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Interview mit Shadow Gallery (19.10.2009)
Der 29. Oktober 2008 war ein schwarzer Tag für SHADOW GALLERY und die Musikwelt. Völlig überraschend verstarb Sänger Mike Baker nach einem Herzinfarkt. Die Band entschloss sich letztendlich, das zu diesem Zeitpunkt bereits komponierte, sechste Album fertigzustellen. Fast genau ein Jahr später, am 23. Oktober 2009, erscheint nun „Digital Ghosts” und präsentiert den neuen Sänger Brian Ashland. Wir sprachen mit Gary Wehrkamp, seines Zeichens unter anderem Gitarrist, Keyboarder und Manager der Band in Personalunion.
Gary, natürlich müssen wir erst einmal über Mike sprechen und eure Entscheidung, die Band fortzuführen. Nach diesem tragischen Ereignis, gab es für euch auch andere Optionen oder Überlegungen?
Wir dachten zunächst über gar nichts nach, außer einige Erklärungen für die Presse vorzubereiten und uns auf Mike und seine Familie zu konzentrieren. Wir trafen keine wirkliche Entscheidung über irgendetwas. Ich wusste, dass wir weitermachen und das Album fertigstellen würden, aber wir sprachen nicht viel als Band darüber. Aber dann stellte ich für Mikes Familie und seine Freundin Fan-Kommentare aus dem Internet zusammen, und in den ersten Tagen hatte ich etwa 1500 Kommentare gesammelt, und ich war überwältigt, welche Wirkung Mike hinterlassen hatte. Und es gab eine klare Botschaft, alle machten deutlich, dass sie hofften, wir würden trotzdem weitermachen. Das machte uns die Entscheidung etwas leichter, zu wissen, was die Fans wollten, und daraufhin entschieden wir uns, weiterzumachen.
Ja, das war auch mein Eindruck. Alle scheinen darin übereinzustimmen, dass Mike niemals ersetzt werden kann, aber sind auch froh, dass ihr euch entschlossen habt, die Band fortzuführen.
Richtig, wir sind es auch. Und das mag wie ein Klischee klingen, aber ich weiß genau, dass Mike definitiv damit einverstanden wäre. Er mochte dieses neue Material wirklich, und er hat sich sehr auf das neue Album gefreut. Sicher hätte er gewollt, dass wir es fertigstellen.
Hat euch die Arbeit am neuen Album vielleicht auch in gewisser Weise geholfen? Konntet ihr dadurch einige Dinge verarbeiten?
Ich denke eher nicht, da zu diesem Zeitpunkt bereits die meisten Songs geschrieben waren und in vollständigen Demoversionen vorlagen. Es war mehr eine Formalität, alle Demos neu aufzunehmen. Aber wir hatten bei einem letzten Song, der noch nicht vollständig komponiert war, die Gelegenheit, auszudrücken, was Mike uns bedeutete. Und Carl [Cadden-James, Bassist und Texter] hat auf dem Song „Digital Ghost” gut zusammengefasst, was wir alle fühlten. Es geht darum, was Mike für die Band bedeutet hat, und wie seine Musik trotzdem weiterleben wird. Ich meine, er mag nicht hier sein, aber seine Worte und seine Gefühle und die Kraft seiner Stimme sind noch genauso hier wie letztes Jahr.
Auf jeden Fall. Und irre ich mich, oder höre ich einige Anspielungen auf älteres Material in diesem Song? Mich erinnert „Digital Ghost” sogar etwas an das erste Album.
Nun, weißt Du was, Du hast auf eine gewisse Weise recht. Es gab die Überlegung, dass wir einen progressiveren Song haben wollten. Und ich war ein sehr großer Fan des ersten Albums, wahrscheinlich, weil ich es als Außenstehender schätzen konnte, ich war ja nicht daran beteiligt. Aber ich liebe die Platte wirklich, immer noch, es ist wahrscheinlich die einzige Platte, die ich mir anhöre, wenn ich überhaupt etwas von SHADOW GALLERY auflege. Und ich habe versucht, in gewisser Weise ein wenig dahin zurückzusteuern, weil die Band mit „Carved In Stone” ein wenig die Richtung verändert hat und ein wenig metallischer wurde. Also habe ich nach und nach zumindest sichergestellt, dass ich wenigstens ein bisschen von diesem Stil bekomme. Es gibt immer einen oder zwei Songs auf jedem Album, bei denen ich strikt versuche, mehr in Richtung Progressive Rock und weniger in Richtung Progressive Metal zu gehen. Und auf diesem Album, da hast Du Recht, ist das der Song „Digital Ghost”.
Ich glaube, Du hast auch davon gesprochen, dass es diesmal einige Ansätze einer neuen Richtung gibt. Und ich denke, dass ist es, was einem als Fan zunächst auffällt. Aber nachdem man es sich einige Male angehört hat, stellt man fest, dass es immer noch SHADOW GALLERY ist. Im Detail einige neue Ansätze hier und da, aber nicht zu andersartig.
Ja, das ist eine gute Beobachtung, es wirkt wahrscheinlich ziemlich anders. Die harten Songs mögen aggressiver erscheinen, wenn Du sie zum ersten Mal hörst, und einige der progressiven Sachen mögen progressiver wirken. Aber letztendlich ist es nicht so weit entfernt von unserem bisherigen Material.
Stellenweise haben die Songs auch einen richtigen Groove, im Gegensatz zu früher. Nicht, dass ihr keinen Groove hattet, aber dieses Mal rocken einige der härteren Parts wirklich.
Das ist eine weitere gute Beobachtung. Ich meine, ich würde nicht unbedingt sagen, dass SHADOW GALLERY eine Band sind, die normalerweise Groove hat. Wir nehmen eine Idee und entwickeln sie in eine bestimmte Richtung, aber normalerweise bleiben wir nicht lange genug an einer Stelle, um einen Groove zu entwickeln. Vielleicht haben wir das auf dieser Platte etwas mehr getan.
