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Interview mit Sear Bliss (02.11.2007)
Sear Bliss ist erneut ein originelles wie stimmiges Black-Metal-Album gelungen, das durch seine Melancholie und den vordergründigen Einsatz von Blasinstrumenten auf lange Zeit hin begeistert. Herr Nagy stand zum Frage-Antwort-Spiel bereit, damit endlich mehr Menschen seine feine Band kennenlernen.
Eure Promotion läuft bei Candlelight sicher besser als zuvor. Wie hat die Öffentlichkeit auf euer neues Album reagiert?
So weit, so gut – wir hatten nie zuvor eine derart flächendeckende Promotion und so gute Vertriebsmöglichkeiten. Zweifellos ist der Candlelight-Deal ein neues Kapitel für Sear Bliss.
Resultierte der Vertrag aus deinen Verpflichtungen mit Forest Silence? – Wirst du eigentlich dort auch weiterhin aktiv sein?
Wir kannten Candlelight und ihr Sublabel Appease Me bereits durch das Debüt von Forest Silence. Gleichzeitig suchten wir für Sear Bliss ein neues Zuhause, und sie waren glücklicherweise an uns interessiert, so dass wir bei ihnen unterschrieben. Und ja, ich werde in Zukunft auch bei Forest Silence mitwirken. Wir arbeiten bereits gerade an neuen Stücken.
Welche Stücke auf der neuen Sear-Bliss-Scheibe beziehen sich auf die Legende, auf die das Albumcover anspielt? Um was dreht es sich in der Story? – Es ist eine traditionelle ungarische Erzählung, nicht wahr?
Der erste und der letzte Song beziehen sich auf das Artwork. Die Legende berichtet davon, wie die Ungarn sich die Entstehung der Milchstraße vorgestellt haben. Csaba, der Sohn Attilas des Hunnenkönigs, war der Kommandeur einer mächtigen Armee, welche ihre ungarischen Brüder unterstützte, wann immer es zu Schlachten kam. Nach zahl- und glorreichen Siegen starb Csaba und seine Armee mit ihm; man sah sie am Firmament marschieren, und später kämpften die Ungarn einen verzweifelten Kampf, als plötzlich ein großes Getöse entstand. Die Tote Armee aus Tausenden stieg zu ihrer Hilfe vom Himmel hinab. Die Feinde gerieten in Todesangst. Die Legende besagt, dass niemand es wagt, gegen die Toten anzutreten. Der Feind wurde geschlagen, und Csaba ritt zurück gen Sternenhimmel, während die Armee einen Pfad mit den funkensprühenden Hufen ihrer Pferde zurückließ. Das ist die Geschichte über die Entstehung der Milchstraße nach ungarischer Mythologie.
Und die Texte der anderen Songs? – Wie wäre es mit ein paar Worten zu jedem einzelnen?
“A Deathly Illusion” dreht sich um die verborgenen dunklen Gefühle eines jeden. Sie schlummern in deiner Seele bis zu ihrer Entdeckung, und wir müssen alle irgendwann ihre Existenz anerkennen. Manchmal kann es eine Nahtoderfahrung sein oder eine tödliche Illusion eben.
“Lost And Not Found” erzählt von der Zerbrechlichkeit der Träume und davon, sich verloren zu fühlen und nicht mehr gefunden werden zu wollen. Du möchtest dann von tiefen Träumen verschlungen werden.
“Thorns Of Deception” handelt von Lügen und Heuchlern, die sich hinter allen möglichen Masken und Dingen verstecken - Religion, Politik, oder was auch immer. Das kann eine gefährliche Angelegenheit sein.
“The Venomous Grace”…Wir werden von unserem Verlangen und der Lust angetrieben. Niemand kann seinen Instinkt kontrollieren. Energie steckt in uns und darf nicht unterdrückt werden – wir also müssen in den Apfel beißen.
“Omen Of Doom” erinnert daran, dass wir alle dem Tod ins Auge sehen müssen. Die Angst verfolgt die Menschheit, und Religionen basieren auf Furcht.
“Somewhere” besagt, dass wir einen langen Weg zurückgelegt haben, um da zu stehen wo wir nun sind. Es war eine Odyssee voller Mysterien und Hindernisse, und wir befinden uns immer noch auf der Reise.
Wer hat die Bläser eingespielt?
Tuba und Euphonium stammen von Zoltan, und unser Freund Balasz Vincze hat die Trompete eingespielt. Die Holzbläser stammen vom professionellen Folk-Musiker Tibor Lendvai.
Warum haben so viele Bands diese dummen Hidden Tracks auf ihren Alben? Bei euch ist das besonders ärgerlich, weil das Endstück eines der besten auf der neuen Scheibe ist. Wo liegt da der Sinn?
“Path To The Motherland” hat nicht ins Gesamtkonzept gepasst, so dass wir es wirklich vom Rest trennen mussten. Deshalb gibt es zwei Minuten Stille, ehe es beginnt. Dadurch bleibt die Einheit der restlichen Songs erhalten, denn “Path” unterscheidet sich stark vom Rest.
Wie sehr seid ihr in heimatlicher Folklore verwurzelt, und worin besteht das Charakteristische ungarischer Traditionen?
Wir fühlen uns unserem nationalen Erbe stark verbunden – als Band wie Einzelpersonen. Für Sear Bliss war es schon immer wichtig auszudrücken, wo wir herkommen, und wir sind stolz darauf, Ungarn zu sein. Wir lassen uns oft von der reichhaltigen Kultur und Tradition hier beeinflussen.
Wie ist es um eure Szene bestellt? – Wir hören nicht sonderlich viel davon hier, und Ungarn wird immer noch als exotisch angesehen, was extreme Musik betrifft...
Das ist es wohl keineswegs, aber wir haben eine recht kleine Szene, weil wir ja auch ein relativ kleines Land sind. Ich glaube, die Dinge geraten zum Besseren im Moment, und hoffentlich wird man in Zukunft mehr von unserer Szene hören.
Wie sind eure Erfahrungen mit Nazi-Black-Metal? Habt ihr ähnliche Probleme damit im Land wie wir?
Wir haben keine Probleme damit, weil es das bei uns nicht gibt, oder wir zumindest nichts davon wissen. Für mich hat Politik im Metal nichts verloren, fertig!
Tourt ihr auch in Deutschland, und können wir dann eine besondere Show erwarten?
Hoffentlich nächstes Jahr. Im Laufe der Zeit haben wir öfter bei euch gespielt, und wir genießen es immer, weil das Publikum dort sehr dankbar ist. Unsere Gigs sind wohl nicht gewöhnlich, weil wir Bläser einsetzen. Wir sehen uns!
Andreas Schiffmann
(Info)