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Florian Paul & die Kapelle der letzten Hoffnung: Alles wird (gut) besser (Review)

Artist:

Florian Paul & die Kapelle der letzten Hoffnung

Florian Paul & die Kapelle der letzten Hoffnung: Alles wird (gut) besser
Album:

Alles wird (gut) besser

Medium: CD/LP/Download
Stil:

Liedermacher, Deutschsprachiger Indie-Pop, Kammermusik voller Soul

Label: Blaue Katze Records
Spieldauer: 34:26
Erschienen: 01.11.2024
Website: [Link]

„Wir wollen einen Gegenentwurf zu dem weit verbreiteten Fatalismus bieten, weil man eben doch etwas ändern kann, auch wenn es schwer scheint.“ (Florian Paul & die Kapelle der letzten Hoffnung)

Na endlich sagt's und singt's mal einer: „Alles wird besser“!
Doch der Ossi denkt dann sofort an SILLY, die in ihrem gigantischen 1989er-Song gleichen Titels auf der großartigen LP „Februar“ zusätzlich feststellten: „Alles wird besser, aber nichts wird gut!“
Und ganz genauso geht’s einem bei FLORIAN PAUL & DIE KAPELLE DER LETZTEN HOFFNUNG! Denn auf dessen LP „Alles wird (gut) besser“ ist das 'gut' durchgestrichen.


Bereits zum dritten Mal beglückt einen diese grandiose Kapelle um ihren außergewöhnlichen Sänger Florian Paul mit einem wundervollen Album, das federführend die deutsche Liedermacher-, Pop- und Rock-Musik-Szene zu ungeahnten Höhen verhilft, die unsere altbekannten und abgefeierten Barden – wie beispielsweise ein GRÖNEMEYER oder LINDENBERG – längst nicht mehr erreichen. Vielleicht noch ein KUNZE oder ZÖLLNER. Das war's dann aber auch schon.


Darum sei hier noch einmal an unser FAZIT von vor fünf Jahren zu Pauls Debüt „Dazwischen“ erinnert, in dem wir hoffnungsvoll resümierten: „Ein neuer Name, ein neuer Stern am deutschsprachigen Musiker-Himmel, der heller leuchtet als alles, was uns in den letzten Jahren die deutsche Radiolandschaft niederträchtig als erfolgsträchtig zu verkaufen versucht, ist FLORIAN PAUL & DIE KAPELLE DER LETZTEN HOFFNUNG. Wenn GUNDERMANN tot und bereits verfilmt ist, dann ist ein FLORIAN PAUL mit seiner Kapelle der lebendige Beweis dafür, dass richtig gute deutschsprachige Musik mit ausgezeichneten Texten noch immer lebt. Man muss sie nur entdecken und darf nicht nur vor Grabsteinen seine Tränen vergießen und einer Zeit hinterhertrauern, die angeblich nie wieder kommt.“
Genau diesen Eindruck bestätigt nunmehr auch das dritte Album „Alles wird (gut) besser“ von FLORIAN PAUL & DIE KAPELLE DER LETZTEN HOFFNUNG!


Umrahmt wird die LP mit klassischem Einstieg und Ende voller Streicher über „Reverie I“ „II“ und „III“, bei denen jeder neugierig gewordene Hörer glaubt, sich in ein Album von Mendelssohn verirrt zu haben. Diese Hinwendung zur Klassik ist neu – und steht dieser Musik und den Musikern bestens zu Gesicht. Oh ja! Eigentlich müsste „Alles wird (gut) besser“ ein Klassiker sein, aber bei unserem Umgang mit Kultur, die wir vordergründig an der gruseligen Banalität einer Fischer-Weihnachtsshow mit abgeknabberten Gräten und einem goldigen Silbereisen voller musikalischem Schrott festmachen, wird das wohl nichts für FLORIAN PAUL & DIE KAPELLE DER LETZTEN HOFFNUNG. Die sind einfach zu gut für all den öffentlich-rechtlichen Scheiß, der den niederen Massengeschmack statt eine anspruchsvollere Musikkultur voller Vielfalt und Abwechslungsreichtum befriedigt und uns dafür auch noch Zwangsgebühren abverlangt.


Hier jedenfalls gibt’s von dem schwarzvinyligen Gold sehnsuchtsvolle Songs mit einer Träne im Knopfloch, die man einfach nicht abstreichen kann, die einen nicht in Ruhe lassen und schon gar nicht so rein nebenbei ankratzen, zu hören. Oh nein, sie greifen direkt nach einem und lassen uns dann nicht mehr los, egal ob sie uns dabei mit Geigen wie auf „Wisst ihr noch?“ umschmeicheln oder Melodramatik wie bei „An und für sich“ fast zu Tränen rühren oder mit flotten Bläsern das „Geheimnis“ zwischen Mann und Frau als Duett lüften oder gar bei einer süchtig machenden Melodie bei „Vor deinem Fenster“ diesen herrlichen, so französisch angehauchten „Je t'aime“-Charakter entfalten. Da passt es nur zu gut, dass mit „La Vie“ auch ein Song zu entdecken ist, der nicht nur das französische Lebensgefühl besingt, sondern auch mit ein paar französischen Zeilen aufwartet, während „Estephania“ dann abschließend mit karibischen Rhythmen sowie rhythmischen Klatschen aufwartet und zum Ende doch noch ein euphorisches Urlaubsgefühl vermittelt, wenn da nicht in „Reverie III“ die melodramatischen Streicher für die letzten Album-Töne sorgen würden und dem Hörer deutlich machen, wie sehr doch die unterschiedlichen Stimmungen das gesamte Album bevölkern.