Eine andere Sache, die mir aufgefallen ist: Ihr hattet immer schon Songs mit vielen verschiedenen Parts und sehr lange Stücke, aber diesmal könnte man wirklich fast jedes Stück herausgreifen, und es enthält alles, was SHADOW GALLERY ausmacht. War das etwas, dass ihr gezielt erreichen wolltet?
Ja und nein. Ich habe immer schon versucht, jeden Song in dieser Art und Weise zu machen. Ich will immer, dass jeder Song alles zeigt, was wir können. Unter der Berücksichtigung, dass der Song selbst und die Emotion und die Kraft dieser Emotion im Vordergrund stehen. Bei uns geht es immer darum, viele verschiedene Dinge zu kombinieren. Alle in der Band sind Songwriter, aber wenn ich für mich sprechen darf, das ist einfach meine Persönlichkeit, ich mag es so abwechslungsreich und detailliert wie möglich, das kommt einfach ganz natürlich so heraus.
Du sagst, alle Bandmitglieder sind Songwriter. Wie läuft bei euch der Prozess des Komponierens ab? Und war es diesmal eventuell ein wenig anders, aufgrund der besonderen Umstände?
Nun, es war nicht so viel anders als sonst, es ist seit langer Zeit ein sehr ähnlicher Prozess. Wer auch immer zuerst eine Idee hat, das ist normalerweise der Punkt, an dem wir beginnen, und es muss die anderen Jungs in der Band bewegen. Es gab sicherlich andere Ideen, sogar für dieses Album, die wir nicht verwendet oder weiter bearbeitet haben. Normalerweise fängt es mit Brendt [Allman, Gitarrist und Keyboarder] an, der eine Idee hat, oder mit mir, und wir machen dann ziemlich vollständige Demos in unseren eigenen Studios und senden sie uns gegenseitig zu. Darauf bauen wir auf und machen eventuell Vorschläge oder fügen etwas hinzu und senden es zurück. Wenn die Idee dann einigermaßen Form angenommen hat, schicken wir sie auch an Carl und Mike. Und normalerweise ist Carl derjenige, der Melodien und Texte dazu schreibt. Und ab da machen wir alle Vorschläge. Wir sind also nur selten in einem Raum zusammen, während wir komponieren. Der Prozess findet wirklich einzeln statt, und dann fügt jeder etwas hinzu, und wir formen den Song gemeinsam.
Also entsteht die Basisversion eines Tracks jeweils durch den Hauptsongwriter?
Musikalisch gesehen, ja. Und es geht immer ein wenig hin und her. So ist z.B. „With Honor” ein Song von uns allen, aber ich habe die Musik für alle Instrumente komponiert, wogegen „Venom” hauptsächlich von Brendt geschrieben wurde. „Pain” ist von mir, und dann gibt es einige Stücke, wo die erste Hälfte von mir stammt, die zweite von Brendt. Und natürlich ist Carl an jedem Stück beteiligt, weil er die Texte und Gesangsmelodien schreibt.
Trifft diese Arbeitsweise auch auf die eigentlichen Aufnahmen zu, nimmt also der jeweilige Hauptkomponist die meisten Instrumente seines Songs selbst auf, oder teilt ihr euch das auf?
Nein, wir beginnen tatsächlich so, wie Du gesagt hast. Die Person, die einen Part geschrieben hat, kennt ihn am besten, also fangen wir normalerweise damit an, dass derjenige die Sachen einspielt. Das war jetzt nicht immer so, aber für dieses Album habe ich die Parts gespielt, die ich geschrieben habe, und Brendt seine. Aber es gibt auch Stellen, wo wir hin und her wechseln. Manchmal sogar in der Mitte eines Songs, wenn Du z.B. „Venom” nimmst, er schrieb das ganze Intro und den Vers, aber ich dann eine kleine Bridge. Also nahm er nur bis zu diesem Punkt auf, ich die nächste Minute, und den Rest dann wieder er, Gitarren, Bass und Keyboards. Aber letztendlich versuchen wir sicherzustellen, dass jeder genug Input bei jedem Song hat, so dass wir zum Schluss ein gemeinsames Produkt von SHADOW GALLERY haben. Und der größte Aspekt dabei ist wahrscheinlich das Gesangsarrangement. Auf diesem Album hatte jeder einzelne von uns noch mehr Anteil an den Harmonien und konnte dabei jeweils seinen eigenen Stil einbringen, was viel Spaß gemacht hat.
Mir gefällt das sehr, wie ihr die Chöre diesmal aufgenommen habt. Es ist immer noch der typische SHADOW-GALLERY-Sound, aber man kann noch besser die verschiedenen Stimmen heraushören. Man kann sich vorstellen, dass ihr zusammen in einem Raum steht und singt, im Gegensatz zu den vielen, übereinandergelegten Spuren, die ihr sonst verwendet habt. Ich denke, das hat seinen ganz eigenen Charme.
Nun, Du bist sehr aufmerksam! Wir haben uns auf jeden Fall bemüht, dass dies so herüberkommt. Wir haben früher immer eine Menge Vocals zusammen aufgenommen. Das erzeugt einen neuen, einheitlichen Sound, wenn Du zwei Menschen gemeinsam in ein Mikro singen lässt und dann Gesangsspuren übereinanderlegst. Mit Mike haben wir das immer so gemacht. Mike hat seinen Part gesungen, und danach haben entweder er und Carl oder Mike und ich einige Stimmen gemeinsam hinzugefügt. Und dann haben wir mehr und mehr übereinander gelegt.
