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Interview mit HULDER (10.02.2024)

HULDER

Hierzulande lernten nicht wenige den Bandnamen HULDER zunächst durch großformatige Anzeigen z.B. im Deaf Forever kennen, deren Ästhetik frappierend an stilprägende Black-Metal-Veröffentlichungen erinnerte. Handelt es sich bei der Musik des Projekts nun um würdevolle Tradierung jenes Stils oder bereits um kitschige Nostalgie? Spätestens mit dem zweiten Langspielalbum "Verses In Oath" sollte die Frage vom Tisch sein, denn HULDER präsentiert sich darauf absolut souverän und stilsicher. Die Wurzeln reichen nicht nur tief in den Black Metal der 1990er Jahre, sondern auch in den finsteren Death Metal. Die für die Musik hauptverantwortliche Hulder erkennt darin zwei Seiten einer Medaille, wie sie im kurzen Plausch anlässlich der Album-Veröffentlichung verrät.

In der zweiten Hälfte der 1990er Jahre sagten einige Leute fröhlich den Niedergang des Black-Metal-Genres voraus, welches ihnen aufgrund seiner unheimlichen Aura und der außerweltlichen Inhalte, die in dieser Dichte über die Ästhetik bisheriger Metal-Musik hinausgingen, offenbar nicht geheuer war. Nun, fast dreißig Jahre später, veröffentlicht Ihr Euer zweites Album, das die zeitlose Qualität des traditionellen Black Metal eindrucksvoll unter Beweis stellt, und belegt, dass diese Vorhersagen falsch waren. Bist Du Dir jener Stimmen bewusst, die schon vor langer Zeit den Niedergang vorausgesagt haben - und hat dies irgendeinen Einfluss auf Deine Kreativität und Deinen Willen, das Feuer der Tradition weiter zu schüren?

Ich schere mich nicht um die Meinungen fauler Kritiker, die nichts Eigenes erschaffen. Sicherlich hat sich das Klima für Black Metal im Laufe der Jahre verändert, das bringt die Weiterentwicklung nun mal so mit sich, und da wirken zahlreiche Faktoren mit... Ein echter Niedergang findet allerdings nur dann statt, wenn die Kreativität versiegt. Ich habe auch kein Problem damit, so genanntes "Gatekeeping" zu betreiben. Diese Musik lässt manche Menschen unruhig werden, und ich halte das auch für angebracht. Als ich begann, Musik für das Projekt zu schreiben, aus dem HULDER werden sollte, war es mein Ziel, Black Metal zu erschaffen, der mehr ist als eine schlechte Kopie oder Karikatur des Genres. Ich schreibe Musik, wie ich sie als Hörer erleben möchte, und äußere Interessen oder gar Druck haben darauf keinen Einfluss.

"Verses In Oath" klingt im Grunde so, als ob es in der gleichen Zeit wie Kvists "For Kunsten Maa Vi Evig Vike" oder Perisheds "Kark" hätte aufgenommen werden können. Du wurdest damals geboren, als der nordische Black Metal auf dem Vormarsch war. Wann hast Du angefangen, diese Musik zu entdecken, und welche Momente würdest Du rückblickend als einschneidend im Hinblick auf Deine Leidenschaft für diese Musik bezeichnen?

Ich bin ein Fan des Kvist-Albums und schätze den Vergleich, Perished kenne ich hingegen noch nicht, und werde mir das anhören müssen. Black Metal lernte ich als Teenager kennen, als mir ein Freund eine Mappe voller gebrannter CDs schenkte. Als ich einige der norwegischen und finnischen Werke zum ersten Mal hörte, erkannte ich mit einem Mal, wie dunkel und transzendent Musik sein kann. Diese ausgesuchten Alben bestärkten meine Entschlossenheit, Black Metal zu spielen. Doch dort, wo ich damals lebte, gab es nicht viele andere Leute, die sich dafür interessierten, und somit musste ich meine Fähigkeiten für mich alleine verfeinern.

Der Name HULDER wurde aus offensichtlichen Gründen auch von anderen Bands aufgegriffen, sei es als Bandname, Songtitel und so weiter. Kannst Du Deine Faszination für diese mythische Kreatur zusammenfassen und wie sie zu Deiner Vorstellung von Black Metal passt?

Der Name schien mir gut zu passen. Ich interessiere mich sehr für die Natur und fühle mich am wohlsten, wenn ich in den Wald eintauche.

