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Interview mit The Levitation Hex (21.09.2012)

The Levitation Hex

Adam Agius, Kopf von Alchemist wie THE LEVITATION HEX, redete nicht lange um den heißen Brei, wenn man ihm Fragen zur Musik seiner Band und darüber hinaus stellt. Seine Antworten fallen bisweilen überraschend einfach, aber nie plump aus … Passt irgendwie zur Musik der Debütanten, die keine sind.

Um gleich mit der Tür ins Haus zu fallen: Was läutete das Ende von Alchemist ein?
Kaputte Beziehungen spielten eine große Rolle dabei, nicht zu vergessen die Tatsache, dass die meisten Mitglieder ihr Interesse völlig verloren. Mancher versprühte ständig negative Energie, doch niemand hatte den Schneid, seinen Hut zu nehmen. Schließlich tat ich es, weil ich auf unserer musikalischen Schiene weitermachen wollte. Ich darf mir anmaßen zu behaupten: Niemandem außer mir lag die Band so sehr am Herzen, also kannst du dir vorstellen, wie schmerzhaft die Abnablung vonstatten ging. Andererseits kann ich keinem meiner ehemaligen Kollegen ankreiden, wie er sich verhielt - nicht nach 20 Jahren und sieben Alben. Für eine Underground-Band ist das eine sehr lange Zeit.
Du gehst auf "Levitation Hex" gesanglich häufiger denn je aus dir heraus; war dir bewusst, dass Kritiker etwas an deiner monotonen Stimmführung auszusetzen hatten?
Eigentlich nicht, und es ist mir auch gleich: Man liebt meinen Stil oder hasst ihn, und ich habe auch durchaus lobende Worte gehört. Der melodische Gesang wird gegenüber dem aggressiven immer nur die zweite Geige spielen; meine Musik hat einen wütenden Anstrich, und den werde ich nicht aufgeben!
Ihr benutzt Gitarren und Bässe mit mehr als sechs beziehungsweise vier Saiten, um tiefere Frequenzen abzurufen; was hältst du vom gegenwärtigen Djent-Trend?
Ich bin 40 Jahre alt und interessiere mich kaum für flüchtige Strömungen. Das erweiterte tonale Spektrum ist von der künstlerischen Warte aus notwendig und hat nichts mit dem Zeitgeist zu tun.
Das Artwork eurer Scheibe sieht dufte aus, aber was steckt dahinter?
Glenn Smith hat es angefertigt, und es setzt die Vorstellung der Levitation, also des Schwebens, schlicht optisch um, Dabei sieht es aus wie eine Szene aus einem Ritual, weil die Band eben LEVITATION HEX heißt, aber eine tiefere Bedeutung wohnt ihm nicht inne.
Wie beurteilst du den Status Quo in der australischen Metal-Szene momentan?
Sie unterscheidet sich nicht großartigen von jenen anderswo auf der Welt. Insgesamt gibt es zu viele unorginelle Bands, Plattenveröffentlichungen und Festivals, zu viele Promoter … zu viel alles. Ich sehe, dass der Live-Sektor wegbricht, genauso wie die Verkäufe von Alben zurückgehen, falls alles weitergeht wie bisher, Genaugenommen braucht die Musik vermutlich genau dies, einen totalen Zusammenbruch und Neuanfang. Empfehlenswerte Bands aus meiner Heimat sind Blood Duster, Fuck I’m Dead, Contrive, House Of Thumbs und Lord.
Wie erklärst du dir, das australische Bands immer recht eigen klingen?
Ich weiß gar nicht, ob ich dir zustimmen soll. Die meisten Gruppen hier äffen solche aus Europe oder Amerika nach. Bands wie wir oder Alarum bemühen sich um Eigenständigkeit, und spätestens seit der Etablierung des Internet stehen wir auch nicht mehr isoliert da. Entfernungen hindern dich heutzutage nicht mehr daran, präsent zu sein.
"The Longest Path Possible" ist eine Hymne ans Leben, aber warum klingt eure Musik überwiegend zornig und frustriert?
Das führe ich auf unsere Wurzeln im Thrash und frühen Death Metal zurück. Wir kommen nicht aus unserer Haut, aber postive Botschaften lassen sich auch mit aggressiver Stimme verbreiten. Ich erlege mir aus Prinzip keinerlei Regeln auf, wenn ich Songs schreibe, also gibt es wie gesagt keinen Kompromiss: entweder sie gefallen oder nicht.
Was du in "Internal Chatter" beschreibst, kennt jeder schlaflose Grübler sehr gut. Steckt mehr hinter dem Text als dies?
Nein, aber unabhängig davon glaube ich, dass Schlaflosigkeit in zunehmendem Maße grassiert, Unsere Gesellschaft sieht sich gewaltigem Druck ausgesetzt, und Stress bedingt, dass wir nicht zur Ruhe kommen. Ich für meinen Teil tue mich sehr schwer, nachts abzuschalten und bin damit bestimmt nicht allein.
Hat "Manipuliar" einen politischen Hintergrund, oder dreht es sich um falsche Fuffziger generell?