Aber dieses Mal haben wir uns bewusst entschieden, verstärkt darauf zu achten, dass bestimmte Harmonien nur meine Stimme enthalten oder nur Carls Stimme oder nur Brendts. Wie Du schon erwähnt hast, der individuelle Klang unserer Stimmen auf jeder einzelnen Harmonie ist deutlicher abgegrenzt. Dadurch kann man die verschiedenen Stimmen unterscheiden. Wenn Du etwa den Refrain von „Digital Ghost” nimmst: Carl schrieb zuerst seine Harmonie, dann erstellte ich eine komplett andere Melodielinie, und nur ich sang diese. Und dann Brendt genauso. Es gibt also drei verschiedene Melodien, von drei verschiedenen Leuten gesungen, und sie sind alle anders, aber man kann jede einzelne Stimme klar heraushören. Das war eine sehr interessante Herangehensweise, sicher nichts Neues, wenn man an Bands wie YES denkt, aber ich habe den Prozess dieses Mal sehr genossen.
Du hast bereits erwähnt, dass Carl viele Melodien schreibt und singt. Es gibt einige Passagen auf dem Album, wo man tatsächlich meinen könnte, Mike zu hören. Ist das immer Carl, dessen Stimme so ähnlich ist?
Nun, es kommt darauf an, über welchen Part wir sprechen. Aber Du musst zwei Dinge berücksichtigen. Erstens, was Du Mike singen hörst, wurde meistens von Carl geschrieben. Sogar auf diesem neuen Album, manche der Parts, die Brian singt, wurden logischerweise immer noch von Carl komponiert. Dadurch hörst Du immer noch die gleichen Muster. Carl hat seine Tricks, auf die er immer wieder zurückgreift. Wir scherzen sogar ab und zu darüber, dass es immer noch die gleiche Melodie ist, die er vor 20 Jahren geschrieben hat.
Ein anderer Grund ist: Immer, wenn man einen Refrain hört, singen Mike und Carl die Basismelodie zusammen, und natürlich kommen dazu noch unsere anderen Stimmen. Dieser Stil und dieser Klang sind also immer noch vorhanden. Aber wie ich bereits sagte, haben wir versucht, nicht jede Passage mit allen Stimmen zu überfüllen. Man kann also dieses Mal eine Menge mehr von Carl hören, als jemals zuvor.
Wir müssen natürlich auch über den neuen Sänger reden. Ich denke, Brian Ashland ist eine großartige Wahl, weil er diese Art von „sanfter” Stimme hat und nicht so sehr schreit. Ähnlich wie Mike, allerdings kann man die beiden nicht direkt vergleichen. Als ihr an ihn herangetreten seid, dachtet ihr damals schon daran, dass dies euer neuer Sänger sein könnte, oder habt ihr ihn zunächst nur für einen Gastbeitrag kontaktiert?
Nun, Brian ist ein solch talentierter Musiker, ich habe sehr darauf geachtet, nicht an ihn heranzutreten, als sei er nur ein Gast oder müsse nur das machen, was wir vorgeben, oder uns nur aushelfen. Ich wollte, dass er sich sofort als Teil der Band fühlt. Nur war das in diesem speziellen Fall etwas schwierig, weil wir bereits alles fertig geschrieben hatten. Es gab also noch nicht viel Raum für ihn, seine vielen Ideen mit einzubringen. Aber er konnte die Gesangslinien formen, die bereits vorlagen, und viel hinzufügen und sie besser machen. Aber ich sagte ihm gleich, dass wir in Zukunft gerne sein Material hören und es in unseres integrieren würden. Wir möchten ihm jede Möglichkeit geben, so dass er sich nicht wie ein angestellter Sänger fühlt, sondern wie ein Teil der Band. Ab sofort haben wir einen reinen Tisch, und wir werden eine Menge Möglichkeiten haben, ihn teilhaben zu lassen.
Das klingt toll, ich vermute mal, die meisten Bands wären nicht so vorgegangen.
Das ist wahr. Aber weißt Du, er ist ein sehr talentierter Musiker, und bis jetzt haben die Leute nicht einmal die Möglichkeit, das wahrzunehmen. Das größte Problem, das wir mit ihm hatten, war, dass er sich nicht einmal als Leadsänger betrachtet. Er ist eher ein Songwriter und Gitarrist, er macht Orchestrierungen am Keyboard, und all solche Dinge. Ja, stimmt, er singt, aber als wir ihn baten, unser Sänger zu werden, war seine Antwort, er sei kein Sänger, sondern Gitarrist. Wir haben ihn also überzeugen müssen, wie gut er wirklich ist, weil er das nicht von sich selbst dachte. Aber ich denke nach diesem Album hat sich das wahrscheinlich geändert.
Er scheint damit ja perfekt zu SHADOW GALLERY zu passen. Jetzt kann praktisch jeder mit jedem tauschen, ihr singt alle, spielt Gitarre, Keyboards und weitere Instrumente. Das wäre wirklich ideal, um live aufzutreten.
Das ist es, es ist großartig, und ich habe das berücksichtigt. Sogar noch bevor Brian eine Note gesungen hatte, hatte ich lange Gespräche mit ihm, ob er live spielen möchte, ob er Gitarre spielen würde, ein paar Keyboards übernehmen könnte, und ob er gleichzeitig singen und spielen könnte. Er kann das alles. Das macht es für uns aufregend, weil wir Chris [Ingles, ehemaliger Keyboarder] nicht mehr in der Band haben, uns fehlt also dieser zusätzliche Mann. Chris konnte all diese Dinge so gut. Das steht uns jetzt wieder offen, was Live-Konzerte wieder etwas mehr in den Bereich des Möglichen rückt.
Weil Du es gerade ansprichst, was ist mit Chris passiert? Er hat die Band nie wirklich verlassen, sondern ist stattdessen eher verschwunden.
