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Rock Hard Festival 2011 - Samstag - Amphitheater Gelsenkirchen - 11.06.2011
Die augenscheinlich sehr junge Schweizer Nachwuchsformation DREAMSHADE darf den Festival-Samstag bei strahlendem Sonnenschein eröffnen und sie machen mit einer Mischung aus gekonnt gespielten schnellen Riffs, doppelläufigen, melodischen Leads und einer engagierten Performance das Beste aus ihren Möglichkeiten. Eine kleine Schar Fans im gleichen Alter feiert ihre Helden vor der Bühne jedenfalls begeistert ab. Viele der restlichen Zuschauer beschweren sich hingegen insbesondere über das sehr eintönige Geschrei des Frontmanns und so wirklich originell und mitreißend sind auch die ein wenig an die Children Of Bodom erinnernden Songs nicht gerade. Viele der Riffs und Melodien hat man eben schon x-fach andernorts vernommen, auch wenn das Ganze durchaus kompetent dargeboten wird. Insgesamt ist also im Falle DREAMSHADE noch reichlich Luft nach oben, aber die Band hat ja noch alle Zeit der Welt, um sich zu entwickeln. (LK)
Weit entwickelt, wenn auch kaum älter als die Jungs von DREAMSHADE sind die Schweden IN SOLITUDE. Zur spirituellen Unterstützung nebeln Räucherstäbchen die Bühne ein, das kennt man von The Devil's Blood. Und irgendwie wirkt die Band aus Uppsala in atmosphärischer Hinsicht wie ein Bindeglied zwischen den Holländern und den eigenen Landsmännern von Watain. Musikalisch ist man dagegen tief in den 80ern verwurzelt, hier heißen die Fixpunkte Mercyful Fate, was den Gesang angeht und Iron Maiden im Hinblick auf die Gitarrenarbeit. Auch wenn die Saitenfraktion ihre Instrumente mit körperlicher Hingabe bearbeitet, ist Sänger Pelle Åhman herausragendes optisches Element: die Haare stets vor dem Gesicht tragend, in abgerissener Lederjacke und mit noch kaputterer Jeans sowie diversem Kettenbehang zelebriert er die Songs mit entrücktem Blick in den geschminkten Augen und markantem Gesang. Der ist nicht jedermanns Sache, passt aber perfekt zum okkulten Metal der Band. Das Set besteht natürlich aus den Songs der bisherigen zwei Alben, wobei die Nummern von "The World. The Flesh. The Devil." noch einen Hauch stärker sind, als "Witches Sabbath" und "Faceless Mistress" vom selbstbetitelten Debüt. Starker, intensiver und authentischer Auftritt von einer der besten Bands der derzeitigen Retro-Metal-Welle, der sogar für erste Crowdsurf-Bewegungen im Publikum sorgt.
Mit DISBELIEF gibt es danach deutlich härtere Klänge auf die Ohren. Die Hessen, die sich seit Mitte der 90er mit ihrem einzigartigen Stil einen hervorragenden Ruf erarbeitet haben, ziehen viele Leute vor die Bühne, die sich vom drückenden Sound verwöhnen lassen wollen. Wuchtiger, intensiver, emotionaler Death Metal ist die noch am ehesten passende Bezeichnung für die Musik von DISBELIEF und die tonnenschweren Riffs verfehlen ihre Wirkung auch auf der Bühne des Rock Hard Festivals nicht. Eröffnet vom superben "No Place To Hide" vom aktuellen Album "Protected Hell" überzeugen in der Folge die Songs "Sick", "Misery" und "Navigator" am stärksten. Ausnahmesänger Karsten "Jagger" Jäger intoniert seine düsteren Texte mit Inbrunst und entsprechender Mimik, die auch sein riesiger Bart nicht verbergen kann, während der hünenhafte Basser Jochen "Joe" Trunk sein Instrument mit Vehemenz bearbeitet. So mancher, der mit der Band bislang noch nicht vertraut war, wird sich nach diesem Auftritt sicher noch ausführlicher mit dieser ungewöhnlichen Truppe beschäftigen wollen - was ihr nur zu gönnen ist.
