Musikreviews.de bei Facebook Musikreviews.de bei Twitter

Partner

Statistiken

Sweden Rock Festival 2011 - Samstag - Sölvesborg - 11.06.2011

[ Zur Fotogalerie ] Down

<<< zurück zum Freitag

Da war schon wieder klammheimlich der letzte Festivaltag angebrochen. Und dieser hielt noch ein paar Highlights in petto, soviel war einem schon morgens bei einem Blick auf die Running Order während des Frühstücks klar. Die Sonne hatte definitiv das Sweden Rock Festival wieder erobert, es versprach nochmal ein klasse Tag zu werden!

Gespannt machte man sich auf, um sich selber mal davon zu überzeugen, wie RAMMSTEIN-Mucke wohl bei einer schwedischen Band klingt. RAUBTIER rockten dann auch erst mal das Festivalgelände wach und stampften sich mit schwer groovendem Industrial-Metal durch die doch schon ziemlich große Fangemeinde vor der kleinen Zeppelin Stage. Das nordschwedische Trio, dessen Texte so gut wie alle auf Schwedisch verfasst sind, erinnert wirklich mehr als deutlich an die germanischen RAMMSTEIN-Mannen, was ich persönlich aber live wirklich schwer in Ordnung finde. 

Lee AaronAuf LEE AARON war ich dann auch sehr gespannt. Sie spielte, ebenfalls zu sehr früher Mittags-Stunde, vor einer anfangs doch recht überschaubaren Fangemeinde auf der großen Rock-Stage. In ihrem mädchenhaften Outfit (Jeans-Hotpants, pink-weiß gestreiftes Top und knatschpinke Lederjacke) kam die Kanadierin schon direkt von Anfang an komplett anders bei mir an als beispielsweise eine Joan Jett zwei Tage zuvor. Das setzte sich auch musiklisch so fest bei mir. In meinem Notizblock steht nur ein einziger Satz zu LEE AARON: "süß aber irgendwie belanglos". Das triffts ziemlich. Ist mir nicht rockig genug, nicht dreckig genug. Nett, süß, ja. Aber mehr als Mittelmaß hat sich da bei mir nicht festgesetzt. Das mag früher einmal anders gewesen sein, Mitte der 80er, durchaus. Aber LEE AARON live müsste ich mir heutzutage wirklich nicht auf Tour angucken, glaube, da reicht mir insgesamt allerhöchstens mal eine Best-Of-Scheibe. Netter Rock, aber für mehr langt es bei mir nicht.

Nach einer kleinen Zelt-Abbau-Pause auf dem Campingplatz tigerten wir alle geschlossen dann zu THE HOOTERS. Jedes Jahr gibt es eine Band oder einen Solokünstler, der oder die irgendwie nicht wirklich "metal" ist, und dennoch von der ganz großen Masse gefeiert wird bis zum allerletzten Ton. Letztes Jahr waren das bestimmt GARY MOORE und RICK SPRINGFIELD, 2005 waren es VIXEN für mich, 2006 THE SWEET und THE SENSATIONAL ALEX HARVEY BAND. Dieses Jahr waren es definitiv die HOOTERS. The HootersUnfassbar, was für eine zeitlose, tolle Musik. Wie viele Hits die tatsächlich hatten (und im Radio durchaus auch immer noch haben), merkt man erst, wenn man wirklich so gut wie jeden Song mitsingen kann! Eine einzige Feier vor der proppevollen Festival Stage. Es gibt so Konsens-Bands wie eben THE HOOTERS, die finden selbst Black Metaller wahrscheinlich insgeheim toll. Die sechs Musiker (sie scheinen also neben den fünf festen Bandmitgliedern noch einen zusätzlichen Gitarristen mit auf Tour zu haben) traten sympathisch auf und hauten wirklich eine Pop-Perle nach der nächsten raus. Egal ob es "500 Miles", das DON HENLEY-Cover "Boys Of Summer", "Satellite” oder "All You Zombies” war, man feierte und sang so gut wie den kompletten Gig mit. Die Band hatte zusehends Spaß auf der Bühne und wagte sich immer öfter auf den Bühnenausläufer raus. Zudem punktete Sänger Eric Bazilian, der neben Rob Hyman der Bandkopf von den HOOTERS ist, mit astreinen Ansagen auf Schwedisch! Wenn man sich die Songliste durchliest, weiß man, warum man den Gig, der im Übrigen musikalisch ebenfalls einwandfrei super war, zu den Highlights des Festivals zählen muss:

Setlist THE HOOTERS:

Dancing On The Edge
Day By Day
South Ferry Road
Silver Lining
Great Big American Car
500 Miles
The Boys Of Summer
I'm Alive
25 Hours A Day
Satellite
All You Zombies
Johnny B
Karla With A K
And We Danced

Nach einer weiteren kurzen Zeltpause schlenderte ich kurz bei STYX (schöner Rock) vorbei, guckte bei den bösen Zwillingen von NIFELHEIM kurz vorbei (die ich aber schon in voller Länge letzten Herbst auf dem Sweden Rock Kryssning /Sweden Rock Cruise bewundert hatte) und habe festgestellt, dass KANSAS live nicht unbedingt meine Sache ist.