Ja, genau so ist es. Ich meine, wir haben wirklich versucht, ihn weiter teilhaben zu lassen, bis zu welchem Grad auch immer er sich wohl dabei fühlte. Ich wünschte, ich wüsste es. Ich weiß nicht einmal, wo er ist, und ich hatte keinen Kontakt zu ihm seit vielen Monaten. Ich kann nur sagen, er ist wahrscheinlich einer der talentiertesten Menschen, die ich je getroffen habe. Es ist traurig, dass ich nicht mehr mit ihm arbeiten kann. Aber wenn der Zeitpunkt für ihn kommt, dass er sich wohl dabei fühlt, dann würde mich das sehr freuen.
Ihr habt auf gewisse Weise ein weiteres neues Mitglied: Gary, der Drummer [Gary Wehrkamp übernahm anstatt des etatmäßigen Schlagzeugers Joe Nevolo die Drums, dieser ist nur auf zwei Tracks zu hören].
(lacht) Oh nein, weißt Du, keiner in Europa hat mich das gefragt, weil es keiner wusste, und das ist völlig in Ordnung für mich, aber Du fragst danach! (lacht)
Hast Du bereits früher in Bands oder Projekten Schlagzeug gespielt? Oder hast Du dies mehr aus Spaß gemacht, neben Gitarre und Keyboards?
Nein, ich habe mit dem Schlagzeug begonnen, als ich 11 Jahre alt war. Ich liebe das Schlagzeug, ich habe immer gespielt, und ich habe immer Unterricht gegeben. Aber als Komponist ist es viel komfortabler ein Klavier oder eine Gitarre zu haben, deshalb habe ich damit mehr Zeit verbracht. Und als wir erst mal ein Talent wie Joe in der Band hatten, gab es wirklich keinen Grund, mich hinter das Kit zu setzen. Joe macht einen tollen Job, und er bringt genau das mit, was die Band benötigt. Aber dieses Mal war er nicht für alle Aufnahmen verfügbar. Und obwohl ich lieber jede andere Option wahrgenommen hätte, haben mich Carl und Brendt überredet. Aber es machte jede Menge Spaß, ich bin froh, dass ich es gemacht habe.
Eines ist mir jedoch wirklich wichtig zu sagen: Es war einfach großartig, dass Brendt mir dabei geholfen hat. Ich habe immer alleine gearbeitet, das war das erste Mal seit langer Zeit, dass ich jemand hier hatte für die Drum-Sessions. Er war eine große Hilfe, indem er mich bestätigt hat, denn mein erster Song war ein Kampf. Am ersten Tag der Schlagzeug-Aufnahmen musste ich Handschuhe tragen und jeder Finger war verbunden, ich dachte nur, wie soll ich das schaffen?
Was hat es mit dem bisher unveröffentlichten Bonustrack auf sich, auf dem Mike zu hören ist?
Das geht weit zurück, wahrscheinlich bis 1996 oder 1997, da hatte Mike eine kurze Akkordsteigerung, und er schrieb einige Parts dazu. Mir gefiel das immer, und wir dachten, dass wir es irgendwann zum richtigen Zeitpunkt auf ein Album packen würden. Als wir „Tyranny” machten, passte es nirgendwo rein, und dann auch nicht auf das nächste Album, und dann vergaßen wir es. Erst als wir über das aktuelle Bonusmaterial nachdachten, vor ein wenig mehr als einem Jahr, erinnerte ich mich an diesen Song. Ich nahm ihn in einer besseren Version neu auf und fügte ein paar Drum-Parts und einen neuen Mittelteil hinzu, und Mike liebte den Song. Also dachten wir, vielleicht packen wir ihn sogar auf das eigentliche Album, oder auf eine Bonus-Disc. Aber wir hatten keine Gelegenheit, den Gesang aufzunehmen, außer meiner Stimme im Mittelteil. Und erst ganz zum Schluss der Albumproduktion fand ich eine 8-Spur-Aufnahme in seinem Haus, auf der er den Song sang. Das habe ich in meinem Studio mit der vorliegenden Musik zusammengemischt, aber wir haben nichts neu aufgenommen. Alles ist ein wenig wie ein Demo, aber heutzutage gibt es nur einen feinen Unterschied zwischen Demo und Endprodukt, also klingt es nicht so viel anders, als wenn wir es neu gemacht hätten.
Also ist es sogar in gewisser Weise ein persönlicher Song von Mike?
Das ist es, weil er die Melodien und alle Texte für die Verse und Refrains geschrieben hat.
Ich denke, ich werde Dich nicht fragen, ob und wann ihr live spielen werdet, weil dies vermutlich wie immer jeder fragen wird...
Ah, Du bist der Größte, Du bist der Beste, Danke Dir! (lacht)
Ich hoffe einfach, ich sehe euch eines Tages live.
Alles, was ich Dir sagen kann, es ist sicher möglich, und im Moment ist es wahrscheinlicher als je zuvor. Es könnte sein, wir sprechen darüber, aber ich kann Dir nicht mehr mit Sicherheit sagen.
Meine letzte Frage: Da es ja bisher keine Live-Versionen von SHADOW-GALLERY-Songs gibt, meinst Du es besteht die Möglichkeit, dass ihr einmal so etwas wie alternative Versionen bestehender Songs machen werdet oder alte Nummern neu aufnehmt?
Nun, jetzt habe ich Dir gerade applaudiert, weil Du die Live-Sache nicht weiter angesprochen hast, und jetzt fange ich damit an: Wenn wir live auftreten sollten, werden wir sicher versuchen, ein Medley aus mehreren Songs zu arrangieren und diese auch anders spielen. Außerdem kann man auch eine Version von „Gold Dust” mit Carl am Gesang hören, wir haben ein Demo davon als Bonustrack. Man kann nie wissen, es würde sicher Spaß machen, eine andere Version eines alten Songs aufzunehmen, aber wir müssen die Rechte von Magna Carta beachten, unserem alten Label, deshalb wäre es vermutlich nicht so einfach, wie wir es gerne hätten.