Eigentlich will man sich sofort in dieses so schlicht gestaltete „Alles wird (gut) besser“, dem aber dummerweise eine Textbeilage fehlt, verlieben, doch dann machen einen die verlustreichen Texte immer wieder nachdenklich, umgarnen einen mit schönen, aber traurigen Bildern: „Die Kerzen sind aus und verstaubt / Weil nur noch der Fernseher spricht...“ („An und für sich“).


„Die Tür“ entfaltet ein KAFKAeskes Bild samt borchertscher „Draußen vor der Tür“-Attitüde, getreu der unendlich erscheinenden Frage: „Was erwartet mich hinter der Tür?“
Doch so lange sich diese nicht öffnet, bleibt es nur eine Ahnung, die sich musikalisch gar postrockig bis hin zu fettem Gebläse entwickelt, um dann mit düsterem Bassklang immer wieder Ängste zu verbreiten, um gleich darauf bei „Alles wird besser“ zur Erkenntnis zu kommen: „Es wird so schnell nicht wieder gut / Doch jeden Tag ein bisschen besser“; Voraussetzung dafür, nie mit dem Träumen aufzuhören. Eigentlich eine leichte Antwort auf die Frage, welche so existenziell klingt.


So dürfen wir bei „Alles wird (gut) besser“ neben der unglaublichen Weltoffenheit auch an die ganz Großen der deutschen Liedermacher- wie Rock-Szene denken, die eben heutzutage FORTUNA EHRENFELD sowie ANNENMAYKANTEREIT und BOSSE heißen oder uns noch immer wie ein KLAUS HOFMANN oder REINHARD MEY aus der Vergangenheit grüßen, als diese Szene tatsächlich noch etwas zu sagen und singen hatte. FLORIAN PAUL & DIE KAPELLE DER LETZTEN HOFFNUNG sind nicht nur Hoffnungsschimmer am Horizont, sondern auch Lichtblick in einer Zeit, die sich mehr und mehr verdunkelt und den Freigeistern dieses Landes immer mehr Brandmauern vor die Nase zu setzen versucht. Oder um es mit den Worten von Florian Paul abzuschließen: „Ich würde mal sagen, dass bei uns jetzt Aufbruchstimmung herrscht.“


FAZIT: Man spürt dem dritten Album „Alles wird (gut) besser“ von FLORIAN PAUL & DIE KAPELLE DER LETZTEN HOFFNUNG vom ersten Ton an, dass es etwas ganz Besonderes und von Lied zu Lied immer Weltoffeneres ist, das neben dem charismatischen Gesang des 29-Jährigen von der Vielfalt der Instrumentierung, der verschiedenen Rhythmen und Stile sowie den bewegenden – zwischen traurig und unterhaltsam tangierenden – Texten lebt. In gut zwei Jahren entstand das nicht nur 'gute oder bessere', sondern großartige Album in so unterschiedlichen Orten wie Zürich, Mexiko City, Zihuatanejo, Novaggio, Berlin, Rom, Beausoleil und München – und scheint von all diesen Orten deren Strahlkraft auf die Musik der LP zu übertragen. So großartig wie das Debüt „Damals“ von vor fünf Jahren ist nunmehr auch „Alles wird (gut) besser“ nicht nur im Hier und Heute angekommen, sondern sollte ein zugleich hoffnungsvoller Blick in eine bessere musikalische Zukunft sein, die sich derzeit immer mehr im freien Fall Richtung Bedeutungslosigkeit befindet.


Thoralf Koß - Chefredakteur (Info) (Review 540x gelesen, veröffentlicht am )

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  • 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
  • 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
  • 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
  • 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
  • 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
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Wertung: 14 von 15 Punkten [?]
14 Punkte
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Tracklist:
  • Seite A (15:53):
  • Reverie I (1:02)
  • Vor deinem Fenster (3:10)
  • Geheimnis (2:22)
  • Wisst ihr noch? (3:38)
  • An und für sich (3:26)
  • Wohin du willst (2:15)
  • Seite B (18:33):
  • Reverie II (1:20)
  • Die Tür (3:11)
  • Alles wird besser (3:13)
  • 10 Jahre (3:10)
  • La Vie (2:40)
  • Estephania (2:56)
  • Reverie III (1:43)

Besetzung:

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