So langsam verdunkelt sich der Himmel über Gelsenkirchen, doch zunächst macht das drohende Gewitter einen Bogen um das Amphitheater. Ob das an den Holländern EPICA liegt, sei dahingestellt. Die Symphonic Metaller sind jedoch die erste Band des Festivals, die richtig polarisiert. Die große Meute vor der Bühne steht offensichtlich nicht nur dort, um die attraktive Frontsirene Simone Simons zu bewundern, sondern feiert auch die Musik der Band gut ab. Der andere Teil des Publikums reagiert dagegen öfter mal mit Entsetzen auf den Gesang der professionell ausgebildeten Sängerin, die höchstens in den Ansagen mal etwas piepsig klingt. Zur Abwechslung kredenzt einer der Gitarristen immer wieder ein paar Growls. Den Musikern ist allesamt anzusehen, dass sie Spaß an der Sache haben, der Keyboarder mit seinem Instrument auf drehbarem Schemel grinst wie das berühmte Honigkuchenpferd, die Saitenfraktion schüttelt die Matten, auch Frau Simons lässt ihre rotblone Haarpracht fliegen und zwischen allen Beteiligten ist rege Interaktion zu beobachten. Man kann zur Musik von EPICA stehen, wie man will, man muss ihnen aber objektiv eine richtig gute Show attestieren und zumindest der Teil des Publikums, der auch die Musik gut findet, darf hochzufrieden mit dem Auftritt sein. Unfreiwillig komisch gerät zuguterletzt Simones Ansage vor dem letzten Song: "Jetzt kommt der Moment, auf den wir alle gewartet haben: unser letzter Song". Da applaudieren dann auch diejenigen, die den Auftritt ansonsten furchtbar finden. (ASZ)
Man kann BULLET sicher nicht ganz zu Unrecht vorwerfen, musikalisch lediglich eine ziemlich identitätslose Mischung aus sehr viel AC/DC und ein bisschen Accept zu sein, aber niemand kann ernsthaft behaupten, dass die Jungs ihre Musik nicht mit unglaublich viel Enthusiasmus, Energie und Professionalität vortragen. So kommt gleich bei den ersten Songs des Schweden-Fünfers das erste mal an diesem bisher eher durchwachsenen Festival-Samstag echte Stimmung, Atmosphäre und Begeisterung auf. Die simplen und mitgröhlkompatiblen Refrains werden aus vielen Kehlen mitgesungen und der druckvolle Sound sorgt mit dafür, dass man die Band eindeutig zu den Festival-Gewinnern zählen muss, was man auch an den strahlenden Gesichtern der Musiker am Ende des Auftritts ablesen kann. (LK)
Die Ankündigung von MORGOTH, anlässlich des 20-jährigen Geburtstages ihres Debütalbums "Cursed" ein paar Jubiläumsshows zu spielen, sorgte für große Freude unter den Anhängern traditionellen Death Metals. Eine dieser Shows findet nun auf dem Rock Hard Festival statt. Mit drei Fünfteln der damaligen Besetzung laufen die Sauerländer auf und servieren den Fans eine Setlist, die nicht nur die Höhepunkte von "Cursed" inne hat, sondern auch "Resistance" und "Under The Surface" vom vorzüglichen "Odium"-Album sowie noch ältere Kamellen, darunter natürlich auch den Klassiker "Pits Of Utumno". Sänger Mark Grewe brüllt hervorragend, versteckt sein Haupthaar aber unter einer Mütze. Dass die Zeit auch an ihm nicht spurlos vorübergegangen ist, verrät zudem sein ergrautes Bärtchen. Als nicht ganz ideal ist zudem der Sound zu werten, da die Drums verwaschen klingen, zumindest aber die Gitarren braten ordentlich. Die Tatsache, dass man MORGOTH aber nochmal live zu sehen bekommt, die superbe Songauswahl sowie die dezente, aber stimmungsvolle Bühnendeko machen aus dem Auftritt insgesamt ein schönes Erlebnis. Weniger schön ist die Tatsache, dass es kurz vor Ende des Gigs dann doch anfängt zu regnen - und zwar so richtig. Der Wolkenbruch zieht sich dann auch über die gesamte Umbaupause hinweg und man sucht verzweifelt nach einem trockenen Plätzchen.