Black Label SocietyRichtig interessant wurde es für mich erst wieder bei BLACK LABEL SOCIETY am frühen Abend. Zakk Wylde und seine Männer können es halt. Ich bin nun kein fanatischer BLS-Anhänger, finde es aber schon spannend, wie der ehemalige Ozzy Osbourne Klampfer Zakk Wylde sich in seine ewig langen Gitarrensoli meditativ reinspielt. Der Knabe kann’s halt, hat einfach auch eine mächtige Präsenz auf der Bühne, da muss er gar nicht wild umherlaufen. Macht er auch nicht, er lässt einfach die mächtigen Southern Rock Riffs für sich sprechen, welche sich einem zäh und intensiv in die Seele spielen. Und es wirkt auch nicht im Ansatz seltsam, wenn sich so ein Hüne wie Zakk Wylde ans flugs auf die Bühne geschobene Keyboard setzt und mit leisen Piano-Klängen "Darkest Days" performed. Passt alles zu BLS, der Mann ist halt ein durch und durch intensiver Charakter, der seine Musik liebt und lebt, da gibt’s nichts. 

Thin LizzyDie nächste überaus positive Überraschung folgte auf dem Fuß, als man sich nach den BLS Auftritt umdrehte, um sich auf der gegenüber liegenden Rock Stage die große alte Rocktruppe THIN LIZZY reinzuziehen. Und ich brauchte ein paar Sekunden im Fotograben, bis ich realisierte, dass ja kein Geringerer als Ricky Warwick (Ex-THE ALMIGHTY) mittlerweile dort am Mikro steht. Hatte ich doch glatt verdrängt. Es benötigte in der Tat etliche Songs, um innerlich diesen untrennbar mit Ricky Warwick verbundenen Power-Chord-Sound aus meinem Kopf zu vertreiben und mich darauf einzulassen, dass der Gute mittlerweile THIN LIZZY Songs singt. Und ich wurde zusehends immer begeisterter. Denn das machte er ausnahmslos wirklich gut! Man mochte das zu Beginn gar nicht so recht glauben, aber der Knabe passt da echt gut rein in die Altherren Kombo um Gründungsmitglied Brian Downey und Alt-Mitglieder Scott Gorham und Darren Wharton. Leider fehlte an dem Abend Neuzugang Vivian Campbell (ebenfalls Gitarrist von DEF LEPPARD), aber Ricky Warwick griff des Öfteren selbst zur Klampfe und der Sound hörte sich jetzt nicht dünn für mich an. Würde ich super gerne nochmal auf Tour sehen, alle THIN LIZZY Bandmitglieder waren wirklich sehr engagiert und spielfreudig da am Werk, toll. Leider habe ich den Gig nicht komplett zu Ende gesehen, zu den Klängen von "Whiskey In The Jar" puzzelte ich mich durch die Menschenmenge zum Pressezelt hin. Fazit: ganz dringend auf Tour nochmal angucken, Preis egal.

Überflüssig zu erwähnen dass sich zum letzten Headliner des kompletten Festivals immer der Platz besonders füllt. Zumal mit OZZY OSBOURNE sicherlich auch ein sehr bekannter und legendärer Headliner auftrat. Noch nie vorher gesehen, erwartete ich erst mal wenig bis nichts von dem Gig. Dem Madman muss man einfach zwingend und von vornherein den jahrzehntelang-Drogen-konsumiert-Bonus geben. Dafür, dass meine Erwartungen besonders an die Gesangsleistung recht niedrig waren, wurde ich in der Tat positiv überrascht. Der Prince of Darkness kam zu den Klängen von "I Don´t Know" in seiner unnachahmlichen Art auf die Bühne getrippelt und zeigte spätestens beim zweiten Song "Suicide Solution", was abgeht: Ozzy Osbourneurplötzlich hob er den neben ihn postierten Eimer auf und kippte sich den kompletten Inhalt an Schaumwasser über den Kopf. Nur um kurz darauf den in der Nähe liegenden Schlauch von Bühnenboden aufzuheben, selbigen aufzudrehen und genüsslich die kompletten ersten 15 Reihen im Publikum sowie den Bühnengraben mit einer scheinbar sehr fetten Schicht Schaum einzudecken! Das alles leicht grinsend und mit einem Gesichtsausdruck, der einem zu sagen schien: "Passt bloß auf, ihr könnt euch niemals sicher sein, dass mir nicht irgendwas Neues einfällt, um euch alle zu überraschen". Ist ihm gelungen, ohne Frage. Mir stockte kurz der Atem, als ich an die armen Fotografen im Graben dachte. Doch die hatten wohl kurz vorher einen dezenten Hinweis netterweise bekommen, wie einer mir nachher erzählte. Besser ist das, wenn man bedenkt, dass fast jede Kamera mit Objektiv dort einen vierstelligen Betrag kostet. Gus G. als Gitararro machte seine Sache gut, besser als erwartet. Kam aber natürlich nicht an das Charisma von einem Zakk Wylde heran. Was auch daran liegen mag, dass man bei Gus irgendwie unfreiwillig an einen College-Absolventen denken muss, ob man will oder nicht. Wirklich ganz schwer zu verpacken war für mich dieser "Tiger-läuft-leicht-hospitalisiert-an-der-Käfigwand-auf-und ab"-Anblick des Herrn Osbourne auf der fetten Videoleinwand. Das wurde nur aufgelockert durch die an Aerobic erinnernden Klappmessersprünge mit integrierter "Klatscht mit!" Aufforderung ans Publikum. Klar, das hat er früher auch schon immer gemacht, aber mittlerweile ist das halt echt anstrengend fürs Auge. Ansonsten war das ein solider Gig, mit einer Menge an zu erwartender Hits wie "Mama, I´m Coming Home", "Paranoid" oder "Shot In The Dark", der durchaus nicht so schlecht war wie befürchtet. Aber auch nicht als sensationell bei mir verbucht wird. War gut, Ozzy mal gesehen zu haben, aber auf ein Tour-Konzert würde ich jetzt nicht extra nochmal gehen wollen.