Ok, vielen Dank für das tolle Gespräch!
Oh, ja, was für ein Vergnügen! Vielen Dank, dass Du dem Album so viel Aufmerksamkeit mit Deinen Fragen entgegengebracht hast.
Gern geschehen!
Daniel Fischer
(Info)
Gary, natürlich müssen wir erst einmal über Mike sprechen und eure Entscheidung, die Band fortzuführen. Nach diesem tragischen Ereignis, gab es für euch auch andere Optionen oder Überlegungen?
Wir dachten zunächst über gar nichts nach, außer einige Erklärungen für die Presse vorzubereiten und uns auf Mike und seine Familie zu konzentrieren. Wir trafen keine wirkliche Entscheidung über irgendetwas. Ich wusste, dass wir weitermachen und das Album fertigstellen würden, aber wir sprachen nicht viel als Band darüber. Aber dann stellte ich für Mikes Familie und seine Freundin Fan-Kommentare aus dem Internet zusammen, und in den ersten Tagen hatte ich etwa 1500 Kommentare gesammelt, und ich war überwältigt, welche Wirkung Mike hinterlassen hatte. Und es gab eine klare Botschaft, alle machten deutlich, dass sie hofften, wir würden trotzdem weitermachen. Das machte uns die Entscheidung etwas leichter, zu wissen, was die Fans wollten, und daraufhin entschieden wir uns, weiterzumachen.
Ja, das war auch mein Eindruck. Alle scheinen darin übereinzustimmen, dass Mike niemals ersetzt werden kann, aber sind auch froh, dass ihr euch entschlossen habt, die Band fortzuführen.
Richtig, wir sind es auch. Und das mag wie ein Klischee klingen, aber ich weiß genau, dass Mike definitiv damit einverstanden wäre. Er mochte dieses neue Material wirklich, und er hat sich sehr auf das neue Album gefreut. Sicher hätte er gewollt, dass wir es fertigstellen.
Hat euch die Arbeit am neuen Album vielleicht auch in gewisser Weise geholfen? Konntet ihr dadurch einige Dinge verarbeiten?
Ich denke eher nicht, da zu diesem Zeitpunkt bereits die meisten Songs geschrieben waren und in vollständigen Demoversionen vorlagen. Es war mehr eine Formalität, alle Demos neu aufzunehmen. Aber wir hatten bei einem letzten Song, der noch nicht vollständig komponiert war, die Gelegenheit, auszudrücken, was Mike uns bedeutete. Und Carl [Cadden-James, Bassist und Texter] hat auf dem Song „Digital Ghost” gut zusammengefasst, was wir alle fühlten. Es geht darum, was Mike für die Band bedeutet hat, und wie seine Musik trotzdem weiterleben wird. Ich meine, er mag nicht hier sein, aber seine Worte und seine Gefühle und die Kraft seiner Stimme sind noch genauso hier wie letztes Jahr.
Auf jeden Fall. Und irre ich mich, oder höre ich einige Anspielungen auf älteres Material in diesem Song? Mich erinnert „Digital Ghost” sogar etwas an das erste Album.
Nun, weißt Du was, Du hast auf eine gewisse Weise recht. Es gab die Überlegung, dass wir einen progressiveren Song haben wollten. Und ich war ein sehr großer Fan des ersten Albums, wahrscheinlich, weil ich es als Außenstehender schätzen konnte, ich war ja nicht daran beteiligt. Aber ich liebe die Platte wirklich, immer noch, es ist wahrscheinlich die einzige Platte, die ich mir anhöre, wenn ich überhaupt etwas von SHADOW GALLERY auflege. Und ich habe versucht, in gewisser Weise ein wenig dahin zurückzusteuern, weil die Band mit „Carved In Stone” ein wenig die Richtung verändert hat und ein wenig metallischer wurde. Also habe ich nach und nach zumindest sichergestellt, dass ich wenigstens ein bisschen von diesem Stil bekomme. Es gibt immer einen oder zwei Songs auf jedem Album, bei denen ich strikt versuche, mehr in Richtung Progressive Rock und weniger in Richtung Progressive Metal zu gehen. Und auf diesem Album, da hast Du Recht, ist das der Song „Digital Ghost”.
Ich glaube, Du hast auch davon gesprochen, dass es diesmal einige Ansätze einer neuen Richtung gibt. Und ich denke, dass ist es, was einem als Fan zunächst auffällt. Aber nachdem man es sich einige Male angehört hat, stellt man fest, dass es immer noch SHADOW GALLERY ist. Im Detail einige neue Ansätze hier und da, aber nicht zu andersartig.
Ja, das ist eine gute Beobachtung, es wirkt wahrscheinlich ziemlich anders. Die harten Songs mögen aggressiver erscheinen, wenn Du sie zum ersten Mal hörst, und einige der progressiven Sachen mögen progressiver wirken. Aber letztendlich ist es nicht so weit entfernt von unserem bisherigen Material.
Stellenweise haben die Songs auch einen richtigen Groove, im Gegensatz zu früher. Nicht, dass ihr keinen Groove hattet, aber dieses Mal rocken einige der härteren Parts wirklich.
Das ist eine weitere gute Beobachtung. Ich meine, ich würde nicht unbedingt sagen, dass SHADOW GALLERY eine Band sind, die normalerweise Groove hat. Wir nehmen eine Idee und entwickeln sie in eine bestimmte Richtung, aber normalerweise bleiben wir nicht lange genug an einer Stelle, um einen Groove zu entwickeln. Vielleicht haben wir das auf dieser Platte etwas mehr getan.
Eine andere Sache, die mir aufgefallen ist: Ihr hattet immer schon Songs mit vielen verschiedenen Parts und sehr lange Stücke, aber diesmal könnte man wirklich fast jedes Stück herausgreifen, und es enthält alles, was SHADOW GALLERY ausmacht. War das etwas, dass ihr gezielt erreichen wolltet?
