Musikreviews.de bei Facebook Musikreviews.de bei Twitter

Partner

Statistiken

Various Artists: Kraut! - Die innovativen Jahre des Krautrock 1968-1979 – Teil 3 (Süden) (Review)

Artist:

Various Artists

Various Artists: Kraut! - Die innovativen Jahre des Krautrock 1968-1979 – Teil 3 (Süden)
Album:

Kraut! - Die innovativen Jahre des Krautrock 1968-1979 – Teil 3 (Süden)

Medium: Do-CD/Remaster/BigBooklet
Stil:

Krautrock, Jazz- und Hardrock, Soul, Funk

Label: Bear Family Productions
Spieldauer: 148:02
Erschienen: 23.10.2020
Website: [Link]

Und schon sind wir beim dritten Teil des ambitionierten und zugleich wohl umfangreichsten Werks in Ton, aber auch Schrift, über den Krautrock angelangt. Bear Family Records hält konsequent die hochwertige Qualität ihrer „Kraut!“-Ausgaben, die aus einer Doppel-CD und einem mindestens 100 Seiten umfassenden deutschsprachigen Booklet bestehen, in dem Burghard Rausch (Jahrgang 1947, DJ, Rundfunkmoderator, Autor, Journalist, Vinylsammler und ehemaliger Schlagzeuger bei AGITATION FREE und BEL AMI) akribisch auf jede einzelne im Sampler vertretene Band eingeht. Dieses Mal stellt das Booklet gar mit 112 Seiten den seitenmäßigen Rekord der drei bisherigen Ausgaben auf.

Trailer

Teil 3 von „Kraut!“ huldigt ausschließlich dem Süden Deutschlands und holt dabei neben sehr bekannten Krautrockern, wie GURU GURU, EMBRYO und KRAAN, auch so einige Jazz-Rocker, wie VOLKER KRIEGEL und WOLFGANG DAUNER oder den New-Age-Musiker DEUTER [Eine wirklich recht breit ausgelegte Deut(er)ung des Krautrock-Begriffs…] aus der berauschenden Versenkung hervor und ergänzt diese um unbekannte Bands, die umso spannender das musikalische wie textliche Geschehen des Samplers bereichern, egal, ob die nun ACTION heißen und mit dem 13-Minuter „Miscarriage Of Human Thinking (Part II)“ den längsten Track der insgesamt 23 Stücke beisteuern oder als DZYAN eine bestechende Fusion präsentieren, die von „Allmusic“ als „eines der dunkelsten Juwelen der Krautrock-Szene der frühen 70er“ bezeichnet wird, welche „kreative Elemente aus Rock, improvisiertem Jazz, Elektronik und Ethnomusik aus Asien zu etwas ganz Besonderem“ mischten.

Selbst ein UDO LINDENBERG begegnet uns wieder – und das gleich in zweifacher Hinsicht. Allerdings nur, weil er die Drumsticks bei EMERGENCY, einer internationalen Prog-Jazz-Rock-Band mit größtenteils tschechischen Wurzeln, schwang. Doch nicht nur wegen Lindenberg ist „Jump Into Your Grave“ (Nehmen wir das besser mal nicht zu wörtlich!) ein absolutes Killerstück, sondern besonders wegen der bläserischen Einlagen von Nanus Berka, der mit JAN HAMMER und Musikern von WEATHER REPORT gemeinsam musizierte. Regelrecht einmalig und zutiefst ungewöhnlich ist auch die zweite Band, bei der Lindenberg mitwirkte: NIAGARA (Vielleicht sagt einem ja die Band erst einmal nichts, dafür aber das ungewöhnlich erotische Platten-Cover mit einer verschwitzten nackten Frauenbrust!). Die ethnischen Jazz-Rocker aus München basierten auf der Idee des begnadeten Schlagzeugers Klaus Weiss (bereits am 10. Dezember 2008 verstorben), der NIAGARA ausschließlich aus sieben (!!!) Schlagzeugern zusammenstellte und damit das bis dato noch nie in dieser Form dagewesene Ziel verfolgte, eine vielfältige Form aus Jazz, Rock, Weltmusik und Improvisation zu einem Musikerlebnis der durchschlagenden Extraklasse werden zu lassen, das sich ausschließlich über Schlaginstrumente auslebt. „Gibli“ brettert einen so wortwörtlich auf dem „Kraut!“-Sampler weg.

