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Angela Aux: Instinctive Travels On The Path Of Space And Time (Review)

Artist:

Angela Aux

Angela Aux: Instinctive Travels On The Path Of Space And Time
Album:

Instinctive Travels On The Path Of Space And Time

Medium: CD/LP/Download
Stil:

Singer/Songwriter, Space- und Art-Pop

Label: Inselgruppe
Spieldauer: 43:04
Erschienen: 05.05.2023
Website: [Link]

Mit einer ersten Erwartungshaltung, wenn man den Namen ANGELA AUX hört, sollte man sich vorerst zurückhalten. Denn ANGELA AUX ist mal wieder eine weitere Band, die Kritiker wie sicher auch Hörer verwundert, wenn nicht gar in die unlogische Irre führt, weil trotz 'Angela' hier keine Dame mit im Spiel ist, sondern ein Herr namens Florian Kreier (nicht nur Musiker, sondern auch Autor – hier allerdings unter dem Pseudonym Heiner Hendrix – und Journalist, der seine Abschlussarbeit zu TON STEINE SCHERBEN und deren gesellschaftliche Relevanz verfasste), der – warum auch immer – in seinem musikalischen Pseudonym in einen Damenkörper schlüpft und besagte Erwartungen enttäuscht bzw. konterkariert. Dafür aber gibt der recht lang ausgefallene Albumtitel „Instinctive Travels On The Path Of Space And Time“ deutlich mehr Aufschluss. Denn hier erwartet den Hörer tatsächlich eine folkig-krautrockige, etwas verkauzte und zugleich sphärisch-psychedelische Singer/Songwriter-Musikreise durch Raum und Zeit, bei der in erster Linie die ruhigen Töne dominieren.

Doch es wird noch schöner – denn alle, die sich schon im solistischen VELVET UNDERGROUND eines LOU REED und JOHN CALE bewegten, werden verblüfft nach dem Album-Opener „Yesterday“ feststellen, dass sie sich auf sehr angenehme Weise auf einem ruhigen LOU REED-Album verirrt haben könnten.

Hierzu trägt neben der traurig-melancholischen Atmosphäre besonders der zerbrechliche Gesang von Florian Kreier bei, der mitunter vorsichtig elektronisch verfremdet wird, wie wir dann beim folgenden „Pearly Gates“ erfahren dürfen.

In dieser auf lilafarbenem Vinyl gepressten LP steckt ungeheuer viel Liebe zum Detail, natürlich zur Musik, aber auch zur Gestaltung und den im besten Singer/Songwriter-Stil verfassten Texten. Das beginnt auf ungewöhnliche Weise schon damit, dass sehr aufwendig gestaltet ein LP-großes 12-seitiges Booklet „Instinctive Travels On The Path Of Space And Time“ beiliegt, in dem nicht nur die Texte zu allen 11 Songs zu finden sind, sondern auch ausführlich die Hintergründe ihres Entstehens beschrieben werden. Humanismus statt Apokalypse, Utopie statt Dystopie. Wo wollen wir hin und wo kommen wir an?

Instinctive Travels On The Path Of Space And Time“ wird so zu einem Gesamtkunstwerk, in dem sich der Musiker, der Gestalter, der Poet und der Label-Chef der neu gegründeten Inselgruppe zu einem kunstvollen Album vereint, das mit seiner ersten Veröffentlichung wie eine klangvolle Visiten-Karte für das neue Label mit der Inselsehnsucht steht – eine Visitenkarte, die sich hören, sehen und genießen lassen kann. Hier spielen die Emotionen die erste Geige, es kommen einem immer wieder AIR und ARCHIVE in den Sinn, die traumfängerische, inselverliebte Atmosphäre steht über allem – oder besser schwebt sphärisch über einem. Ruhige Songs voller erhabener Schönheit und textlicher Tiefe, die mitunter unseren eigenen Hang zum Weltuntergang, indem wir uns der Technik unterwerfen statt sie sinnvoll zu nutzen, thematisieren: „Must we ourselves become machines? / Whoever be created afterwards / Will they have a brand new history?“ („Yesterday“)

