mit THE 11TH HOUR live aufzutreten, und in welcher Besetzung?
Wir haben tatsächlich gerade unseren ersten Gig absolviert, auf dem Dutch Doom Days Festival! Ich habe gesungen und Gitarre gespielt, zwei Dinge, von denen ich niemals gedacht hätte, dass ich sie vor einem Publikum tun würde. Aber es hat überraschend gut geklappt, und ich habe jede Sekunde genossen. Ich habe einige großartige Musiker zu meiner Unterstützung rekrutiert, unter anderem Bram und Pim von OFFICIUM TRISTE, und am Schlagzeug habe ich einen meiner besten Freunde, Dirk Bruinenberg, der mich auch damals bei ELEGY ersetzt hat. Ich denke, wir haben einen sehr guten ersten Eindruck hinterlassen. Hoffentlich können wir noch einige Festivals in dieser Art spielen, oder ein paar coole Support-Shows.
Wird daraus eventuell eine feste Band, und wirst Du THE 11TH HOUR weiterführen?
Ich bin dem hoffnungslos verfallen, mir bleibt keine andere Wahl, außer weiterzumachen! Ich habe es so genossen, ganz vorne auf der Bühne zu stehen, das macht mir ein wenig Angst, haha! Das nächste Album ist bereits teilweise geschrieben, und ich bin sogar noch mehr stolz auf diese Songs, als auf "Burden Of Grief". Es wird also definitiv noch mehr Doom in der nahen Zukunft geben. Diesmal ist es keine Story, aber es wird wieder ein Konzept sein, dass sich mit dem Tod beschäftigt, ein Gebiet, welches ich unendlich faszinierend finde. Die Texte, die wir bisher verfasst haben, sind wieder eine Mischung aus persönlichen Themen und Fiktion, was für mich eine wirklich coole Art zu schreiben ist. Und obwohl es jetzt eine komplette Band gibt, werden auf dem nächsten Album wieder nur Rogga und ich sein. Ich denke, das Material von THE 11TH HOUR ist einfach zu persönlich, um es auf eine andere Art zu machen. Ich habe Rogga versprochen, dass er diesmal ein Riff beisteuern darf, ich glaube, er arbeitet gerade daran ;-)
Vielen Dank für ein tolles Album und dieses Interview!
Ich danke Dir vielmals für Dein Interesse und die Unterstützung!
Alle Reviews dieser Band:
- The 11th Hour - Burden Of Grief (2009)
- The 11th Hour - Lacrima Mortis (2012)