Für viele, die den Namen BADLY DRAWN BOY hören (und vielleicht in den vergangenen acht Jahren vergessen hatten), hinter dem sich der Brite Damon Michael Gough verbirgt, welcher sich seinen Künstlernamen aus der Zeichentrickserie „Jamie And His Magic Ball“ wählte, kommen wahrscheinlich ganz andere Filmerinnerungen auf. Denn schließlich zeichnet sich Gough für den Soundtrack zu „About A Boy“ des kultigen Pop-Autoren Nick Hornby, in Deutschland unter dem zweifelhaften Namen „Der Tag der toten Ente“ synchronisiert, verantwortlich und hinterlässt dafür mit seinem Song „Something To Talk About“ einen regelrechten beatlesken Evergreen mit starkem AL STEWART-Einschlag.

Doch wie sehr sich die Zeiten und auch die Musik bei BADLY DRAWN BOY ändern, dürfen wir auf dem aktuellen, bereits neunten Album „Banana Skin Shoes” klangvoll in Ohrenschein nehmen.

Mit Jazz-Rock- sowie Funk-Rhythmen und PRINCE-Flair startet „Banana Skin Shoes” feurig wie eine Pfefferschote durch, weit weg von jeglicher Bananenvöllerei. Ein Ritt auf der achtlos dahingeworfenen Bananenschale ohne sicheren Ausgang, aber mit großer Neugier darauf, wohin die rutschige Reise geht. Auf jeden Fall in genau die richtige Richtung, auch für den einen oder anderen anspruchsvolleren Radiosender, wie radioeins, der das Album im Mai zum „Album der Woche“ wählte und von einer „wahrhaft persönlichen und von Herzen kommenden Sammlung von Liedern, eine riesige Absichtserklärung und farbenfrohe, wärmende und ehrliche Pop-Platte“ schwärmt.

Einen besseren, radioens-widersprechenden, Einstand als mit dem Titeltrack kann man sich einfach gar nicht vorstellen, denn so locker-pop-flockig wie von radioeins beschrieben, klingt das aktuelle BADLY DRAWN BOY-Werk nun wirklich nicht. Zumindest sollte der Hörer offen für verrückte Ideen und musikalische Grenzüberschreitungen sein.
Bereits der folgende Song verabschiedet sich im Bananen-Sauseschritt noch in die 80er-Jahre-Disco-Ära mit punkigen THE FARM-Flair. Schon jetzt steht eins so fest wie das Amen in der Kirche, welcher immer mehr ihre Schäfchen ausgehen: dieser BADLY DRAWN BOY wird auf seinem Doppel-Vinyl, samt großem Einlege-Poster und allen Texten, noch so einige Musik-Überraschungshäschen aus seinem klangvollen Zylinder zaubern, selbst wenn er auf der letzten LP-Seite dann doch der Beschreibung des Radiosenders in Gänze entspricht und Pop-Hymnen, in denen sich die Ohrwürmer gegenseitig den Rang ablaufen, abliefert.

Gute, aber nicht unbedingt für den Musiker ausschließlich positive Gründe, die auch dazu führten, dass er fast acht Jahre lang von der Bildfläche verschwand, gibt es genügend für dessen 2020er-Album. In diesem Zeitraum, der von der Trennung von seiner Partnerin und seinen zwei älteren Kindern, auch eine schwere Alkoholabhängigkeit, Entzug und Therapien überschattet sowie eine neue Ehe geprägt ist, entsteht „Banana Skin Shoes“. Gough durch- und überlebte jede Menge Tiefen und Höhen, sodass seine sehr abwechslungsreiche Musik deutlich an einen wild drauflosexperimentierenden BECK, sein häufig heraufbeschworenes Musik-Idol, erinnert. Schwankende persönliche Stimmungen… Schwankende musikalische Ideen...

So ist dann bereits der dritte Song „I Just Wanna Wish You Happiness“ (und im Grunde die gesamte D-Seite des Doppel-Vinyls) eine Ballade, von der man vermutet, in dieser Art könne sie nur ein MORRISSEY für THE SMITHS schreiben. Ist das nun schon Brit Pop oder doch ein faszinierender Ritt durch musikalische Welten, die sonst so weit auseinanderliegen, dass man bisher glaubte, gar keine Brücken dazwischen bauen zu können?
Aber BADLY DRAWN BOY baut eifrig drauflos – und wie!

Seinen Markenzeichen aber – der akustischen Gitarre, dem Hang zu hymnischen Herzschmerz voller Melodien für die Ewigkeit und seiner Wollmütze – bleibt Gough treu. Und er träumt weiter, so eindrucksvoll, dass auf „Is This A Dream“ so einige Erinnerungen aufkommen, die längst vergessen schienen, wobei die bereits erwähnte Nähe zu seinem erklärten musikalischen Vorbild BECK sowie dessen Experimentierfreude wieder und wieder entflammt.

Nicht nur die Musik-Stile von Brit Pop bis Bossa Nova, Soft Rock bis 80er-New-Wave, flotten Beats bis orchestralem Pomp oder CHICAGO-Bläsersätzen sind auf „Banana Skin Shoes” breit gefächert, auch die unterschiedlichsten Instrumente garantieren für viel Abwechslung beim Hören. Auch wenn nicht jeder Song ein Volltreffer ist, ein spannendes und sound-technisches Hörereignis ist „Banana Skin Shoes“ auf jeden Fall. Wobei der Grundsatz, welcher dem gesamten Album spürbar innewohnt, sich hinter dem dritten Song des Albums zementiert: „I Just Wanna Wish You Happiness“.
Der Wunsch geht ganz klar in Erfüllung!

FAZIT: Mit „Banana Skin Shoes” flattert einem nach acht langen, schweigsamen Jahren ein lauthalses und zugleich verträumtes neues Achtungszeichen von BADLY DRAWN BOY auf die Plattenteller dieser Welt. Noch immer bleibt sich der wollbemützte Musik-Kauz Damon Gough dabei treu, weckt Erinnerungen an seine „About A Boy“-Soundtrack-Zeiten und sein leuchtendes Vorbild BECK, wandelt in den illustersten Musik-Welten umher, die glitzern oder dämmern und sich durch fette Beats oder zarte Akustik wühlen. Selbst der Nostalgiefaktor stimmt bei der Doppel-Vinyl-Ausgabe samt riesigem Poster. Auch wenn man den Briten bei der Masse neuer Musikveröffentlichungen nicht wirklich vermisst hatte, mit dieser Scheibe macht er uns schmerzhaft bewusst, dass er irgendwie doch fehlte.