Setlist OZZY OSBOURNE:

I Don't Know
Suicide Solution
Mr. Crowley
Goodbye To Romance
Bark At The Moon
Road To Nowhere
Shot In The Dark
Rat Salad (inkl. Gitarrensolo und Drumsolo)
Iron Man
Fairies Wear Boots
I Don't Want To Change The World
Crazy Train
Zugaben:
Mama, I'm Coming Home
Paranoid

Direkt nach Abschluss des Headliner Auftrittes machten wir uns auf den Rückweg, um doch schon eine der ersten Frühmorgen-Fähren zu erwischen. Abschließend kann man zufrieden sagen: das diesjährige Sweden Rock war musikalisch gesehen gut, es gab viele tolle, noch nie live gesehene Bands für mich persönlich zu entdecken wie THIN LIZZY, GHOST, CRASHDIET, NECRONAUT, DOWN oder auch THE HOOTERS. Verlierer des Festivals waren sicherlich THE CULT und ein wenig auch LEE AARON, von der ich mir mehr versprochen hatte. Organisatorisch vom Festivalablauf her wie immer perfekt, die Ordner wie immer supernett. Es gäbe lediglich ein wenig zu bemängeln, dass ich dieses Jahr erstmalig die Orga des Staff/Press Camping durchaus für verbesserungswürdig halten würde: es ist nicht sehr durchdacht gewesen, den zweiten Aus-/Eingang zum Gelände erstmalig nicht zu öffnen und es war ganz bestimmt keine Verbesserung, die drei oder vier Baja Majas – das schwedische Dixi-Pendant – gegen einen Waschcontainer mit insgesamt 2 Spülklos für alle auf dem Platz zu tauschen, die am ersten Abend schon furchtbar aussahen. Ansonsten war dieses Jahr der Bierpreis der vorigen Jahre nicht mehr zu halten, irgendwann musste ja eine Erhöhung kommen. Die kam auch dieses Jahr, allerdings merkte man das nicht am Preis, der war nämlich annähernd gleich, sondern an kleineren Flaschen! Nach wie vor ist es aber ein fantastisches Festival mit einer wunderbaren musikalischen Vielfalt, friedlichen Metallern, Sleaze Rockern und Normalo-Festival-Volk. Ich bin nächstes Jahr wieder da, wenn mich keiner daran hindert, soviel steht fest.

Vi ses där / Wir sehen uns dort!

Melanie Benthin

Gast-Rezensent (Info)

[ Zurück nach oben ] Down

Live-Fotos

Sweden Rock Festival 2011 - Samstag Sweden Rock Festival 2011 - Samstag Sweden Rock Festival 2011 - Samstag
Sweden Rock Festival 2011 - Samstag Sweden Rock Festival 2011 - Samstag Sweden Rock Festival 2011 - Samstag
Sweden Rock Festival 2011 - Samstag Sweden Rock Festival 2011 - Samstag Sweden Rock Festival 2011 - Samstag
Sweden Rock Festival 2011 - Samstag Sweden Rock Festival 2011 - Samstag Sweden Rock Festival 2011 - Samstag
Sweden Rock Festival 2011 - Samstag Sweden Rock Festival 2011 - Samstag Sweden Rock Festival 2011 - Samstag
Sweden Rock Festival 2011 - Samstag Sweden Rock Festival 2011 - Samstag Sweden Rock Festival 2011 - Samstag
Klick zum Vergrößern