Diese und unendlich mehr – oder genau gesagt 23 – Entdeckungen erwarten uns auf „Kraut! - Die innovativen Jahre des Krautrock 1968-1979 – Teil 3 (Süden)“, wobei auch die Bearbeitung des Sounds dieser mitunter über 50 Jahre alten Aufnahmen begeistert. Marcus Heumann gelang es tatsächlich größtenteils die digitalen Bandkopien neu zu mastern, ohne den vorhandenen Sound dabei zu verwaschen oder steril klingen zu lassen. Man hört also einerseits, dass die Songs schon so einige Krautrockjahre auf dem Buckel haben und andererseits ist ihr Stereo-Klang auch auf sehr hochwertigen Anlagen wahrhaft ein Genuss.

Bedrückend ist in dem 112-seitigen Booklet, in dem akribisch und ausführlich über mindestens vier Seiten die komplette Geschichte jeder einzelnen Band beschrieben und mit einer Vielzahl von Zitaten unterlegt wird, dann immer der letzte Absatz, in dem man erfährt, welche der beteiligten Musiker bereits verstorben sind. So wird diese „Kraut!“-Serie zugleich zu einem riesigen R.I.P.-Gedenkalbum, das uns zugleich darauf hinweist, dass das Leben zwar vergänglich ist, die Musik aber ist es nicht!

Nunmehr fehlt nur noch das große Finale – die vierte Ausgabe von „Kraut!“, die sich dann speziell der Westberliner Szene zuwendet, um eins der besten Krautrock-Hör-Bücher (Genauso könnte man diesen enzyklopädischen Vierteiler tatsächlich nennen!) abzuschließen.

FAZIT: Bear Family Records vollbringt von der Idee bis hin zur Umsetzung dieser Krautrock-Visionen eine echte Pionierleistung. Noch nie gelang eine dermaßen umfangreiche und zugleich eng miteinander verbundene Kombination aus Text und Musik, selbst wenn an einigen Stellen die recht weit ausgelegte Interpretation des Begriffs Krautrock etwas gewagt erscheint. Doch auch Mut gehört zur Umsetzung einer dermaßen ambitionierten Konzept-Idee. Und Meckerer gibt’s sowieso überall. „Kraut! - Die innovativen Jahre des Krautrock 1968-1979 – Teil 3 (Süden)“ sollte darüber jedoch locker erhaben sein. Großartige Leistung!

Thoralf Koß - Chefredakteur (Info) (Review 2688x gelesen, veröffentlicht am )

Unser Wertungssystem:
  • 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
  • 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
  • 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
  • 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
  • 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
  • 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
[Schliessen]
Kommentar schreiben
Tracklist:
  • = CD 1 = (72:52):
  • 18 Karat Gold See Me In Your Dreams
  • Emergency Jump Into Your Grave
  • Niagara Gigli
  • Sahara Rainbow Rider
  • Between Uroboros
  • Deuter Soham
  • Embryo Tausendfüssler
  • Gift Blue Apple
  • Ihre Kinder Menschen wie Sand am Meer
  • Aera Mechelwind
  • Joy Unlimited Contacts - Rudiment
  • Kin Ping Meh Good Time Gracie
  • Kraan Holiday am Marterhorn
  • = CD 2 = (75:10):
  • Checkpoint Charlie Haben Rock
  • Wolfgang Dauners Et Cetera Mellodrama 2a
  • Bullfrog I'm Coming Home
  • Dzyan Fohat's Work
  • Volker Kriegel Mindwill
  • Octopus We're Losing Touch
  • Orange Peel Tobacco Road
  • Guru Guru Der Elektrolurch
  • Action Miscarriage Of Human Thinking (Part II)
  • Brainticket Black Sand

Besetzung:

Interviews:

  • keine Interviews
(-1 bedeutet, ich gebe keine Wertung ab)
Benachrichtige mich per Mail bei weiteren Kommentaren zu diesem Album.
Deine Mailadresse
(optional)

Hinweis: Diese Adresse wird nur für Benachrichtigungen bei neuen Kommentaren zu diesem Album benutzt. Sie wird nicht an Dritte weitergegeben und nicht veröffentlicht. Dieser Service ist jederzeit abbestellbar.

Captcha-Frage Was legt ein Huhn?

Grob persönlich beleidigende Kommentare werden gelöscht!