Letzteres. Jeder von uns kennt manipulative Menschen und Lügner. Beides zusammen ist eben ein "Manipuliar", und solche Typen vergällen dir das Leben.
"A Breathing Apparatus" fällt als Zeugnis persönlicher Unbill auf, doch die Metapher gemahnt zugleich an deine von jeher große Sorge um den ökologischen Haushalt unseres Planeten.
Damit beschäftige ich mich darin aber überhaupt nicht. Dieses Stück ist wie die meisten auf der Scheibe persönlicher Natur. Ich war die Umwelt-Thematik von Alchemist leid, weil ich mich innerhalb solcher Konzepte eingeschränkt fühlte, zumal ich als Sänger von dem, was ich vortrage, überzeugt sein muss. "Breathing Apparatus" handelt von erdrückender Negativität und dem Hass oder Argwohn der Leute deinem Wesen gegenüber. Es geht darum, zu viele Kompromisse eingehen zu müssen, weil man es irgendjemandem recht machen will, dem dein Befinden so oder so scheißegal ist.
"Scratch A Life, Find A Thief" stellt die Lebensführung des Einzelnen allgemeinen evolutionären Prinzipien gegenüber. Der Text schürft so tief, dass man von starkem Sendungsbewusstsein deinerseits ausgehen muss.
Freut mich, dass du das so siehst. Die Lyrics sprechen genaugenommen von der üblichen Unterdrückung, aber ich bin nicht so blauäugig und denke, eine kleine Metal-Band könne mit ihren Inhalten die Welt verbessern. Meine Chance besteht darin, Hörer zu sensibilisieren, und das genügt mir völlig.
In "Breaking Point" erzählst du von harten Zeiten und dem Punkt, an dem man zu zerbrechen droht. Du kannst der Theorie, jeder ende so, wie er sich im Leben führt, vermutlich viel abgewinnen, oder? Dahinter stecken Gedanken von Karma und eine tiefe Verbundenheit mit der Natur.
Danke, dass du meine Sachen so aufmerksam durchgelesen hast, Als ich dieses Stück schrieb, fühlte ich mich an meine Grenzen getrieben und sah ein, dass dies jedem passieren kann: Strapaziere jemanden zu arg, und er wird zerbrechen.
"Depresedemic" streift das Thema eingebildeter Krankheiten, wie sie heute geradezu in Mode gekommen sind. Wie sieht dein Heilmittel aus?
Ich bin kein Fachmann, gehe aber davon aus, dass jeder Mensch irgendwann in dieser oder jener Form mit Depressionen zu tun hat, und tagtäglich grassiert diese Epidemie weiter. Ich unterscheide mich nicht von anderen Leuten und weiß allen Tiefs zum Trotz, dass das Leben ein stetes Auf und Ab darstellt. Die Welt ist nicht perfekt, derweil das Gros der Menschen meint, man müsse allzeit happy sein, und zu viel von seiner Existenz erwartet. Mein Heilmittel besteht darin, Drogen und Alkohol in Maßen zu konsumieren, auch um meiner Leidenschaft für Musik so ausgiebig wie möglich zu frönen. Ferner meide ich Depressionen, indem ich negativen Zeitgenossen aus dem Weg gehe, denn deren Attitüde zieht herunter. Dieser Planet ist eigenartig, und ich weiß wirklich nicht, weshalb diese Sozialkrankheiten solchen Aufwind haben. Es mag unter anderem an schlechter Ernährung und Giftstoffen liegen, denen wir ausgesetzt sind.
Bezieht sich "Flirting With Schizophrenia" auf Drogenexperimente? Ich fühle mich dabei an die Gefahren des LSD-Konsums ohne ärztliche Betreuung erinnert.
Du hast Recht, es dreht sich darum, die Einnahme auf die Spitze zu treiben und einen psychischen Knacks zu bekommen, genaugenommen von Marihuana und Ecstasy. Ich spreche dabei nicht aus Erfahrung, fand die Vorstellung aber bestechend für einen Song.
"Dream Deficit" stellt mich vor ein Rätsel: Ich kann mir dabei nur vorstellen, dass du Schlaflosigkeit für irrationales Handeln verantwortlich machst.
Der Text ist auf mich selbst bezogen; ich habe früher sehr viel Gras geraucht, und wenn man das tut, leidet darunter das Kurzzeitgedächtnis. Man erinnert sich nicht mehr an seine Träume, und ich bin der Überzeugung, dass man von seinem Unterbewusstsein - eben dem, was man träumt - fürs Leben lernt. Das Unterbewusste mit Cannabis zu betäuben ist schlecht. Als ich dem Shit abgeschworen hatte, erlebte ich irre Träume, die ich auf die langwierige Unterdrückung zurückführe. So wie sich der Geist erholt, lassen diese Alpträume aber nach.
Was steht für die Zukunft bei euch an?
Wir komponieren weiter, nehmen auf und stehen möglichst häufig auf der Bühne, solange es uns Spaß bereitet.
Vielen Dank!


Andreas Schiffmann (Info)
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