„…. und Sonntags ans Schloss“ – so heißt es alljährlich zur Sommerzeit in Saarbrücken. Eine allsonntäglich stets glänzend besetzte Blues-Matinee, „umsonst & draußen“ im stimmungsvollen Saarbrücker Schlossgarten, bringt etwas Leben in die Kulturwüste an der Saar. Völlig klar, dass so eine Veranstaltung jährlich ums Überleben kämpfen muss. Da trifft es sich hervorragend, dass gerade Kommunal- und Landtagswahlen anstehen und Blues-Fans zufälligerweise auch Wähler sind. Also wurde gleich am Eingang zum Schlosspark um Stimmen für die Stichwahl des Regionalverbandsdirektors bebuhlt, der natürlich gaaaaanz sicher das Kulturprogramm der Landeshauptstadt erhalten wird … wie erbärmlich! Jeder halbwegs aufgeweckte Musikfan weiß, dass die 340 Mrd. Steuermindereinnahmen aus der aktuellen Wirtschaftskrise wieder einmal zu einer bundesweit hemmungslosen Plünderung der Kulturetats der Kommunen führen wird. Es ist auch Aufgabe eines Musikmagazins die zunehmende Verödung der Bedingungen für Musikkultur anzuprangern!

Nach dem Start der Veranstaltungsreihe eine Woche zuvor mit Mississippi-Blues, brachte der 14. Juni nun mit RICHIE ARNDT einen gern gesehenen Gast ans Schloss. Diesmal wurden seine BLUENATICS durch KELLIE RUCKER, die kleine große Harp-Spielerin aus Kalifornien, ergänzt und diese [sorry Richie, Du wirst es verschmerzen ;-))] zog natürlich alle Blicke und Ohren auf sich. Selbstverständlich achtete der Schreiber dieser Zeilen weder auf den entzückenden Bauchnabel noch ihren beneideswerten Lederhut. Allein das Harp-playing der Dame war schlichtweg sensationell. Wie sie ihre „Hoochie Coochie“ traktierte hätte einem LITTLE WALTER zu aller Ehre gereicht. Leider kamen die ganzen Feinheiten ihres Spiels soundbedingt nicht optimal zur Geltung. Die Zuschauer, die entweder in den vorderen Reihen saßen oder  -noch besser-  seitlich und hinter der Bühne den exzellenten Stage-Sound genießen konnten, waren eindeutig privilegiert. Aber, kein Grund zu meckern: Der Sound insgesamt stimmte im Großen und Ganzen und sorgte für eine prächtige Stimmung…

RICHIE ARNDT und seine BLUENATICS zu loben, hieße Eulen nach Athen zu tragen. Dieses Trio sorgt nun schon seit fünfzehn Jahren für hochkarätigen Blues, der weit über die üblichen Zwölf-Takter-Schemata hinausgeht.  Besonders erwähnenswert ist ihre 2007er Hommage-Scheibe an RORY GALLAGHER, „Rorymania“, und die anschließende Tour, die die BLUENATICS mit Alex Conti, Henrik Freischlader und Gregor Hilden zusammen brachte.
Pünktlich startete man in das Set. Der Tourplan sah nämlich noch einen zusätzlichen Gig am selben Abend am Bodensee vor, was natürlich ein Schlauch ist. Von „Schongang“ konnte allerdings keine Rede sein: KELLIE RUCKER, RICHIE ARNDT und die BLUENATICS gaben alles für ein äußerst fachkundiges Publikum. Man startete mit einem ganzen Block eher traditionell orientierter Blues-Nummern. Im zweiten Drittel kamen einige Country-Rocker zum Tragen, bei denen Kellie Rucker ihr „Yeeee-Haaaa“ vom Publikum einfordern und Richie Arndt seine Liebeserklärung an New Orleans loswerden konnte. Im letzten Teil wurde dann etwas auf die Tube gedrückt und deftig „gebluesrockt“.
Auch wenn man sich bei Richies Vocals ein kleines bisschen  mehr „Dreck und Speck“ wünschen würde, als Gitarrist ist dieser Mann eine Wucht, aber damit erzähle ich ja nichts Neues. Seine Idole RORY GALLAGHER, JOHNNY WINTER und „Holy Jimi“ hat der Ostwestfale perfekt studiert. Bemerkenswert war vor allem, was Bassist Jens-Ulrich Handreka aus seinem Viersaiter zauberte. Ob hüpfender Walking-Bass oder satt hineingedroschene Chords: Das war eindeutig mehr als nur mannschaftsdienliches Rhythmus bedienen. Zwei lange Soli erhielt er Auslauf und unterhielt das Publikum bestens. Beachtlich auch, was Frank Bostfleisch aus seinem Mini-Kit herausholen konnte. Man merkte den Beiden an, dass sie auch menschlich perfekt harmonieren. Kellie Rucker stand natürlich nicht nur optisch im Mittelpunkt. Ihre rauchig-intensive Stimme und ihr charismatisches Harp-Spiel sorgte für so manche Gänsehaut. Stets suchte sie den Kontakt zum Publikum – notgedrungen auch auf Französisch.  Aber, hey, irgendjemand muss der Dame unbedingt stecken, dass in der Grenzstadt Saarbrücken „keine Sau“ französisch versteht, geschweige denn spricht ;-)) wovon man eigentlich ausgehen sollte…

FAZIT: So einen Gig Sonntag morgens im lauschigen Saarbrücker Schlosspark erlebt man natürlich anders als eine reguläre Show in einem [leider nicht mehr!] verrauchten Blues Club kurz vor Mitternacht. Man lässt sich durch die fröhlichen Umstände etwas leichter vom Wesentlichen ablenken, man trifft Leute, quatscht… So bin ich mir sicher, dass RICHIE ARNDT & THE BLUENATICS feat. KELLIE RUCKER in intimeren Locations noch weitaus mehr vom Leder ziehen würden. Es bleibt ein gelungener Einstieg in die diesjährige „…und Sonntags ans Schloss“-Saison und zu hoffen, dass dieser Kulturinstitution niemals der öffentliche Geldhahn zugedreht wird.