Schaffen wir uns etwa mithilfe künstlicher Intelligenz ab?
Wie groß ist die Bedrohung schon?
Wie sehr ist der Missbrauch moderner Technologien von Größenwahnsinnigen, die ihre eigene Matrix zu erschaffen scheinen, schon vorangeschritten?
Solche Überlegungen durchziehen das gesamte Album, das so zerbrechlich und schön wie der Sonnenuntergang, von der Insel(gruppe) aus beobachtet, klingt, aber trotzdem schon die elektronische Vereinnahmung dieses erkennen lässt – indem wir ihn nur noch durch technische Geräte beobachten und ihn darauf festhalten, wobei wir den eigentlichen Blick für die natürliche Schönheit eines solchen Naturereignisses verlieren.
Genauso klingt auch die akustische, zärtliche, den Hörer umschmeichelnde Musik, durch die sich immer wieder elektronische Momente ihren Weg bahnen und klare Texte mit stimmlichen Verfremdungen unterlegen – bis uns ANGELA AUX mit dem Song „Take Us Home“ fast flehentlich aus diesem Album verabschiedet: „Since future is a technique to travel at last [...] Will you take us home / If we aint going nowhere?“

Hier geht es um die Rettung allen Lebens, den Appell an die (Mit-)Menschlichkeit, die Liebe zur Natur und Tierwelt („Devil Limbo“), die es zu schützen gilt, bevor man sich auf Künstliche-Intelligenz-Reise begibt, sollte man einfach mal seine instinktive Intelligenz – die überlebensnotwendig ist – einschalten, anstatt sich in virtuelle Welten aus künstlichen Visionen zu flüchten. So könnte in etwa das Konzept aussehen, das aus voller Kehle und Herzen aus „Instinctive Travels On The Path Of Space And Time“ herausklingt.

In einem MDR-Radio-Interview gab Florian Kreier – gefragt nach seinem Lieblingskonzeptalbum – an, dass dies „We Are Only In It For The Money“ von FRANK ZAPPA ist. Nach wiederholtem Hören von „Instinctive Travels On The Path Of Space And Time“ weiß man auch, warum dieses 55 Jahre alte Album für ANGELA AUX solche Bedeutung hat.
Die Zeiten ändern sich – bewegende Musik aber überdauert jede Zeit (und jeden Raum)!

FAZIT: So viel Wehmut, so gut klingend und so sehr verletzend verletzlich – diese Songs von ANGELA AUX auf „Instinctive Travels On The Path Of Space And Time“ sind aus der Zeit gefallen, auch wenn sie durch Zeit und Raum in Richtung ungewisser Zukunft reisen. Diese räumliche Zeit ist kräuterbunt und psychedelisch, folkig und harmonisch, zerbrechlich und bedrohlich, kauzig und modern – und summa summarum wunderschön. Ideal für das ebenfalls wunderschön violette Vinyl und die aufwendige LP-Gestaltung, der sogar ein 12-seitiges LP-Booklet beiliegt, das mit Texten und Kommentaren zu den Songs und deren Bedeutung sowie der grundlegenden und existenziellen Frage – bestens auf dem Song „Almost Human After All“ formuliert – aufwartet: Wer und was ist der Mensch – und wo will er noch hin?

Thoralf Koß - Chefredakteur (Info) (Review 3430x gelesen, veröffentlicht am )

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Wertung: 13 von 15 Punkten [?]
13 Punkte
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Tracklist:
  • Seite A (22:29):
  • Yesterday (5:01)
  • Pearly Gates (3:26)
  • Anywhere To Nowhere (3:18)
  • Alien Porridge (3:11)
  • Almost Human After All (3:25)
  • Devil Limbo (4:08)
  • Seite B (20:35):
  • Start A Fire (4:48)
  • The Missing Link (5:03)
  • Oh Camille (4:39)
  • Morning Time (2:54)
  • Take Us Home (3:11)

Besetzung:

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