Ja und nein. Ich habe immer schon versucht, jeden Song in dieser Art und Weise zu machen. Ich will immer, dass jeder Song alles zeigt, was wir können. Unter der Berücksichtigung, dass der Song selbst und die Emotion und die Kraft dieser Emotion im Vordergrund stehen. Bei uns geht es immer darum, viele verschiedene Dinge zu kombinieren. Alle in der Band sind Songwriter, aber wenn ich für mich sprechen darf, das ist einfach meine Persönlichkeit, ich mag es so abwechslungsreich und detailliert wie möglich, das kommt einfach ganz natürlich so heraus.
Du sagst, alle Bandmitglieder sind Songwriter. Wie läuft bei euch der Prozess des Komponierens ab? Und war es diesmal eventuell ein wenig anders, aufgrund der besonderen Umstände?
Nun, es war nicht so viel anders als sonst, es ist seit langer Zeit ein sehr ähnlicher Prozess. Wer auch immer zuerst eine Idee hat, das ist normalerweise der Punkt, an dem wir beginnen, und es muss die anderen Jungs in der Band bewegen. Es gab sicherlich andere Ideen, sogar für dieses Album, die wir nicht verwendet oder weiter bearbeitet haben. Normalerweise fängt es mit Brendt [Allman, Gitarrist und Keyboarder] an, der eine Idee hat, oder mit mir, und wir machen dann ziemlich vollständige Demos in unseren eigenen Studios und senden sie uns gegenseitig zu. Darauf bauen wir auf und machen eventuell Vorschläge oder fügen etwas hinzu und senden es zurück. Wenn die Idee dann einigermaßen Form angenommen hat, schicken wir sie auch an Carl und Mike. Und normalerweise ist Carl derjenige, der Melodien und Texte dazu schreibt. Und ab da machen wir alle Vorschläge. Wir sind also nur selten in einem Raum zusammen, während wir komponieren. Der Prozess findet wirklich einzeln statt, und dann fügt jeder etwas hinzu, und wir formen den Song gemeinsam.
Also entsteht die Basisversion eines Tracks jeweils durch den Hauptsongwriter?
Musikalisch gesehen, ja. Und es geht immer ein wenig hin und her. So ist z.B. „With Honor” ein Song von uns allen, aber ich habe die Musik für alle Instrumente komponiert, wogegen „Venom” hauptsächlich von Brendt geschrieben wurde. „Pain” ist von mir, und dann gibt es einige Stücke, wo die erste Hälfte von mir stammt, die zweite von Brendt. Und natürlich ist Carl an jedem Stück beteiligt, weil er die Texte und Gesangsmelodien schreibt.
Trifft diese Arbeitsweise auch auf die eigentlichen Aufnahmen zu, nimmt also der jeweilige Hauptkomponist die meisten Instrumente seines Songs selbst auf, oder teilt ihr euch das auf?
Nein, wir beginnen tatsächlich so, wie Du gesagt hast. Die Person, die einen Part geschrieben hat, kennt ihn am besten, also fangen wir normalerweise damit an, dass derjenige die Sachen einspielt. Das war jetzt nicht immer so, aber für dieses Album habe ich die Parts gespielt, die ich geschrieben habe, und Brendt seine. Aber es gibt auch Stellen, wo wir hin und her wechseln. Manchmal sogar in der Mitte eines Songs, wenn Du z.B. „Venom” nimmst, er schrieb das ganze Intro und den Vers, aber ich dann eine kleine Bridge. Also nahm er nur bis zu diesem Punkt auf, ich die nächste Minute, und den Rest dann wieder er, Gitarren, Bass und Keyboards. Aber letztendlich versuchen wir sicherzustellen, dass jeder genug Input bei jedem Song hat, so dass wir zum Schluss ein gemeinsames Produkt von SHADOW GALLERY haben. Und der größte Aspekt dabei ist wahrscheinlich das Gesangsarrangement. Auf diesem Album hatte jeder einzelne von uns noch mehr Anteil an den Harmonien und konnte dabei jeweils seinen eigenen Stil einbringen, was viel Spaß gemacht hat.
Mir gefällt das sehr, wie ihr die Chöre diesmal aufgenommen habt. Es ist immer noch der typische SHADOW-GALLERY-Sound, aber man kann noch besser die verschiedenen Stimmen heraushören. Man kann sich vorstellen, dass ihr zusammen in einem Raum steht und singt, im Gegensatz zu den vielen, übereinandergelegten Spuren, die ihr sonst verwendet habt. Ich denke, das hat seinen ganz eigenen Charme.
Nun, Du bist sehr aufmerksam! Wir haben uns auf jeden Fall bemüht, dass dies so herüberkommt. Wir haben früher immer eine Menge Vocals zusammen aufgenommen. Das erzeugt einen neuen, einheitlichen Sound, wenn Du zwei Menschen gemeinsam in ein Mikro singen lässt und dann Gesangsspuren übereinanderlegst. Mit Mike haben wir das immer so gemacht. Mike hat seinen Part gesungen, und danach haben entweder er und Carl oder Mike und ich einige Stimmen gemeinsam hinzugefügt. Und dann haben wir mehr und mehr übereinander gelegt.
