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Major Parkinson: Songs From A Solitary Home (Review)

Artist:

Major Parkinson

Major Parkinson: Songs From A Solitary Home
Album:

Songs From A Solitary Home

Medium: Download/CD
Stil:

Rock/Alternative/Experimental

Label: Waggle Daggle Records
Spieldauer: 46:06
Erschienen: 15.10.2010
Website: [Link]

Nach dem formidablen, selbstbetitelten Debütalbum der Bergener war meine Spannung auf „Songs From A Solitary Home“ riesig. Werden sich MAJOR PARKINSON selbst kopieren? Weiterentwickeln? Normaler oder Bekloppter? Um es gleich selbst zu beantworten. Nein, ja, und statt oder.

Das neue Werk mit passenden Worten zu greifen, fällt wie auch beim Erstling nicht gerade leicht, denn der Crossover der Norweger ist erneut ein kompletter Regenbogen des musikalischen Farbspektrums. Es werden die verschiedensten Früchte in einer großen Schüssel zu einem wilden Obstsalat verrührt. Früchte Namens Rock, Indie, Surf, Saloon- und Zirkusmusik, Punk, Chanson, Jazz, Cabaret, TOM WAITS-artigem Singer/Songwriter-Stoff, Honky-Tonk, MR. BUNGLE-Wahn, LIBERTINES, FRANZ FERDINAND, SERJ TANKIAN, Motown, Prog, Folklore diverser Nationen, Charleston, Metal, Boogie und achleckmichdochwasnichtalles. Wahlweise mit Krokant, Schokostreuseln, Sardellenpaste oder rostigen Nägeln.

Doch niemals ist das Ergebnis eine „Hauptsache anders“-Scheibe, sondern eine völlig selbstverständliche Verschmelzung all dieser unzähligen Ingredienzien, wobei die rund sechsundvierzig Minuten respektive dreizehn Songs fast schon etwas von einem Musical haben. Oder einem Theaterstück. Oder einem Soundtrack zu einem absurden Schwarzweiß-Stummfilm. Das Sextett schickt den Hörer dabei auf eine Achterbahn der Gefühle. Da gibt es diese fast schon albernen Passagen, die einem das Grinsen ins Antlitz meißeln. Da hat es diese unfassbar schönen Melodien, die einem einen wassermelonengroßen Kloß in den Hals und Pipi in die Augen treiben. Und diese überdrehten, fast punkigen Ausbrüche, die einen die Schrankwand anspringen lassen. Und diese Grooves, die die Beine kitzeln wie die Kakerlaken Daniel Küblböck im Dschungelcamp. Und die stockfinsteren Passagen, die einem die Luft aus der Lunge pressen. Oder diese lässigen Desperado-Gitarrenlicks, die jeden Nichtraucher bekehren und einem den Wunsch suggerieren, sich 'nen Gaul zuzulegen, mit dem man dann – Fluppe im Mundwinkel - gen Sonnenuntergang reitet. Oder die an 40er- und 50er-Filmmusik erinnernden Stellen, in denen man sich mit Anzug und Pomade, mit einer fesch gekleideten Lady in hübsch ausladendem Kleid über die Tanzfläche wirbeln sieht.

Im Vergleich zum Debüt sind die Kompositionen noch anspruchsvoller und noch komplexer ausgefallen, gleichzeitig aber auch einprägsamer. Auch die Spannweite der gegensätzlichen Emotionen wurde noch weiter auseinander gezogen, fast so weit, dass sich die Enden des Bogens wieder berühren. Ich wiederhole mich ja nur ungern, aber wie ich sinngemäß bereits beim Scarred For Life-Magazin über den Erstling schrieb, zelebrieren MAJOR PARKINSON ihre Musik als das, was Musik eigentlich sein sollte: Kunst.

Jon Ivar Kollbotns Stimme bedarf inmitten dieses eh schon unkonventionellen turbulenten Treibens sicherlich etwas Gewöhnung, doch es dauert nicht lange, um festzustellen, dass keine anderen Vocals besser zu dem actiongeladenen Stilpotpourri namens „Songs From A Solitary Home“ passen würden als die seinen. Egal, ob tief und eindringlich, kindlich und verletzlich, aggressiv-psychotisch, cool abgehangen, beschwingt, manisch, selig, klagend – der Kerl ist am Mikrofon der geborene Schauspieler – oder noch besser: Ein Chamäleon. Aber auch die fünf Mitmusiker brillieren mit einer immensen Kreativität und Musikalität, und selbst nach gefühlten sechzig Durchläufen offenbaren sich noch immer Details, die vorher irgendwie noch nie dagewesen zu sein schienen.

Für „Songs From A Solitary Home“ konnten die sechs zwar nicht wiederholt Sylvia Massey zur Klangveredelung gewinnen, aber mit Eddy Schreier vom Oasis Mastering Studio in Kalifornien haben MAJOR PARKINSON wieder mächtig geklotzt. Als ich las, dass Schreyer schon für CHRISTINA AGULERA, PRINCE und LADY GAGA die Knöpfe drehte, kamen mir Zweifel, ob das nach etwas klingen könne, aber als dann die ersten Noten erklangen, waren diese Zweifel wie weggeblasen, denn der Sound ist schlichtweg perfekt: Transparent, fett, organisch, lebendig, vielschichtig, und er umhüllt den Hörer komplett. Bei der Wahl des Artworks sind sie Martin Kvamme, der unter anderem grandiose Arbeit für FANTÔMAS, TURBONEGRO, IMMORTAL, JR EWING, ISRAELVIS, STONEGARD und DARKTHRONE ablieferte, treu geblieben: Abstrakt, stilvoll und gleichzeitig wunderschön ist es demnach geworden, das schicke Digipak.