Als AMORPHIS anfangen, fallen immer noch ein paar Regentropfen, nach drei Songs hört es dann aber auf und ruckzuck füllen sich auch die Ränge im Amphitheater wieder. Bei den Finnen weiß man inzwischen was man hat. Traumhaft schöne Melodien, proggig-folkige und trotzdem harte Musik, einen fantastischen Frontmann - und Stehgeiger an den Instrumenten. Ohne Tomi Joutsen wäre eine AMORPHIS-Show wohl sterbenslangweilig, doch der dreadgelockte Frontmann macht die Hüftsteifheit seiner Kollegen dreimal wett, wenn er seiner Haare fliegen lässt. Als weiteres optisches Gimmick hat er ein höchst skuril und spacig ummanteltes Mikrofon zu bieten, das gleich drei Haltegriffe zu bieten hat. Musikalisch gibt es eine Rundreise vom aktuellen Album bis hin zur "Tales From The Thousand Lakes", die nur wenig Wünsche offen lässt, auch wenn es ein bisschen verwundert, dass man auf einer Festivalshow kein "Black Winter Day" spielt. Mit Motiven aus dem neuen Album "The Beginning Of Times" weiß das Bühnenbild zu gefallen und die Lichtshow kommt dank der Bewölkung gut zur Geltung. AMORPHIS liefern in der Summe also eine gewohnt starke Performance ab, bei der der fehlende letzte Kick vielleicht nur dem Wetter geschuldet war. (ASZ)
Nach dem pomadigen Epica-Vortrag und dem amorphisschen Standacting, zeigen ICED EARTH gleich mit den ersten Takten, warum sie so lange zu den ganz großen Metal-Bands gezählt wurden. Unglaubliche präzise und druckvolle Riffs, ein gesanglich überragender Matt Barlow, ein Bombensound und eine Best-Of-Auswahl vom Feinsten sorgen für große Begeisterung beim erstmals vollzählig anwesenden Publikum, das sich auch durch Wolkenbruch Nummer drei an diesem Tag nicht mehr vertreiben lässt. Statt der akustischen Zwillinge "I Died For You" und "Melancholy (Holy Martyr)" hätte man sicher auch noch einen anderen Klassiker spielen können, aber das ist beinah schon die Suche nach dem berühmten Haar in der Suppe, zumal es die komplette "Something Wicked"-Trilogy zu hören gibt. Um die Tatsache, dass es sich um einen der letzten Auftritte der Band mit Barlow am Mikro handelt, werden nicht viele Worte verloren, abgesehen von den Fans, die gegen Ende lautstarke "Barlow, Barlow"-Chöre anstimmen. Es ist wirklich mehr als schade, dass solch ein begnadeter Sänger für diese Band wohl nun endgültig verloren geht, auch wenn sein Wiedereinstieg vor drei Jahren zumindest auf Konserve nicht die erhofften Impulse gebracht hat. Unabhängig davon ist die Darbietung insgesamt natürlich hochgradig Headliner-würdig und gleichzeitig ein stilvoller Abschied für den einzig wahren ICED EARTH-Frontmann, auch wenn der 2008er Reunion-Gig an gleicher Stelle einen etwas höheren Gänsehaut-Faktor aufwies. (LK)