Aber dieses Mal haben wir uns bewusst entschieden, verstärkt darauf zu achten, dass bestimmte Harmonien nur meine Stimme enthalten oder nur Carls Stimme oder nur Brendts. Wie Du schon erwähnt hast, der individuelle Klang unserer Stimmen auf jeder einzelnen Harmonie ist deutlicher abgegrenzt. Dadurch kann man die verschiedenen Stimmen unterscheiden. Wenn Du etwa den Refrain von „Digital Ghost” nimmst: Carl schrieb zuerst seine Harmonie, dann erstellte ich eine komplett andere Melodielinie, und nur ich sang diese. Und dann Brendt genauso. Es gibt also drei verschiedene Melodien, von drei verschiedenen Leuten gesungen, und sie sind alle anders, aber man kann jede einzelne Stimme klar heraushören. Das war eine sehr interessante Herangehensweise, sicher nichts Neues, wenn man an Bands wie YES denkt, aber ich habe den Prozess dieses Mal sehr genossen.
Du hast bereits erwähnt, dass Carl viele Melodien schreibt und singt. Es gibt einige Passagen auf dem Album, wo man tatsächlich meinen könnte, Mike zu hören. Ist das immer Carl, dessen Stimme so ähnlich ist?
Nun, es kommt darauf an, über welchen Part wir sprechen. Aber Du musst zwei Dinge berücksichtigen. Erstens, was Du Mike singen hörst, wurde meistens von Carl geschrieben. Sogar auf diesem neuen Album, manche der Parts, die Brian singt, wurden logischerweise immer noch von Carl komponiert. Dadurch hörst Du immer noch die gleichen Muster. Carl hat seine Tricks, auf die er immer wieder zurückgreift. Wir scherzen sogar ab und zu darüber, dass es immer noch die gleiche Melodie ist, die er vor 20 Jahren geschrieben hat.
Ein anderer Grund ist: Immer, wenn man einen Refrain hört, singen Mike und Carl die Basismelodie zusammen, und natürlich kommen dazu noch unsere anderen Stimmen. Dieser Stil und dieser Klang sind also immer noch vorhanden. Aber wie ich bereits sagte, haben wir versucht, nicht jede Passage mit allen Stimmen zu überfüllen. Man kann also dieses Mal eine Menge mehr von Carl hören, als jemals zuvor.
Wir müssen natürlich auch über den neuen Sänger reden. Ich denke, Brian Ashland ist eine großartige Wahl, weil er diese Art von „sanfter” Stimme hat und nicht so sehr schreit. Ähnlich wie Mike, allerdings kann man die beiden nicht direkt vergleichen. Als ihr an ihn herangetreten seid, dachtet ihr damals schon daran, dass dies euer neuer Sänger sein könnte, oder habt ihr ihn zunächst nur für einen Gastbeitrag kontaktiert?
Nun, Brian ist ein solch talentierter Musiker, ich habe sehr darauf geachtet, nicht an ihn heranzutreten, als sei er nur ein Gast oder müsse nur das machen, was wir vorgeben, oder uns nur aushelfen. Ich wollte, dass er sich sofort als Teil der Band fühlt. Nur war das in diesem speziellen Fall etwas schwierig, weil wir bereits alles fertig geschrieben hatten. Es gab also noch nicht viel Raum für ihn, seine vielen Ideen mit einzubringen. Aber er konnte die Gesangslinien formen, die bereits vorlagen, und viel hinzufügen und sie besser machen. Aber ich sagte ihm gleich, dass wir in Zukunft gerne sein Material hören und es in unseres integrieren würden. Wir möchten ihm jede Möglichkeit geben, so dass er sich nicht wie ein angestellter Sänger fühlt, sondern wie ein Teil der Band. Ab sofort haben wir einen reinen Tisch, und wir werden eine Menge Möglichkeiten haben, ihn teilhaben zu lassen.
Das klingt toll, ich vermute mal, die meisten Bands wären nicht so vorgegangen.
Das ist wahr. Aber weißt Du, er ist ein sehr talentierter Musiker, und bis jetzt haben die Leute nicht einmal die Möglichkeit, das wahrzunehmen. Das größte Problem, das wir mit ihm hatten, war, dass er sich nicht einmal als Leadsänger betrachtet. Er ist eher ein Songwriter und Gitarrist, er macht Orchestrierungen am Keyboard, und all solche Dinge. Ja, stimmt, er singt, aber als wir ihn baten, unser Sänger zu werden, war seine Antwort, er sei kein Sänger, sondern Gitarrist. Wir haben ihn also überzeugen müssen, wie gut er wirklich ist, weil er das nicht von sich selbst dachte. Aber ich denke nach diesem Album hat sich das wahrscheinlich geändert.
Er scheint damit ja perfekt zu SHADOW GALLERY zu passen. Jetzt kann praktisch jeder mit jedem tauschen, ihr singt alle, spielt Gitarre, Keyboards und weitere Instrumente. Das wäre wirklich ideal, um live aufzutreten.
Das ist es, es ist großartig, und ich habe das berücksichtigt. Sogar noch bevor Brian eine Note gesungen hatte, hatte ich lange Gespräche mit ihm, ob er live spielen möchte, ob er Gitarre spielen würde, ein paar Keyboards übernehmen könnte, und ob er gleichzeitig singen und spielen könnte. Er kann das alles. Das macht es für uns aufregend, weil wir Chris [Ingles, ehemaliger Keyboarder] nicht mehr in der Band haben, uns fehlt also dieser zusätzliche Mann. Chris konnte all diese Dinge so gut. Das steht uns jetzt wieder offen, was Live-Konzerte wieder etwas mehr in den Bereich des Möglichen rückt.
Weil Du es gerade ansprichst, was ist mit Chris passiert? Er hat die Band nie wirklich verlassen, sondern ist stattdessen eher verschwunden.
Ja, genau so ist es. Ich meine, wir haben wirklich versucht, ihn weiter teilhaben zu lassen, bis zu welchem Grad auch immer er sich wohl dabei fühlte. Ich wünschte, ich wüsste es. Ich weiß nicht einmal, wo er ist, und ich hatte keinen Kontakt zu ihm seit vielen Monaten. Ich kann nur sagen, er ist wahrscheinlich einer der talentiertesten Menschen, die ich je getroffen habe. Es ist traurig, dass ich nicht mehr mit ihm arbeiten kann. Aber wenn der Zeitpunkt für ihn kommt, dass er sich wohl dabei fühlt, dann würde mich das sehr freuen.