FAZIT: 2010 kamen unglaublich viele erstklassige Alben auf den Markt, denen ich fast fünfzehn Punkte gegeben hätte. Doch irgendwie hatte ich da so ein Gefühl, dass mein perfektes Album dieses Jahres erst noch erscheint. Und es kam so: Hier ist es.

Chris Popp (Info) (Review 9956x gelesen, veröffentlicht am )

Unser Wertungssystem:
  • 1-3 Punkte: Grottenschlecht - Finger weg
  • 4-6 Punkte: Streckenweise anhörbar, Kaufempfehlung nur für eingefleischte Fans
  • 7-9 Punkte: Einige Lichtblicke, eher überdurchschnittlich, das gewisse Etwas fehlt
  • 10-12 Punkte: Wirklich gutes Album, es gibt keine großen Kritikpunkte
  • 13-14 Punkte: Einmalig gutes Album mit Zeug zum Klassiker, ragt deutlich aus der Masse
  • 15 Punkte: Absolutes Meisterwerk - so was gibt´s höchstens einmal im Jahr
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Wertung: 15 von 15 Punkten [?]
15 Punkte
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Tracklist:
  • Ecophobia
  • Solitary Home
  • Teenage Mannequins
  • Simone!
  • Card Boxes
  • The Age Of The Paranoia
  • Dance With The Cookie Man
  • Trampoline Superstar
  • Downtown Boogie
  • Heart Of Hickory
  • Domestic Violets
  • Adville
  • The Transient

Besetzung:

Alle Reviews dieser Band:

Interviews:
Kommentare
oger [musikreview.de]
gepostet am: 11.10.2010

Also die neuen Songs auf myspace klingen deutlich mitreißender als die älteren Sachen. Bei einigen Refrains und Melodien stellt sich bei mir sogar echte spontane Begeisterung ein. Brauch ich.
sprity
gepostet am: 17.10.2010

User-Wertung:
15 Punkte

Grandioses Album, mit Sicherheit nicht für die breite Masse, aber meinen Geschmack hat es genau getroffen.

Mal schauen, ob es sich über die Zeit hält, aber ich bin da guter Dinge.
oger [musikreview.de]
gepostet am: 04.12.2010

Klasse-Teil, auch wenn die Songs im letzten Drittel nicht mehr ganz so mitreißen wie davor.
"Ecophobia", "Teenage Mannequins", "The Age Of The Paranoia", "Downtown Boogie" oder
"Heart Of Hickory" sind auf jeden Fall echte und vor allem originelle Song-Perlen.
Bei mir dies Jahr insgesamt sehr weit vorn, im Moment nur knapp hinter der Audrey Horne.
Chris [musikreviews.de]
gepostet am: 05.12.2010

Nach ein paar Wochen muss ich sagen, dass sie immer noch unangefochten auf Platz 1 bei mir steht. Ja, die Audrey Horne find ich auch sehr fein, doch da gefalllen mir die ersten zwei Scheiben noch 'nen Ticken besser. Aber back to MP...

Die Songs am Ende des Albums ("Adville", irre, wie sich der Song steigert...) brauchen einfach noch ne ganze Weile länger, bis sie sitzen.

Was mich bei dem Album ja fasziniert, ist, wie nahe manchmal Depression und Euphorie beieinander sein können - das schaffen nicht mal Mr. Bungle bei mir, und ich bin ja als absoluter Mike Patton-Fanboy bekannt.

Wie dem auch sei - auch nach 2 Monaten (ich hab das Album ja schon ein Stückweit vor VÖ bekommen) steh ich noch voll und ganz hinter den 15 Punkten :)

Ich hoffe, dass die Jungs bald noch mehr Aufmerksamkeit bekommen - verdient hätten sies...
sprity
gepostet am: 28.05.2011

User-Wertung:
15 Punkte

auch jetzt nach einer Weile finde ich das Album immer noch absolut göttlich und bin euch sehr für das Review dankbar, hätte die Band sonst vermutlich nicht entdeckt.
Oger [musikreviews]
gepostet am: 19.08.2011

User-Wertung:
13 Punkte

Also bei der ersten Hälfte bin ich mittlerweile auch bei 15. Dei zweite finde ich immer noch etwas weniger stark.
Neurocean
gepostet am: 08.01.2013

User-Wertung:
15 Punkte

Dance with the Cookieman is simply the best! 15 points go to Norway
Thomas
gepostet am: 17.02.2013

User-Wertung:
15 Punkte

Grandios: während ich diese Worte zu Protokoll bringe nudelt die CD im Hintergrund; das freudige Strahlen scheint mir ins Gesicht gebrannt.
Einfach Musik vom Allerfeinsten mit Wohlfühlgarantier
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