Eine schlechte Produktion kann fraglose die Atmosphäre eines ansonsten großartigen Albums ruinieren, während ein großartiger Mix die Magie transportieren kann, und genau das ist der Fall bei "Verses In Oath", das von Ahti Kortelainen gemischt und gemastert wurde, der eine perfekte Wahl für Eure Musik zu sein scheint. Mir gefällt der Sound des Albums wegen seiner "antimodernen" Qualität, die Aggression und Atmosphäre in perfekter Balance transportiert. Du wirst wahrscheinlich hören, was Ihr beim nächsten Mal besser machen könnt, doch Du dürftest mit dem Endergebnis zufrieden sein, nicht wahr?

Was Ahti mit diesem Album anstellte, passte perfekt zu der Atmosphäre, die mir vorschwebte. Einige der am besten klingenden düsteren Aufnahmen sind durch seine Hände gegangen, also wusste ich, dass er die beste Wahl sein würde, um aus dem ursprünglichen Material die Essenz herauszuholen. Natürlich blicke ich bei jeder Veröffentlichung zurück und notiere mir Dinge, die ich bei der nächsten anders machen werde.

Im Sound von HULDER finden sich Anklänge an tiefdunklen Death Metal, zum Beispiel im Titelsong, dessen Refrain wie ein pechschwarzes Echo von Fragments of Unbecomings "Golgotha" klingt. Eine weitere zeitgenössische Band, die mir beim Hören von "Verses In Oath" ebenfalls wegen der massiven Riffs, die tief im dunkelsten Death Metal verwurzelt sind, in den Sinn kam, ist Skogen aus Schweden. Was sind deine Favoriten im Death Metal und inwieweit hat dein Schlagzeuger CK mit seiner großen Erfahrung im extremen Metal einen Einfluss auf diese Aspekte?

Ich muss wieder einmal zugeben, dass ich diese beiden Bands nicht kenne, aber ich werde sie mir mal anhören. Meine Faszination für Black Metal hat mich oft an die Ränder des Genres geführt, wo Death und Black Metal im Wesentlichen miteinander verwoben sind. Da Immortal einst aus Old Funeral und Enslaved aus Phobia hervorgingen, und die frühen Werke von Dissection eher nach einem Grave-Demo klingen als nach den melodischen Werken, die sie bald darauf schufen, habe ich nicht das Bedürfnis, eine Trennlinie zwischen diesen Genres zu ziehen. Beide Stile sind zwei Seiten der gleichen Medaille.

Die Promo-Photos, die im Wald aufgenommen wurden, sind ein Blickfang, der perfekt zur Atmosphäre der Musik passt. Was sind deine Lieblingsorte im Wald und wie sehr sehnst Du Dich nach der Stimmung solcher Orte, wenn Du auf Tour bist?

Mein Leben hat in den letzten Jahren eine bedeutende Wendung genommen, als ich aus der Stadt in eine vergleichsweise waldreiche Gegend gezogen bin. In der Natur zu sein war schon immer ein wichtiger Teil meines Wesens. Die Möglichkeit, in den Wald einzutauchen, bewirkt eine echte Verbindung zur ursprünglichen Natur des Menschen. Jedes waldige Promo-Photo wurde an einem Ort aufgenommen, der für mich bedeutsam ist. Ich habe das Gefühl, dass die Photos ihren Zweck gut erfüllen und die von mir geschätzte Atmosphäre vermitteln. Ich bin eine begeisterter Pilz- und Heilpflanzensammlerin und lebe in einem Gebiet, das auch viele Möglichkeiten zum Jagen und Fischen bietet. Die weite Natur der Olympic-Halbinsel und des Cascade-Gebirgszugs im Bundesstaat Washington ist wirklich inspirierend, und es fällt mir manchmal schwer, wochenlang auf Tour unterwegs zu sein. Ich freue mich immer auf meine Rückkehr nach Hause.

Eines meiner Lieblingsfestivals findet in einer riesigen Höhle statt, ein anderes in den Alpen, mit einer Bühne im Angesicht des Waldes. An welchen Orten würdest du gerne mit HULDER auftreten?

Ich wollte schon immer mal in einer Burg oder einer Burgruine auftreten. Vielleicht wird sich das früher oder später ergeben.

Ich bin wahrscheinlich eher ein Musikfan als ein Musikjournalist, und deshalb stelle ich nicht zu viele Fragen, um die Aura einer Band wie der Euren nicht zu entzaubern. Danke für Eure Zeit und für ein Album, das Erinnerungen an eine goldene Ära wachruft und dabei auch noch Arsch tritt - viel Glück mit HULDER!

Photos von Liana Rakijian

Thor Joakimsson (Info)
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