Ihr habt auf gewisse Weise ein weiteres neues Mitglied: Gary, der Drummer [Gary Wehrkamp übernahm anstatt des etatmäßigen Schlagzeugers Joe Nevolo die Drums, dieser ist nur auf zwei Tracks zu hören].
(lacht) Oh nein, weißt Du, keiner in Europa hat mich das gefragt, weil es keiner wusste, und das ist völlig in Ordnung für mich, aber Du fragst danach! (lacht)
Hast Du bereits früher in Bands oder Projekten Schlagzeug gespielt? Oder hast Du dies mehr aus Spaß gemacht, neben Gitarre und Keyboards?
Nein, ich habe mit dem Schlagzeug begonnen, als ich 11 Jahre alt war. Ich liebe das Schlagzeug, ich habe immer gespielt, und ich habe immer Unterricht gegeben. Aber als Komponist ist es viel komfortabler ein Klavier oder eine Gitarre zu haben, deshalb habe ich damit mehr Zeit verbracht. Und als wir erst mal ein Talent wie Joe in der Band hatten, gab es wirklich keinen Grund, mich hinter das Kit zu setzen. Joe macht einen tollen Job, und er bringt genau das mit, was die Band benötigt. Aber dieses Mal war er nicht für alle Aufnahmen verfügbar. Und obwohl ich lieber jede andere Option wahrgenommen hätte, haben mich Carl und Brendt überredet. Aber es machte jede Menge Spaß, ich bin froh, dass ich es gemacht habe.
Eines ist mir jedoch wirklich wichtig zu sagen: Es war einfach großartig, dass Brendt mir dabei geholfen hat. Ich habe immer alleine gearbeitet, das war das erste Mal seit langer Zeit, dass ich jemand hier hatte für die Drum-Sessions. Er war eine große Hilfe, indem er mich bestätigt hat, denn mein erster Song war ein Kampf. Am ersten Tag der Schlagzeug-Aufnahmen musste ich Handschuhe tragen und jeder Finger war verbunden, ich dachte nur, wie soll ich das schaffen?
Was hat es mit dem bisher unveröffentlichten Bonustrack auf sich, auf dem Mike zu hören ist?
Das geht weit zurück, wahrscheinlich bis 1996 oder 1997, da hatte Mike eine kurze Akkordsteigerung, und er schrieb einige Parts dazu. Mir gefiel das immer, und wir dachten, dass wir es irgendwann zum richtigen Zeitpunkt auf ein Album packen würden. Als wir „Tyranny” machten, passte es nirgendwo rein, und dann auch nicht auf das nächste Album, und dann vergaßen wir es. Erst als wir über das aktuelle Bonusmaterial nachdachten, vor ein wenig mehr als einem Jahr, erinnerte ich mich an diesen Song. Ich nahm ihn in einer besseren Version neu auf und fügte ein paar Drum-Parts und einen neuen Mittelteil hinzu, und Mike liebte den Song. Also dachten wir, vielleicht packen wir ihn sogar auf das eigentliche Album, oder auf eine Bonus-Disc. Aber wir hatten keine Gelegenheit, den Gesang aufzunehmen, außer meiner Stimme im Mittelteil. Und erst ganz zum Schluss der Albumproduktion fand ich eine 8-Spur-Aufnahme in seinem Haus, auf der er den Song sang. Das habe ich in meinem Studio mit der vorliegenden Musik zusammengemischt, aber wir haben nichts neu aufgenommen. Alles ist ein wenig wie ein Demo, aber heutzutage gibt es nur einen feinen Unterschied zwischen Demo und Endprodukt, also klingt es nicht so viel anders, als wenn wir es neu gemacht hätten.
Also ist es sogar in gewisser Weise ein persönlicher Song von Mike?
Das ist es, weil er die Melodien und alle Texte für die Verse und Refrains geschrieben hat.
Ich denke, ich werde Dich nicht fragen, ob und wann ihr live spielen werdet, weil dies vermutlich wie immer jeder fragen wird...
Ah, Du bist der Größte, Du bist der Beste, Danke Dir! (lacht)
Ich hoffe einfach, ich sehe euch eines Tages live.
Alles, was ich Dir sagen kann, es ist sicher möglich, und im Moment ist es wahrscheinlicher als je zuvor. Es könnte sein, wir sprechen darüber, aber ich kann Dir nicht mehr mit Sicherheit sagen.
Meine letzte Frage: Da es ja bisher keine Live-Versionen von SHADOW-GALLERY-Songs gibt, meinst Du es besteht die Möglichkeit, dass ihr einmal so etwas wie alternative Versionen bestehender Songs machen werdet oder alte Nummern neu aufnehmt?
Nun, jetzt habe ich Dir gerade applaudiert, weil Du die Live-Sache nicht weiter angesprochen hast, und jetzt fange ich damit an: Wenn wir live auftreten sollten, werden wir sicher versuchen, ein Medley aus mehreren Songs zu arrangieren und diese auch anders spielen. Außerdem kann man auch eine Version von „Gold Dust” mit Carl am Gesang hören, wir haben ein Demo davon als Bonustrack. Man kann nie wissen, es würde sicher Spaß machen, eine andere Version eines alten Songs aufzunehmen, aber wir müssen die Rechte von Magna Carta beachten, unserem alten Label, deshalb wäre es vermutlich nicht so einfach, wie wir es gerne hätten.
Ok, vielen Dank für das tolle Gespräch!
Oh, ja, was für ein Vergnügen! Vielen Dank, dass Du dem Album so viel Aufmerksamkeit mit Deinen Fragen entgegengebracht hast.
Gern geschehen!