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Nachtmystium / Vreid / Ketzer - Turock Essen - 16.04.2010
Es war ein denkwürdiger Tag, dieser 16. April 2010. Der Tag, an dem eine Aschewolke aus einem isländischen Vulkan damit anfing, den Flugverkehr in ganz Europa außer Gefecht zu setzen. Nicht unbedingt denkwürdig, aber doch eher selten war das, was es an diesem Abend im Essener Turock zu sehen und zu hören gab. Denn die US-amerikanischen Psychedelic Black Metaller von NACHTMYSTIUM hatten es endlich mal geschafft, für ein paar Konzerte nach Europa zu kommen und eines davon fand im Turock statt. Als Gäste komplettierten die deutschen Nachwuchs-Black Thrasher KETZER sowie die norwegischen Weltkriegs-Schwarzmetaller von VREID den Tourtross. Ein durchaus interessantes Package also, das an diesem milden Freitagabend trotzdem höchstens 60 Besucher in den Club lockte. Mit der Wahl des Turock als Location war man also vielleicht ein bisschen zu optimistisch, zumal der Headliner in unseren Breitengraden eher Kultstatus inne hat, statt eine wirklich große Nummer zu sein.
Den Anfang machten also KETZER, die mit ihrem an DESTRÖYER 666 und RAZOR OF OCCAM erinnernden angeschwärztem Thrash der perfekte Einheizer waren. In der halben Stunde, die zur Verfügung stand, prügelte man sich durch alle acht Songs des Debütalbums "Satan's Boundaries Unchained" und das mit einer erstaunlich guten Tightness. Auch die Bühnenshow war durchaus ansehnlich, es wurde gebangt was der Nacken hergab und auch alle Posen saßen einwandfrei. Lediglich Sänger Infernal Destroyer wusste in den gesangsfreien Passagen nicht allzuviel mit sich anzufangen und stand dann oft mit dem Rücken zum Publikum. Allgemein wirkte man im Umgang mit den Fans auch noch ein wenig schüchtern und unnötig zurückhaltend und so gab es auch fast keine Ansagen. Sei's drum, das viehische Geprügel kam jedenfalls sehr gut an und so manche Matte flog jetzt schon dauerhaft. KETZER gehören neben HELLISH CROSSFIRE sicherlich zu den interessantesten neuen Bands in der deutschen Extremmetal-Szene.
Man ist ja schnell geneigt, einer Band den Stempel "unterbewertet" aufzudrücken, wenn sie trotz guter Kritiken für die Releases in der Szene nicht so richtig wahrgenommen wird. Zu dieser Sorte zählen aber definitiv die Norweger VREID, die mit ihrem melodisch-progressiven Black Metal eigentlich viel mehr Interesse wecken sollten, als sie es tatsächlich auch tun. Und auch an diesem Abend konnte der Vierer auf ganzer Linie überzeugen. So ging es auf der Skala des musikalischen Anspruchs im Vergleich mit KETZER gleich mal drei Stufen nach oben, was aber umgekehrt zur Folge hatte, dass die Reaktionen im Publikum einen Funken weniger euphorisch ausfielen. Es wurde zwar wohlwollend applaudiert, hin und wieder gebangt oder bei entsprechenden Parts auch mal mitgeklatscht, aber totale Extase sieht nun mal auch anders aus. Immerhin leisteten die meisten der Aufforderung, näher an die Bühne zu kommen, folge, so dass es nicht ganz so leer im Saal aussah. Auf der Bühne zeigten sich VREID als eingespielte Truppe, die auch optisch mit ihren militaristisch wirkenden Hemden absolut stimmig auftrat. Acht Songs wurden gespielt, dabei wurde jedes der bisher vier Alben der Band berücksichtigt. Das räudige "Pitch Black" als Rausschmeisser funktionierte bestens, aber auch die anspruchsvolleren Songs fanden Gefallen. Bei den schnelleren Parts ließ man die Haare fliegen und bei den groovigeren Momente spornte man die Gäste zum Mitmachen an. Bemerkenswert auch der hervorragende Sound, ich habe selten so deutlich einen melodischen Bass vernommen. Um 21.10 Uhr war dann auch für VREID Schicht im Schacht und man wartete gespannt auf den Headliner des Abends.
Eines vorweg: es ist und bleibt unverständlich und fast schon frech, dass es heutzutage noch Bands gibt, die als Headliner gerade mal eine Dreiviertelstunde spielen. Das ist auch dann nicht ok, wenn die Eintrittspreise verhältnismäßig niedrig sind und vor allem dann nicht, wenn es um eine Band geht, die eher selten bei uns live zu sehen ist. So wie bei NACHTMYSTIUM. Die Band um Rotweintrinker Blake Judd war als Trio angereist, was vermutlich auch ein Grund für die höchst überraschende musikalische Darbietung war. Denn wo auf den letzten Alben eine sehr deutliche psychedelische Schlagseite viel Raum im Sound der Band eingenommen hat, war davon an diesem Abend rein gar nichts zu sehen bzw. zu hören. Stattdessen gab es ausnahmslos knüppelharte Songs, die richtig derbe ins gut abgehende Publikum gedroschen wurden. "Your True Enemy", "Chosen By No One", "Life Of Fire", "Hellish Overdose", "Ghosts Of Grace" und als Zugaben das brandneue "High On Hate" sowie "Assassins" - das dürfte es auch schon gewesen sein. Da hatte ich mir deutlich mehr erhofft und nicht wirklich erwartet, dass der Abend schon um 22.20 Uhr beendet sein würde. Dafür machte Blake jede Menge Ansagen, natürlich zum tragischen Tod seines Idol Peter Steele, aber auch zu den unhaltbaren Nazi-Vorwürfen von Seiten der Antifa, die wohl schon mal dafür gesorgten hatten, dass NACHTMYSTIUM nicht in Deutschland aufgetreten sind. "We are no nazis, we do not hate anyone more than we hate everyone here in this place." Deutliche Worte also. Besonders viel Lob verteilte der Frontmann an KETZER, die er als beste Band bezeichnete, mit denen er je auf Tour gewesen sei. In Amerika gäbe es ja nur Schrott-Thrashbands wie MUNICIPAL WASTE, da sollten wir hier echt froh sein, Bands wie KETZER zu haben. Sind wir auch, ebenso wie es schön war, NACHTMYSTIUM endlich mal auf der Bühne zu sehen - auch wenn der Auftritt viel zu kurz und zu sehr auf harte Songs ausgerichtet war.