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Alli Neumann: Roquestar (Review)

Artist:

Alli Neumann

Alli Neumann: Roquestar
Album:

Roquestar

Medium: LP/Download
Stil:

Power-, Glam-, Dream-, Disco- und Grunge-Pop

Label: Jaga Records
Spieldauer: 30:58
Erschienen: 12.09.2025
Website: [Link]

Obwohl es einige Tracks auf dem dritten Album der Songwriterin (und Schauspielerin) ALLI NEUMANN gibt, die sich guten Gewissens als Rocksongs bezeichnen ließen, hat sie das Werk nicht aus diesem Grunde „Roquestar“ genannt (zumal in dieser Schreibweise). Der Name des Albums erklärt sich vielmehr über die englische Schreibweise des Begriffes 'Barock', da ALLI NEUMANN ihren musikalischen Horizont gegenüber den Vorgänger-Alben nochmals ausdehnte und auf die Idee kam, sich vom Chamber-Pop-Sound der 90er-Jahre inspirieren zu lassen. Vor allen Dingen aber wollte sie durch den atypischen Einsatz von klassisch-barocken Instrumenten, wie Cembalo oder Fagott (das sie selber spielt), eine Lanze für die Underdogs der Konzertinstrumente und im übertragenen Sinne jener der Rockmusik(er) brechen.


Inwieweit jetzt das als Basslauf implementierte Fagott in dem Impostor-Syndrome-Song „Ich kann gar nichts“ oder das rhythmisch implementierte Cembalo in dem mit FUFFIFUFFZICH eingespielten Song „Schrott“ tatsächlich durchklingen oder erkannt werden können, muss jeder für sich selbst herausfinden, doch allein dass sich die Musikerin um so etwas Gedanken macht, sollte lobend anerkannt werden, wo es doc für Neumann ein einfaches gewesen wäre, sich als Pop-Künstlerin an aktuelle Trends und Moden anzuhängen. Mag sein, dass die Produzenten NOVAA und LEON KRAAK einen gewissen Anteil am Sounddesign des Albums gehabt haben, aber die Idee, sich nicht als coole Trendsetterin sondern als zeitlose Renaissance-Woman zu präsentieren, stammt von ALLI NEUMANN selbst. Außerdem: Schon BRIAN WILSON arbeitete bei den BEACH BOYS mit der Methode, verschiedene Instrumente so zu kombinieren, dass sich am Ende der Ursprung der Sounds kaum noch lokalisieren lässt. Das setzt besondere Akzente, die mit Computertechnik kaum zu erreichen wären.


Trotzdem geht es natürlich auf „Roquestar“ vor allen Dingen um Pop-Musik. ALLI NEUMANN hat es da sowieso nicht nötig, sich an irgendwelchen Trends und Moden zu orientieren, da sie sich erstens auf ihrem eigenen Label von niemandem reinreden zu lassen braucht und sich zweitens auf ihre Fans verlassen kann, die ihr – wie sie selber sagt – einen Vertrauensvorschuss geben und ihr bei ihren zuweilen eklektischen Stil- und Sound-Entscheidungen folgen.

Das hat auf „Roquestar“ zur Folge, dass hier Bubblegum-Pop, Grunge-Rock, Chamber- und Dreampop mit 80's-Flair und im Falle von „Knock dich selbst aus“ sogar so etwas wie Indie-Folkpop einträchtig nebeneinander stehen. Nur die zur Zeit angesagten Querverbindungen zu Hip Hop und R'n'B sucht man vergeblich. Tatsächlich bezeichnet ALLI NEUMANN die Herangehensweise, auf Musiker anstatt auf Computertechnik zu setzen, als „altbacken“, wobei der Begriff „zeitlos“ noch angebrachter wäre. „Ich habe früher lange genug am Computer gesessen“, kommentiert sie das Thema.


Inhaltlich geht es ALLI NEUMANN auf dem Album um ihre Selbstwahrnehmung, das Hinterfragen von Gewissheiten, das Zuhören und natürlich das songwriterische Verarbeiten von Erlebtem – nicht aber um eine vollständige Selbstdarstellung – schon gar nicht als Rockstar im wörtlichen Sinne. Es reicht, wie sie sagt, wenn man sich dabei stückweise, über Momentaufnahmen offenbart und im besten Fall Denkanstöße gibt, was den Zuhörern Raum lässt, sich selbst einzubringen.


ALLI NEUMANN legt zudem auf „Roquestar“ ihre Songtexte nicht (wie viele ihrer Kollegen) rückbezüglich an, sondern als Projektionen in die Zukunft. So schildert sie Zustände, wie sie sein könnten oder sollten und sucht in Songs wie „Versailles“, „Nie wieder verlieren“ oder „Von einem anderen Stern“ (der von ihrer Rolle als Space-Prinzessin in der zweiten Staffel der Serie „Kleo“ inspiriert wurde) nach Möglichkeiten, die Zukunft zu gestalten, anstatt die Vergangenheit zu beklagen, wobei der moralische Zeigefinger außen vor bleibt. Das funktioniert bestens, denn der Empowerment-Gedanke wird in diesem Sinne geradezu subtil implementiert.


FAZIT: Mag sein, dass die Musik von ALLI NEUMANN aufgrund ihrer unwiderstehlichen Zugänglichkeit und poppigen Unbekümmertheit im musikhistorischen Sinne nicht allzu viele Erkenntnisgewinne beinhaltet, aber wer sich mit solcher Lebensfreude und Neugier ins Pop-Metier aufmacht, um dort sein Glück zu finden, ohne sich an Trends und Moden zu orientieren, der ist auf dem rechten Weg unterwegs. „Roquestar“ bietet einfach gute, zeitgemäße (aber eben nicht hippe), organische, deutschsprachige Pop-Musik, die immer wieder überrascht und Freude bereitet.

Ullrich Maurer (Info) (Review 81x gelesen, veröffentlicht am )

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Wertung: 12 von 15 Punkten [?]
12 Punkte
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Tracklist:
  • Ich kann gar nichts
  • Vom anderen Stern
  • Joker
  • LaLeLu
  • Schattenboxer
  • Knock dich selbst aus
  • Schrott feat. Fuffifuffzich
  • Versailles
  • Hands Down
  • Nie wieder verlieren
  • Seltsame Welt (feat. Soffie)

Besetzung:

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